Geesthacht. Mediziner des Johanniter Krankenhauses in Geesthacht bieten acht Alternativen zur Geburtseinleitung an. Sie sagen, welche das sind.
In Deutschland wird derzeit viel über das Medikament Cytotec diskutiert. Die Tablette kommt oft bei der Einleitung einer Geburt zum Einsatz. Und das, obwohl sie für diesen Zweck nie zugelassen wurde. Die Mediziner des Johanniter Krankenhauses in Geesthacht wollen ihren Patientinnen die Angst nehmen und teilen mit: „Cytotec wird bei uns im Kreißsaal nur noch in Ausnahmefällen verabreicht. Wir haben insgesamt acht Alternativen zur Geburtseinleitung.“
Die Leitende Oberärztin der Gynäkologie, Dr. Katharina Steffens, und die leitende Hebamme, Miriam Jens, haben 2017 das Geburtseinleitungskonzept des Johanniter Krankenhauses überarbeitet. Dabei ist Cytotec in der Liste der Methoden ganz nach hinten gerückt. Hebamme Miriam Jens, die seit 2001 in Geesthacht arbeitet, sagt: „Normalerweise steuert der Körper selbst die Geburt eines Kindes. Dabei wird ein ganzer ,Hormon-Cocktail’ ausgeschüttet. Beispielsweise Oxytocin, Adrenalin und Endorphine. Sollte eine Einleitung medizinisch notwendig sein, gilt es eine Alternative zu finden, die in dieses natürliche Zusammenspiel nur wenig eingreift und gut steuerbar ist. Dies ist mit einer einzunehmenden Tablette wie bei Cytotec schwieriger zu steuern.“
Mechanische Geburtseinleitung durch Ballonkatheter
Für diesen Fall haben die beiden Frauen acht Methoden ausgewählt, die in ihrem Kreißsaal zum Einsatz kommen können. Zum Beispiel aus dem Bereich der Naturheilkunde ein Wehnenöl für eine sanfte Massage, einen Einlauf oder Akupunktur. „Ich selbst und fünf Hebammen sind für die Akupunktur ausgebildet“, erzählt Dr. Katharina Steffens.
Dann gibt es noch mechanische Einleitungsmethoden. Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz eines Ballonkatheters. Der mit physiologischer Kochsalzlösung gefüllte Katheter mit Doppelballon, einer vor dem inneren und einer vor
dem äußeren Muttermund, bewirkt einen sanften Druck auf den Gebärmutterhals. Durch Dehnung wird die körpereigene Prostaglandinausschüttung gefördert. Prostaglandine sind chemische Verbindungen, die Wehen auslösen und das Gewebe am Muttermund auflockern. „Somit wird die Eröffnung des Muttermundes erleichtert“, sagt Steffens.
Und zuletzt kann eine Geburt medikamentös eingeleitet werden. Hierbei kommen Wehenhormone zum Einsatz. Allerdings wohldosiert und durch die Gabe eines Wehentropfes über die Vene oder durch die vaginale Einlage eines Medikamententampons. Nicht wie bei Cytotec in Form einer Pille, denn da lässt sich die Wirkung nur sehr schwer steuern und nicht zurücknehmen.
Im Johanniter Krankenhaus sinkt die Kaiserschnitte
Dass das Johanniter Krankenhaus gleich mehrere Methoden zur Geburtseinleitung anbietet, hat schon einen ersten Erfolg mit sich gebracht: Die Kaiserschnittrate ging zurück. „Wir hatten vergangenes Jahr 710 Geburten. Davon mussten wir nur 20 Prozent der Babys per Kaiserschnitt holen“, berichtet Oberärztin Steffens. Zuvor kam jede dritte Frau in den OP, jetzt nur noch jede fünfte. „Die werdenden Mütter nehmen also unsere verschiedenen Angebote gut an, werden darüber individuell beraten und haben zahlreiche und wirksame Alternativen zu Cytotec.“
Cytotec-Diskussion – Worum geht’s?
Cytotec ist ein Magenschutzmittel und für genau diesen Zweck zugelassen. Dass es Kontraktionen der Gebärmutter auslöst und damit die Wehen fördern kann, haben Ärzte zufällig entdeckt. Die Anwendung ist im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit, im „Off-Label-Use“ zulässig. Das heißt: Ein Arzneimittel wird außerhalb seines zugelassenen Anwendungsgebiets verordnet. In diesem Fall muss der Arzt den Patienten allerdings über die Besonderheiten der Verordnung aufklären und haftet für eventuelle Nebenwirkungen. In vielen Krankenhäusern wird Cytotec aus Kostengründen zur Einleitung der Geburt genutzt. Eine Tablette kostet nicht einmal einen Euro. Die Auswirkungen können hingegen groß sein: Tod der Mutter oder des Fötus, eine Überstimulation der Gebärmutter, Ruptur oder Perforation der Gebärmutter. isa