Bad Oldesloe. Der Klein Hansdorfer Bernhard Weßling ist Geschäftsführer eines Demeter-Betriebs – und hat bald einen Hofladen in Bad Oldesloe.

Ein Chemiker und Kranich-Experte übernimmt Lehmanns Bioladen in Bad Oldesloe: Bernhard Weßling investierte vor zwölf Jahren in den Demeter-Hof Kattendorf und vor drei Jahren ins Gut Neverstaven. Aus dem Oldesloer Biohandel will er einen Hofladen machen. Für Noch-Inhaberin Myriam Klahn eine glückliche Fügung des Schicksals.

Wer an Chemie-Unternehmen denkt, assoziiert damit nicht unbedingt nachhaltiges Handeln. In Bernhard Weßlings beruflicher Laufbahn war der Gedanke daran, der Umwelt weniger als mehr Schaden zuzufügen, aber immer präsent. Als größter Anteilseigner der Ammersbeker Ormecon Chemie GmbH war der Klein Hansdorfer maßgeblich an der Entwicklung eines umweltverträglichen Rostschutzmittels beteiligt. Seit 25 Jahren engagiert sich der Chemie-Unternehmer für den Umwelt- und vor allem den Tierschutz. Er gilt als Kranich-Experte, hält Vorträge und begleitete weltweit zahlreiche Vogelschutz-Projekte.

Aus Familienbetrieb wurde Unternehmen mit 60 Angestellten

Mit Landwirtschaft hatte Weßling allerdings nie viel am Hut. Und dennoch ist die Geschäftsführung eines solidargemeinschaftlichen Demeter-Betriebs mittlerweile sein Hauptberuf geworden. Angefangen hat alles mit der Finanzkrise. „Als Unternehmer bin ich nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und als Lehman Brothers pleite gegangen ist, habe ich mich gefragt, was bei der nächsten wohl mit meiner Altersversicherung passieren könnte“, sagt Bernhard Weßling. Einfach in Immobilien zu investieren, sei ihm schon immer fremd gewesen. Stattdessen begab sich Weßling auf die Suche nach Anlagemöglichkeiten, die etwas mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu tun haben.

Lena Fröhlich (links) und Jolke de Moel übernehmen ab August den Bioladen von Myriam Klahn (Mitte) in der Hagenstraße in Bad Oldesloe.
Lena Fröhlich (links) und Jolke de Moel übernehmen ab August den Bioladen von Myriam Klahn (Mitte) in der Hagenstraße in Bad Oldesloe. © Finn Fischer | Finn Fischer

2009 ergab sich die Chance, in den Kattendorfer Hof zu investieren. Aus dem kleinen Familienbetrieb wurde durch Weßlings Engagement ein Unternehmen mit mittlerweile rund 60 Angestellten, das nach dem Prinzip der solidargemeinschaftlichen Landwirtschaft funktioniert. Das bedeutet, dass Privatpersonen die Betriebskosten übernehmen und im Gegenzug einen Teil der Ernte erhalten. Ein Prinzip, dass nicht nach Gewinnmaximierung strebt, sondern danach, die produzierten Lebensmittel möglichst nachhaltig biologisch herzustellen. „Wir bewirtschaften 435 Hektar auf unterschiedlichen Böden, davon 195 Hektar in Kattendorf und Umgebung“, sagt Bernhard Weßling.

Ortsbesuch auf Gut Neverstaven: Der Hof liegt etwa zehn Kilometer westlich von Bad Oldesloe bei Travenbrück. Ein Gutshaus, viele Nebengebäude aus Backstein, alles wirkt etwas alternativ, Bio eben. Es ist ein Bilderbuch-Bauernhof. In einem der Backstein-Häuser wohnen Lena und Lukas Fröhlich. „Wir bauen hier derzeit 50 bis 60 Gemüsesorten an. Ziel ist es, den Boden die meiste Zeit des Jahres zu nutzen“, sagt Feldgemüsegärtner Lukas Fröhlich.

Betrieb übernimmt Bioladen in der Oldesloer Hagenstraße

Das Paar lernte sich während der Gärtner-Ausbildung auf Hof Kattendorf kennen. Lukas Fröhlich kümmert sich auf dem Gut um das Feldgemüse, seine Frau übernimmt gemeinsam mit Kollegin Jolke de Moel die Geschäftsführung in Lehmanns Bioladen, der künftig Hofladen Gut Neverstaven heißen wird. „Ursprünglich hatten wir vor, direkt auf dem Gut einen Hofladen aufzumachen“, erzählt Lena Fröhlich. Doch das habe nicht geklappt. Zu groß waren die Auflagen, die das Bauamt einforderte.

Laut Weßling hätte das Unsummen gekostet, der Betrieb des Ladens hätte sich wohl erst nach zehn Jahren gerechnet. Durch Zufall entstand dann der Kontakt mit Myriam Klahn aus Bad Oldesloe. Seit zwei Jahren sucht die Inhaberin von Lehmanns Bioladen einen Nachfolger. „Ich hatte schon einige Interessenten und viele Angebote. Aber irgendetwas hat da nie gepasst“, sagt die Oldesloerin, die seit Anfang der Woche die beiden künftigen Geschäftsführerinnen einarbeitet und überglücklich ist, endlich eine würdige Nachfolge gefunden zu haben. „Unsere Ziele und Ideale sind dieselben“, freut sich Myriam Klahn.

Am Sortiment soll sich zunächst nicht viel ändern. Außer, dass das Gemüse und Bio-Fleisch künftig ausschließlich aus Kattendorf und Neverstaven kommen wird. Die Gemüseabteilung soll in eine Kühlzelle umgebaut werden, damit die Erzeugnisse noch länger frisch bleiben. Der Hofladen Neverstaven in Bad Oldesloe wird das sechste Ladengeschäft, dass vom Hof Kattendorf betrieben wird – und das erste in Stormarn. Alle anderen Hofläden befinden sich in Hamburg. Neben dem Lebensmittelhandel wird das Geschäft Ausgabestelle für Mitglieder der Solidargemeinschaft, die die ihnen zustehenden Ernteanteile dort dann wöchentlich abholen können. Je nach Bedarf legen sie sich fest, ob es ein ganzer, halber oder ob es mehrere Anteile sein sollen. Auch ein vegetarischer Ernteanteil ist möglich. Aktuell besteht die Solidargemeinschaft aus rund 1000 Mitgliedern. Wer möchte, kann auch aktiv bei der Ernte helfen, das Gut Neverstaven oder den Hof Kattendorf besuchen. Lena Fröhlich: „Gerade für Kinder und Familien ist das eine tolle Möglichkeit, Landwirtschaft kennenzulernen.“