Bargteheide. Anbieter stellt in Bargteheide synthetisch hergestellte E-Fuels vor, die ohne Rohöl auskommen und emissionsfrei sind.

„Aus Überzeugung würde ich E-Fuels sofort verkaufen, wenn es möglich wäre“, sagt Klaus Lange, Pächter der Avia-Tankstelle in Bargteheide. „Das ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung, ohne Scheuklappen gedacht und eine gesunde Alternative für unsere Umwelt.“ Wasser, Luft und regenerative Energie – dies sind die Zutaten für einen Kraftstoff, der der E-Mobilität ernsthaft Konkurrenz machen will. Doch was ist wirklich dran an der synthetischen Alternative zu Diesel und Benzin, E-Fuels genannt. Und hat dieser Kraftstoff überhaupt Potenzial, sich auch im Kreis Stormarn durchzusetzen?

Schon öfter haben Wissenschaftler versucht, eine umweltfreundliche Alternative zum herkömmlichen Diesel und Benzin zu finden. E10, der seit 2011 an Tankstellen erhältlich ist, stand lange in der Diskussion wegen der Befürchtung, dass nicht alle Motoren den gegenüber anderen Ottokraftstoffen erhöhten Anteil an Ethanol vertragen könnten. Ein weiteres Argument gegen den Kraftstoff war der Ausspruch „Tank oder Teller“, bei dem der Flächenverbrauch verbunden mit dem Energiehunger der westlichen Welt ethisch diskutiert wurde.

Umbauten am Motor sind für die Nutzung nicht notwendig

Für all diese Probleme könnte E-Fuels die Lösung bieten, denn der Kraftstoff, der auf Basis von Wasser, Luft und viel Ökostrom gewonnen wird, kann wie gewohnt im Verbrennungsmotor genutzt werden. Umbauten sind dafür nicht notwendig, wodurch der Stoff sogar allen gängigen Kraft- und Brennstoffen zugemischt werden könne, um den Anteil langsam zu erhöhen. „Von der Technik aus ist es bereits morgen möglich, klimaneutral zu fliegen und in Landwirtschaft sowie Schwerlastverkehr unterwegs zu sein“, sagt Ole Boie von der gleichnamigen Boie GmbH, zu der auch die Avia-Tankstelle gehört. „Obwohl der Kraftstoff völlig ohne Rohöl auskommt, merken die Motoren keinerlei Unterschied.“

Dennoch sei es ungewiss, ob E-Fuels in ein paar Jahren auch in Bargteheide gezapft werden kann. Aktuell liegen die Produktionskosten für einen Liter des Kraftstoffs noch weit über einem Euro, weshalb die Fertigung nur in großindustriellem Maßstab möglich sein wird, so Boie. Schuld sei ein Regelwerk, das als Ansatz auf der Kyoto-Klimaschutzkonferenz entwickelt wurde.

E-Fuel soll in der Gesamtbetrachtung klimaneutral sein

Damit der Kraftstoff eine Chance auf dem Markt hat, setzt sich der 56 Jahre alte Ole Boie mit seinem Bruder Aine für Aufklärung ein. Und für eine Mineralölsteuer ausschließlich auf fossiles CO2. „Bisher wird nur geschaut, was hinten ausgestoßen wird“, sagt Ole Boie. „Bei der Herstellung von E-Fuels wird der Atmosphäre im ersten Schritt CO2 entzogen. Dadurch entsteht ein Kreislauf, bei dem wir fossile Speicher von Erdgas, Erdöl und Kohle in der Erde belassen und in der Gesamtbetrachtung klimaneutral fahren. Einzig darauf sollte es ankommen.“ Der Geschäftsführer betont, dass sowohl E-Mobilität als auch synthetische Kraftstoffe eine Daseinsberechtigung hätten. Statt ein Produkt gegen das andere auszuspielen, sollten Investoren lieber in beide Technologien investieren, denn das Ziel einer klimaneutralen Gesellschaft bis zum Jahr 2045 mache an der deutschen Grenze eben nicht Halt.

„In drei Stunden empfangen wir auf der Weltkugel so viel Sonnenenergie, wie die Erdbevölkerung für ihren Jahresenergiebedarf benötigt“, sagt Boie. „Auf der anderen Seite gibt es genügend Länder, die sich auch in vielen Jahren kein E-Auto leisten können. Dies sollten wir bei allen Überlegungen einbeziehen und nicht nur auf eine Karte setzen.“

Politiker zeigen sich aufgeschlossen für neue Technologie

Kreispräsident Hans-Werner Harmuth (CDU), der bei der Informationsveranstaltung anwesend war, zeigte sich dem Thema gegenüber aufgeschlossen. Er sei zum ersten Mal damit konfrontiert worden. Die Politik müsse um- und vielleicht auch überdenken, was sie vor Jahren festgelegt habe. „Hier bekommen wir eine echte Alternative präsentiert und müssen überlegen, wie wir damit umgehen“, sagt Harmuth. „Zuallererst möchte ich den Denkanstoß ins Land tragen.“

Jan Schupp (FDP), Direktkandidat der Bundestagswahl für den Wahlkreis Stormarn-Mitte, gab zu bedenken, dass es keine Berechnungen gebe, die alle Aspekte der E-Mobilität einbeziehe. Es bliebe ebenfalls ungeklärt, was mit den vielen alten Autobatterien passiere. „Obwohl wir wissen, wie E-Akkus hergestellt werden und wer darunter zu leiden hat, liegt der Fokus vieler Politiker noch auf E-Mobilität“, so Schupp. „Mit E-Fuels können wir das vorhandene Netz der Tankstellen nutzen und zusätzliche Arbeitskräfte schaffen.“