Hamburg. Ob Kreuzfahrt, Ski oder Strandurlaub – nicht alle haben dafür aktuell Verständnis. Besonders Schiffreisen stehen in der Kritik.
Tausende Kreuzfahrtpassagiere haben sich ihren Urlaub rund um den Jahreswechsel sicherlich anders vorgestellt. Doch weil nun auch auf Schiffen wieder vermehrt das Coronavirus grassiert, mutmaßlich auch in Form der besonders ansteckenden Omikron-Variante, haben gleich mehrere Reedereien ihre Pläne geändert und Reisen abgebrochen, darunter Aida und TuiCruises. Schon schwillt vielen Außenstehenden der Kamm, und wieder einmal taucht die Frage auf: Ist Reisen in diesen Zeiten überhaupt noch vertretbar, egal mit welchem Ziel und Transportmittel?
Die Antworten, die man bevorzugt auf dem populistischen Nährboden der sogenannten sozialen Netzwerke findet, fallen höchst unterschiedlich aus, womit sich die allgemein zu beobachtende Spaltung der Gesellschaft einmal mehr fortsetzt. Diesmal stehen sich aber nicht Impfgegner und Impfbefürworter gegenüber, sondern in der Regel auf beiden Seiten mindestens zweifach Geimpfte und oft zudem Geboosterte.
Sollte man trotz Corona noch auf Reisen gehen?
Die einen sagen: „Was soll mir noch groß passieren mit meinem doppelten bis dreifachen Impfschutz, zahlreichen Covid-Tests und der Gewissheit, dass wir es mit einem offenbar an Wirkung abklingenden Virus zu tun haben?“ Die anderen betonen: „In einer so fulminanten Welle wie jetzt sollte man das Haus eigentlich gar nicht mehr verlassen.“ Ich selbst habe für mich entschieden, den ersten Weg zu wählen, also meine Weltanschauung dadurch zu prägen, dass ich meine Welt weiter anschaue. Dafür habe ich mich bereits dreimal impfen lassen, und wenn weitere Runden nötig sind, werde ich auch diese wahrnehmen.
Ich war übrigens auch bei der Grippeschutzimpfung (die habe ich früher fast immer ausgelassen). Warum? Weil ich mein Risiko senken will – nicht aber, um es auf null zu begrenzen. Ich fahre nach wie vor mit dem Auto, aber nur angeschnallt und immer nüchtern und meistens nicht zu schnell. Ich achte bei Sturm darauf, ob mir ein Gerüst auf den Kopf fallen könnte (dann bleibe ich tatsächlich lieber drinnen), ich rauche nicht mehr, aber esse wohl etwas zu gerne, ich schwimme nie zu weit ins offene Meer hinaus, gehe aber auch mal dort baden, wo kein Lifeguard wacht. Und: Ich verreise häufig, das war schon vor Corona so, und das ist immer noch so.
Die Hoffnung: Omikron könnte Corona in normales Erkältungsvirus verwandeln
Manche Reisen waren zuletzt allerdings nicht machbar, Länder haben strikte Quarantäneauflagen gemacht und den Tourismus abgewürgt. Nicht überall stecken das die Besitzer von Hotels, Restaurants und Souvenirbuden dank Milliardenstütze so locker weg wie in Deutschland. Und auch für die vielen Angestellten auf Kreuzfahrtschiffen gilt, dass ihre Familien in der Heimat dringend auf Einkünfte angewiesen sind. Deshalb gibt es durchaus Regionen in der Welt, in der man Corona ziemlich anders beurteilt als in Teilen von Deutschland.
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Und auch volle Fußballstadien in England zeigen: Die Welt geht trotz aller Inzidenzen im Moment nicht unter. Mehr noch: Erste Epidemiologen verbreiten die Hoffnung, dass sich Corona mit der Omikron-Variante langsam in ein normales Erkältungsvirus verwandeln könnte, zumindest für Geimpfte.
„Aber seien wir ehrlich, Leben ist immer lebensgefährlich“
Ganz harmlos wird es wohl dennoch nicht, aber wussten Sie eigentlich, dass jedes Jahr in Deutschland 10.000 bis 20.000 Menschen an sogenannten Krankenhauskeimen sterben und sogar bis zu 50.000 Tote durch recht profan erworbene Lungenentzündungen normal sind? Da fällt mir dann auch wieder der alte Spruch von Erich Kästner ein: „Wird’s besser, wird’s schlimmer?, fragt man alljährlich. Aber seien wir ehrlich, Leben ist immer lebensgefährlich.“
Eine abgebrochene Kreuzfahrt bei guter Entschädigung klingt da dann nicht wirklich wie eine Katastrophe.