Essehof. Waldkitas sind längst keine Ausnahmeerscheinung mehr. Auch in Essenrode ist eine solche Einrichtung.

Jeden Tag und bei jedem Wetter sich fünf Stunden im Freien aufzuhalten, das klingt für viele Mitbürger in unserer hoch technisierten Welt wie eine Erzählung aus ganz fernen Zeiten. Doch im Waldkindergarten in Essehof ist der tägliche mehrstündige Aufenthalt an der frischen Luft der Regelfall – und wie erwähnt tatsächlich bei jeder Wetterlage. „Wir sind immer draußen, im Sommer wie im Winter, bei Regenwetter, bei Hitze und bei Frost. Den Bauwagen nutzen wir wirklich nur in Ausnahmefällen, vielleicht zwei- oder dreimal pro Jahr“, berichtete in der vergangenen Woche Yvonne Zettler, die die Wald-Kita leitet, den Mitgliedern des Klima-Ausschusses des Rates der Gemeinde Lehre.

In Zeiten, in denen das Thema Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle spielt und ein schonender Umgang mit den Ressourcen, die unsere Lebensgrundlage bilden, angemahnt wird, ist dann auch eine Wald-Kita ein Thema für den Klima-Ausschuss. „Es ist ja immerhin eine Überlegung wert, ob das Modell der Wald-Kita im Rahmen der Kinderbetreuung eine größere Rolle als bisher spielen könnte oder sollte“, erklärte Ausschuss-Vorsitzender Jürgen Kirchmann (CDU) zu Beginn des Besuches der Kommunalpolitik in der Essehofer Wald-Kita.

„Die Kinder sind begeistert“

Für Yvonne Zettler ist der Fall klar: „Die Kinder sind begeistert, wir als Mitarbeiter ebenfalls. Wir sind seit sechs Jahren hier im Wald bei Essehof. Nicht ein einziges Kind hat die Wald-Kita vorzeitig verlassen.“ Es gebe so gut wie keine Ausfälle wegen Krankheit – weder bei den Kindern, noch bei den Mitarbeitern. Seit Jahren sei die Nachfrage größer als das Angebot an Plätzen. Auch für das kommende Kindergartenjahr musste die Gemeinde Lehre als Trägerin wieder vier Kindern eine Absage erteilen.

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Der intensive Kontakt zur Natur und zu deren Entwicklung, die kleine Gruppe mit nur 15 Kindern bei drei Betreuungskräften, kein herkömmliches Spielzeug, unzählige Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung im Lebensraum Wald, ein offenes Bewegungsangebot, unterschiedlichste Rückzugsorte beim Wunsch nach Ruhe – die Rahmenbedingungen einer Wald-Kita werden von den Befürwortern des Modells als Vorteil gegenüber einer herkömmlichen Betreuungseinrichtung eingeordnet.

Immer mehr Wald-Kitas

Das Konzept der Waldkindergärten stammt aus Skandinavien, Dänemark gilt als Vorreiter. Bundesweit existieren laut Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten in Deutschland (BvNW) etwa 2000 derartige Einrichtungen, vor vier Jahren waren es noch 500 weniger. Hinsichtlich der Kosten sind große Unterschiede festzustellen. So kostet die Schaffung eines Betreuungsplatzes in der neuen Kita Essenrode, die gerade gebaut wird, beispielsweise gut 50.000 Euro. In einen Wald-Kita-Betreuungsplatz hat die Gemeinde Lehre 3000 Euro investiert.

Bei den Personalkosten hingegen schneidet eine Wald-Kita wegen der höheren Mitarbeiterzahl bei weniger Kindern pro Gruppe deutlich schlechter ab. Die Ausschussmitglieder bewerteten Konzept und die Personalausstattung unisono positiv. „Die Bedingungen für die Kinder sind wirklich gut. Wir sollten zumindest mal darüber nachdenken, ob auch noch an einem anderen Ort in der Gemeinde Lehre eine Wald-Kita möglich wäre“, stellte Marc Böhles (UWG) abschließend fest.