Hannover. „Gesundheitsleitstellen“ und Notfallzentren liegen wohl aber noch in weiter Ferne. Auch der Bund mischt mit.

Angesichts überlasteter Notaufnahmen in Krankenhäusern will Niedersachsens rot-grüne Koalition die Notfallversorgung anders aufstellen.

„Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) belegen eine Fallzahlensteigerung in Notfallambulanzen um 30,7 Prozent in den vergangenen zehn Jahren, während die Fallzahlen des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes im gleichen Zeitraum um 17,2 Prozent gesunken sind“, heißt es in einem Antrag, der an diesem Dienstag im Landtag beraten werden soll.

Überlaufene Notaufnahmen

Die Fraktionen von SPD und Grünen weisen weiter darauf hin, dass laut Studien zwischen 30 und 50 Prozent der Patienten in Notaufnahmen nicht dort behandelt werden müssten. Auch der Rettungsdienst müsse häufiger ausrücken. „Der Mangel wird auch die nächsten Jahre bleiben“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, Volker Bajus, im Vorfeld der Landtagssitzung.

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Bajus verwies dazu auf den Bericht einer Enquetekommission des Landtags, die in der vergangenen Wahlperiode Empfehlungen zur medizinischen Versorgung in Niedersachsen erarbeitet hatte. Unter anderem sollen die Notrufnummer 112 des Rettungsdienstes sowie die weniger bekannte 116117 des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes zusammengeführt werden. „Perspektivisches Ziel“ soll ein Weiterentwickeln der Leitstellen zu „umfassenden Gesundheitsleitstellen“ sein. Über die 116117 werden derzeit neben Hilfe bei Akutfällen auch Arzt- und Psychotherapeutentermine vermittelt. Zur Weitervermittlung in Akutfällen heißt es bei der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, dies könnten je nach den medizinischen Beschwerden ein niedergelassener Arzt, eine Bereitschaftsdienstpraxis oder auch die Notaufnahme eines Krankenhauses sein. In Notfällen werde die 112 - also der Rettungsdienst - eingeschaltet. Bei SPD und Grünen heißt es, die Erreichbarkeit der 116117 müsse verbessert werden.

Pläne des Bundes

Als weiterer Baustein gelten wohnortnahe Integrierte Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern sowie der „flächendeckende Einsatz“ von Gemeindenotfallsanitäterinnen und - sanitätern. Videosprechstunden und Telenotfallmedizin sollen künftig ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Der Bund hatte den Aufbau von Integrierten Notfallzentren sowie Integrierte Leitstellen angekündigt. Im Antrag an den Landtag ist auch von nötigen „umfassenden Änderungen der (bundes-) rechtlichen Rahmenbedingungen“ die Rede. Das gilt auch für das Weiterleiten der Anrufer durch die Mitarbeiter in den Leitstellen. Die KVN hatte erklärt, sie halte eine Neuordnung zwar für „angezeigt“. „Sie darf aber nicht allein auf eine Entlastung der stationären Strukturen in den Krankenhäusern zu Lasten der Kassenärztinnen und Kassenärzte abzielen. Eine ausschließliche Steuerung der Bürgerinnen und Bürger über integrierte Leitstellen ist realitätsfremd“, so die KVN. Die geplante Besetzung der INZ mit Hausärzten, Internisten, Chirurgen und Anästhesisten gehe zu Lasten der regulären Basisversorgung.