Norderstedt. Der Garstedter Fußballclub Eintracht Norderstedt befasst sich mit einem möglichen Aufstieg. Die wirtschaftlichen Hürden sind aber immens
Ein Vereinsvorsitzender hat es immer schwer, den Moment zu genießen. Kaum hatten sich die Regionalligafußballer von Eintracht Norderstedt in dieser Saison zu den Topclubs der Nordstaffel entwickelt und über Wochen die Tabelle angeführt, musste Reenald Koch die unvermeidliche Frage beantworten.
„Was wäre, wenn?“ – stets ging es um die Hypothese, ob und wie der Garstedter Verein mit dem „Betriebsunfall“ Meisterschaft umgehen könnte. „Wir spielen Fußball, um aufzusteigen“, dieses Credo vertritt Koch, seitdem die Eintracht vor zwölf Jahren gegründet worden ist. Davon abgerückt ist der frühere Präsident des FC St. Pauli keineswegs, aber er weiß genauso gut, dass ein weiterer Schritt nach oben eine gewaltige Herausforderung wäre.
Zunächst einmal ist die Vision verheißungsvoll: In der 3. Liga könnten sich Norderstedts Fußballer bundesweit mit großen Vereinen wie beispielsweise Dynamo Dresden messen, die Spiele kommen teils live im Fernsehen, Highlights gibt es abends in der Sportschau, aus der TV-Vermarktung gäbe es mehr als 700.000 Euro für die eigene Kasse. Einen besseren Botschafter gäbe es für die fünftgrößte Stadt in Schleswig-Holstein nicht.
Doch mit jedem Punkt, den Koch aufzählt, wird dem Zuhörer klar: Stand heute sind weder Verein noch Stadt bereit – unabhängig davon, wie sich die Mannschaft in den nächsten Monaten positioniert. „Der schwerste Aufstieg im deutschen Fußball ist derjenige in die 3. Liga“, so der Eintracht-Clubchef. Denn der zuständige Deutsche Fußball-Bund (DFB) macht keinen Unterschied zwischen Vollprofis und Amateuren. Sprich: Das schmucke Edmund-Plambeck-Stadion hätte in seiner jetzigen Form ausgedient. Die 5068 Steh- und Sitzplätze genügen den Anforderungen nicht, vielmehr müsste die Heimstätte doppelt so groß sein – und zwar mindestens. Dem DFB wäre es hierbei egal, ob Norderstedt überhaupt jemals ein ausverkauftes Haus hätte. „Wir haben mit 300 Zuschauern im Schnitt kalkuliert, jetzt haben wir 600, das ist okay“, sagt Reenald Koch. Ligaweit ist es der neuntbeste Zuspruch, aus Eintracht-Sicht im Vergleich mehr als dreimal so viel wie zu Oberligazeiten.
Einem Stadionausbau sind an der Ochsenzoller Straße Grenzen gesetzt, seien es nun die Anwohner, die angrenzenden Tennisplätze oder der Sportpark des 1. SC Norderstedt. „Und wo sollen wir die Parkplätze hernehmen?“, fragt Koch. „Allein könnte es der Verein nicht leisten. Es müsste auch der Wille in der Stadt vorhanden sein.“
Und selbst wenn alle Puzzleteile beisammen wären, gäbe es eine enorme sportliche Hürde. Denn wer den Meistertitel in der Regionalliga Nord gewinnt, qualifiziert sich keineswegs automatisch für die 3. Liga. Vielmehr hat der DFB noch eine Aufstiegsrunde zwischengeschaltet, wo sich beispielsweise Norderstedt im K.-o.-Modus gegen einen Club aus einer der vier Parallelstaffeln durchsetzen müsste. Reformversuche, den Weg zu vereinfachen, waren bisher erfolglos.
Mittlerweile haben sich die Titelträume der Eintracht allerdings ein wenig relativiert. Auch aufgrund mehrerer Verletzungen von Leistungsträgern mussten die Garstedter den direkten Kontakt zur Tabellenspitze abreißen lassen. Reenald Koch: „Man kann eben auch nicht nach acht Spielen über eine Saison reden.“ Und die nächsten Nagelproben stehen bevor: An diesem Sonntag (14 Uhr) gastiert mit dem BSV Rehden zwar noch ein Außenseiter im Edmund-Plambeck-Stadion, dann folgen jedoch eine Auswärtspartie beim VfB Lübeck (24. Oktober) und ein Heimspiel gegen Tabellenführer VfB Oldenburg am 1. November.