San Francisco.
Tom Mustill kann nicht schlafen. Immer wieder sieht er den Körper eines etwa 13 Meter langen Buckelwals über sich. Es ist der Wal, der vor der Küste Kaliforniens wie aus dem Nichts aus dem Wasser sprang und auf dem Kajak landete, von dem aus Mustill und eine Freundin Wale beobachteten. „Das einzige, was mein Hirn in diesem Moment ganz ruhig erfasste, war: Wenn der wieder runterkommt, werde ich sterben“, berichtete der 31-jährige Londoner dem britischen Nachrichtenportal „Guardian“. Wie durch ein Wunder blieben die beiden Touristen unverletzt.
Mustill und Charlotte Kinloch machten Urlaub an der US-Westküste und buchten an der Monterey Bay, etwa 150 Kilometer südlich von San Francisco, eine Kajak-Tour zur Walbeobachtung. Die Bucht ist ein nährstoffreiches Naturschutzgebiet voller Leben, das Buckelwale auf ihren Wanderungen entlang der amerikanischen Westküste anlockt. Dort gibt es viel zu fressen, die Tiere sind in dieser Gegend oft mit bloßem Auge vom Ufer aus zu beobachten.
100 Meter Abstand sollten die Kajaks von den Tieren haben, habe der Führer der Gruppe noch eingeschärft, berichtet Mustill – eine Regel, an die sich Wale natürlich nicht halten. Die beiden Londoner Touristen hätten die Tiere, die annähernd so lang wie Linienbusse werden können, beim Fressen beobachtet und gesehen, wie sie mit ihren Flossen aufs Wasser klatschten. Nach etwa zwei Stunden wollten die beiden zurück an Land paddeln, als der 25-Tonnen-Wal direkt neben ihnen ohne Vorwarnung aus dem Wasser geschossen sei – „wie der Start eines Space Shuttles“, beschreibt der Filmemacher.
„Ich wartete darauf, dass die Schmerzen beginnen würden, aber nichts passierte“
Einen springenden Wal sehen: Das Erlebnis, von dem viele Touristen träumen, wurde für die beiden Briten zum Albtraum. Das Video, das jemand von einem Walbeobachtungsboot aus von dem spektakulären Vorfall machte, ist bisher bei Youtube rund fünf Millionen mal angesehen worden.
„Ich wurde unter Wasser herumgeschleudert“, berichtet der 31-Jährige, „ich glaube, das war der Körper oder die Schwanzflosse des Wals. Ich habe immer noch ein komisches Gefühl im Bauch, wenn ich nur daran denke.“ Ganz langsam sei das Tier dann fortgeschwommen. Als Mustill wieder auftauchte, sah er seine Freundin – und eine Delle im Kajak. „Ich wartete darauf, dass die Schmerzen beginnen würden - aber nichts passierte.“ Andere Kajak-Fahrer kamen den beiden zu Hilfe. Und: „Wir lachten. Weil wir am Leben waren – und weil wir nicht wussten, was wir sonst hätten tun sollen.“