Pinneberg. Gegen den Kreistrend: Polizei verzeichnet massive Zunahme der Delikte vor Schulen und dem Bahnhof. Auch Elmshorn zunehmend im Visier der Täter
Sie kommen mit Transportern. Den Bolzenschneider haben sie dabei. Das Schloss aufzubrechen dauert nur Sekunden. Und die Beute lässt sich schnell zu Geld machen. Pinneberg ist zur Hochburg der Fahrraddiebe geworden. Das belegen Zahlen, die Polizeihauptkommissar Matthias Wieske jetzt vorlegte. Der Revierchef der Kreisstadt lässt keinen Zweifel daran, dass man es zunehmend mit organisierter Kriminalität zu tun hat. Auf hochwertige Zweiräder spezialisierte Banden seien unterwegs.
Die Statistik spricht eine deutliche Sprache. Zählte Pinnebergs Polizei im Jahr 2013 noch 274 Fahrraddiebstähle im Stadtgebiet, stieg die Anzahl der den Behörden gemeldeten Delikte im Jahr darauf auf 372. Ein Zuwachs um 35,8 Prozent. Ein Trend, der sich 2015 noch zu verstärken scheint. „Im ersten Quartal haben wir bereits 120 Fälle gezählt“, so Wieske. Und das trotz des Winters, in dem weit weniger Radfahrer unterwegs seien als in der warmen Jahreszeit. Der Bahnhof sei ein bei Dieben besonders beliebter Tatort. „Das gilt auch für die beiden Pinneberger Gymnasien“, sagt Wieske, der seit Januar das Revier in der Kreisstadt leitet.
Die Entwicklung in Pinneberg läuft dem aktuellen Trend im Kreisgebiet entgegen. Nimmt man alle Kommunen zusammen, wurden 2014 insgesamt 1950 Zweiräder als gestohlen gemeldet – 62 weniger als im Vorjahr. Allein in der Stadt Quickborn ging die Zahl der gemeldeten Taten von 126 im Jahr 2013 auf 57 zurück, im Bereich Halstenbeks und Rellingens von 180 auf 163 Diebstähle.
Doch die Stadt Pinneberg ist nicht der einzige Ausreißer nach oben. Auch Elmshorn hat mit Langfingern zu kämpfen. Nachdem an der Krückau 2013 noch 495 Fahrräder entwendet wurden, waren es im Jahr darauf bereits 578. Das entspricht einer Zunahme von 16,8 Prozent.
Vor einigen Wochen habe die Hamburger Polizei eine Gruppe von Intensivtätern festgenommen, so Wieske. „Es wurde festgestellt, dass im Hamburger Umland geklaute Räder später in Bremen zum Kauf angeboten wurden und umgekehrt.“ Flohmärkte seien ein beliebter Umschlagplatz. Auch auf gängigen Internetplattformen wie Ebay tauche Hehlerware auf.
Die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen liegt im Bundesgebiet nur bei etwa zehn Prozent. Auch weil es den ermittelnden Beamten nicht immer leicht gemacht wird. Pinnebergs Polizeichef Wieske kann nur schwer nachvollziehen, dass viele Besitzer sich nicht einmal die Rahmennummern ihrer häufig mehr als 1000 Euro teuren Untersätze notieren. Er appelliert, die Räder codieren zu lassen. Und empfiehlt, das Smartphone zum Einsatz zu bringen. Es gebe Apps, mit denen notwendige Daten erfasst – und im Schadensfall direkt an die Ermittler weitergeleitet werden könnten. „Dafür werden wir an den Schulen werben.“
Am Pinneberger Bahnhof soll es Fahrraddieben ab 2017 schwerer gemacht werden, an Beute zu gelangen. Das bestätigt der Erste Stadtrat Klaus Seyfert (CDU). Im Zuge des Bahnhofsumbaus werde auch ein sogenanntes Fahrradhaus entstehen. Dies sei fester Bestandteil der aktuellen Planung. In dem bewachten Unterstand könnten Pendler ihre Zweiräder dann gegen eine geringe Gebühr unterstellen, so Seyfert. Der frühere Polizist geht fest davon aus, dass die Dunkelziffer der gestohlenen Fahrräder erheblich höher liegt, als es die Statistiken aussagen. „Viele Geschädigte verzichten von vornherein auf eine Anzeige, weil die Hoffnung auf Aufklärung gering ist.“
Seyfert schlägt vor, in Pinneberg mit verstärkten Kontrollen auf die stark gestiegene Zahl an Delikten zu reagieren. „Diesbezüglich könnte die Polizei einen Schwerpunkt setzen.“ Potenzielle Täter würden somit nachhaltig abgeschreckt.