Helgoland. Wirbel um neuen Vertrag zwischen Landesamt und Verein Jordsand über Dünenschutz. Gemeinde wusste von nichts. Vereinbarung nährt Befürchtungen
Es gibt Dinge, da verstehen die Helgoländer keinen Spaß. Zum Beispiel, wenn es um Einmischungen in Inselangelegenheiten von außen geht. Wenn sie dann noch nicht einmal etwas davon wissen, was andere mit ihrem herrlichen Fleckchen Erde vorhaben, ist Schluss. So wie in diesem Fall. Der zwischen dem schleswig-holsteinischen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) und dem Naturschutzverein Jordsand kürzlich geschlossene Betreuungsvertrag über die Helgoländer Düne sorgt für mächtig Wirbel auf der Insel. Denn dort wusste man von der Vereinbarung nichts.
Die sieht vor, dass der Verein Jordsand, der 13 Schutzgebiete in Schleswig-Holstein betreut, die Entwicklung der Kegelrobbenpopulation dokumentiert. Zudem sollen Vorschläge zum Schutz der Tiere erarbeitet und diese auch umgesetzt werden. Dabei geht es um die Begegnung zwischen Mensch und Tier, beziehungsweise Robbe und Tourist. Über die geleistete Arbeit wird jährlich Bericht erstattet.
„Wir haben davon aus dem Abendblatt erfahren. Die Gemeinde wurde im Vorwege darüber nicht informiert. Das hat uns doch sehr überrascht“, sagt Tourismusdirektor Klaus Furtmeier als Vertreter für Helgolands Bürgermeister Jörg Singer. Den Verwaltungschef hat die Nachricht im Urlaub erreicht. Auch er ist auf der Zinne, erste Schritte wurden sofort eingeleitet.
Unter anderem wurde die Zusammenarbeit mit dem Verein Jordsand, der bereits auf der Insel aktiv ist, auf Eis gelegt. Zwei für das Wochenende vom 25. bis 26. April geplante Workshops zum Thema Natur und Kegelrobben mit Naturschützern sagte die Gemeinde ab. Singer und Furtmeier sind sich einig: „Politik und Gremien auf Helgoland hätten zuvor gehört werden müssen. Das wirft einen Schatten auf die Zusammenarbeit zwischen dem Verein Jordsand und der Gemeinde.“
Die Wut der Helgoländer richtet sich nämlich weniger auf die beteiligten Ministerien und Verwaltungen des Landes als viel mehr auf den Verein Jordsand. Denn mit ihm hat die Gemeinde eine Vereinbarung zur engen Zusammenarbeit geschlossen. Unter anderem unterstützt die Kurverwaltung die Vereinsarbeit auf der Insel auch finanziell. So werden Kosten für die Unterkunft im Südhafen übernommen. Zudem wurde auch vereinbart, dass man alle Schritte gemeinsam abstimmt. Und genau hier hakt es aus Sicht der Helgoländer gewaltig.
Erschwerend kommt hinzu, dass vier Tage vor der Vertragsunterzeichnung ausgerechnet zwei Vertreter des Naturschutzvereins auf der Insel Helgoland waren. Sie stellten den Kommunalpolitikern eine Idee vor: die Hochseeinsel zu einem Nationalpark zu erklären. Ein Vorschlag, der bei den Insulanern auf wenig Gegenliebe stößt. Sie fürchten die möglichen Einschränkungen durch die Naturschutzauflagen.
Bereits heute gibt es durch die Denkmalpflege und die bereits vorhandenen Naturschutzgebiete zahlreiche Auflagen für die Bewohner. Obwohl die Vertreter kurz vor Vertragsunterzeichnung auf der Insel waren, fiel laut Furtmeier kein Wort von Seiten des Vereins Jordsand über die Verhandlungen mit dem Landesamt über die naturschutzfachliche Betreuung für die Helgoländer Düne.
„Wir müssen jetzt erst intern über die weitere Zusammenarbeit zwischen dem Verein und der Gemeinde sprechen“, kündigt Furtmeier an. Ob und wie es weitergeht, scheint offen. Das macht deutlich, wie sehr der von außen verordnete Betreuungsvertrag und die fehlende Zusammenarbeit sich auf das Verhältnis zwischen Gemeinde und Naturschutzverein ausgewirkt hat.
„Die Gremien und Insulaner wollen, dass die Dünenverantwortung auch weiterhin in der Hand der Gemeinde bleibt“, erklärt Furtmeier. Dabei könne der Verein Jordsand gern unterstützend helfen. Aber: „Wir wollen nicht Gefahr laufen, dass alleine von außen über Hoheitsgebiete entschieden wird.” In einem Schreiben an den Geschäftsführer des Vereins Jordsand, Thorsten Harde, haben Singer und Furtmeier ihren Unmut deutlich gemacht. Allerdings haben sie noch keine Antwort erhalten. Auch Harder weilt im Urlaub, kann zu dem Kommunikationsproblem und den Verstimmungen also keine Stellung beziehen.
Dazu kann auch Rebecca Störmer vom Verein Jordsand wenig sagen. Aber sie versucht, ein wenig die Wellen zu glätten – zumindest wenn es um das Thema Düne geht. Denn Störmer, die seit sieben Jahren auf der Insel lebt, übernimmt für den Verein Jordsand jetzt die Umsetzung des neuen dreijährigen Betreuungsvertrages mit Verlängerungsoption.
Die Biologin tritt den Job als hauptamtliche Schutzgebietsbetreuerin für die Helgoländer Düne an und macht deutlich, dass sie kein Interesse daran habe, die Touristen von der Insel oder etwa die Helgoländer selbst aus ihrem einzigen Naherholungsgebiet, der Düne, zu verbannen. Denn genau das fürchten einige Bewohner. „Wir wollen dort keine Sperrzone errichten“, betont sie. Es ginge vielmehr darum, gemeinsam mit der Gemeinde und den Insulanern das Naturerlebnis Helgoland für alle erlebbar zu machen.