Vertrag zur Verlegung des Bahnhofs zum Diebsteich unterzeichnet. Konzern investiert 360 Millionen Euro
Im Sommer hatten sich die Vertragspartner grundsätzlich auf die Eckpunkte geeinigt, nun unterzeichneten Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Bahnchef Rüdiger Grube das offizielle Vertragswerk zur Verlagerung des Fernbahnhofs Altona.
Dadurch werden bis 2023 die Gleisanlagen davor frei, wo mit rund 1900 Wohnungen der zweite Abschnitt der Neuen Mitte Altona gebaut werden soll. Die Stadt hat dazu für 38,8Millionen Euro das Gelände jetzt offiziell gekauft. Der Vertrag ist notariell beglaubigt, der Bahn-Aufsichtsrat und die städtische Kommission für Bodenordnung hatten ihre Zustimmung erteilt. „Die letzten Hürden sind damit genommen, jetzt kann es endlich losgehen“, sagte Grube, der selbst aus Hamburg stammt.
Der Zeitplan sieht nun vor, dass bis Ende 2017 das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen wird, das formale Voraussetzung für die Verlegung ist. Dann startet der Bau des neuen Bahnhofs an der heutigen S-Bahnstation Diebsteich, während der Betrieb im alten Bahnhof weiterläuft. Voraussichtlich Ende 2023 soll der neue Altonaer Fernbahnhof in Betrieb genommen werden. Der S-Bahnbetrieb wird aber im heutigen Bahnhof verbleiben.
Bis zur endgültigen Verlegung wird die Stadt das rund 138.000 Quadratmeter große Gleis-Grundstück davor zunächst weiter der Bahn zur Benutzung überlassen. In Diebsteich kann die Bahn indes fast komplett auf eigenem Grund bauen. Derzeit geplant sind drei Bahnsteige mit sechs Gleisen für den Fernverkehr, dazu ein Bahnsteig mit zwei Gleisen für die S-Bahn. Zwei Brücken sollen erneuert, etwa 25 Gleise neu verlegt und 48 Weichen gebaut werden. Bis spätestens 2025 sollen zudem die alten Gleisanlagen geräumt werden.
Laut Vertrag wird die Bahn die Sanierung des mit Öl und Ruß belasteten Bodens übernehmen. Allerdings sind diese Kosten auf rund sieben Millionen Euro gedeckelt.
Wie das neue Bahnhofsgebäude von Altona aussehen wird, ist noch unklar. In der Altonaer Bezirkspolitik fordert man sogar einen internationalen Architekten-Wettbewerb, während Bahn-Manager bisher eher von einer schlichten Überdachung sprachen, deren Kosten im Rahmen bleiben müssten. Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter kritisierte die Pläne bereits als „Hundehütten-Komplex“, den Altona nicht verdient habe. Bahnchef Grube trat nun solchen Befürchtungen entgegen, ohne allerdings konkret zu werden. Man werde einen „schönen und modernen Bahnhof“ planen. Grube: „Wir bauen keinen Murks.“ Insgesamt, so der Bahnchef, werde die Bahn rund 360 Millionen Euro in das Projekt in Altona investieren. Dennoch würde sich die Verlegung für die Bahn lohnen, sagte Grube und sprach von mehreren Vorteilen: Mit täglich 100.000 Fahrgästen sei der Bahnhof Altona an seinen Grenzen angelangt. Als Kopfbahnhof stelle er für den gesamten Bahnbetrieb in Hamburg zudem ein Nadelöhr dar.
Mit dem neuen Bahnhof in Diebsteich könne daher auch der Hauptbahnhof entlastet werden, der mit 500.000 Fahrgästen pro Tag der meistfrequentierte Deutschlands ist. Auch die Umsteigemöglichkeiten zwischen S-Bahn und Fernbahn würden sich im neuen Bahnhof deutlich verbessern.
Für die Stadt eröffnet sich mit der Verlegung indes die Möglichkeit, die Neue Mitte so zu bauen, wie es der Masterplan von 2010 bereits vorgesehen hatte. Insgesamt können dann in den nächsten Jahren rund 3600 Wohnungen auf altem Bahngelände mitten in Altona gebaut werden.
Im ersten Abschnitt werden 1600 Wohnungen auf dem Areal der früheren Güterbahn gebaut, dort ist der erste Spatenstich bereits erfolgt.
Lange galt es allerdings als unsicher, ob es zu einer großen Lösung überhaupt kommt. Zwar hatte es erste Überlegungen bei der Bahn zur Verlegung bereits in den 90er-Jahren gegeben – was für die Stadt dann letztlich auch Anlass zur Planung der Neuen Mitte war. Doch immer wieder verschob die Bahn eine Entscheidung.
Zuletzt ließ der jetzige Bahnchef noch einmal zwei Varianten durchrechnen: Sanierung der alten Bahnanlagen oder eben die Verlegung. Wäre es lediglich zu einer Sanierung gekommen, hätte Hamburg das Altonaer Neubaugebiet nur bis an den Gleisbogen heran bauen können – mit Lärmproblemen für die Bewohner. Entsprechend erleichtert zeigte sich der Senat, als im Sommer die grundsätzliche Einigung für die Verlegung erzielt wurde.
So ganz neu ist eine solche Bahnhofsverschiebung in Altona allerdings nicht: Ende des 19.Jahrhunderts wurde der damalige Bahnhof der einst selbstständigen Stadt schon einmal auf den heutigen Standort verlegt. Aus dem Bahnhof wurde das heutige Rathaus und rundherum entstand in Altona schon einmal eine neue Mitte.
Wir bauen keinen Murks.