Jeder Stadtteil hat seine eigene Geschichte. Der Historiker und Abendblatt-Redakteur Dr. Matthias Schmoock hat sich auf eine Zeitreise begeben
Die Gegend nordwestlich der Alster im Jahr 1817. Das Dörfchen Eppendorf ist nach langer Belagerung und erbitterten Kämpfen ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden, die Eppendorfer sind ausgelaugt. Ein „Kram- und Viehmarkt“ wird eingeführt, um das am Boden liegende Wirtschaftsleben wieder in Schwung zu bringen.
Daraus entwickelt sich ein großes Sommervergnügen, das man erst 1894 einstellte. Es hieß übrigens Eppendorfer Markt. Man sieht: Shopping und gepflegtes Amüsement haben in Eppendorf eine lange Tradition. Obwohl Eppendorf nach der Franzosenzeit angeschlagen war, erholte es sich dank seiner stadtnahen Lage recht schnell. Dazu trug entscheidend bei, dass die hamburgische Verwaltung 1832 den Landbesitz des Klosters St. Johannis übernahm, dem Eppendorf seit 1530 unterstanden hatte. Schon drei Jahre später zuckelte die erste Landkutsche einigermaßen regelmäßig zwischen dem Jungfernstieg und Eppendorf hin und her, 1840 wurde eine Pferdeomnibuslinie eingerichtet. 1859 war schon der Verkehrsweg zu Wasser erschlossen: Der erste Alsterdampfer fuhr zum Winterhuder Fährhaus.
Die Aufhebung der Torsperre wurde zur Geburtsstunde des Wohnviertels Eppendorf – so wie auch andere Dörfer außerhalb der Stadt schlagartig wachgeküsst wurden. Schon 1864 erhielt Eppendorf Gasanschluss. Ein Jahr später wurden die ersten Briefkästen aufgestellt, 1868 folgte dann die Eröffnung einer „Postexpedition“ am Mühlenteich. 1871 wurde Eppendorf Vorort von Hamburg, und ab 1880 konnte man regelmäßig mit der Pferdebahn in Richtung Stadt fahren.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert begann die großflächige Bebauung der Gegend, und es entstanden die vielen Gründerzeithäuser, die auch heute noch das Erscheinungsbild prägen. 1890 wurde das alte Schulhaus am Mühlenteich abgebrochen, 1901 der Gasthof „Zur alten Eppendorfer Mühle“, 1904 verschwand dann die letzte Windmühle vor Ort. „Die alten, zum Teil achtzig und hundert Jahre alten Gebäude werden samt und sonders niedergerissen, um modernen Neubauten Platz zu machen“, schrieben die „Hamburger Nachrichten“ im November 1905, „so wird Eppendorf innerhalb weniger Jahre einen vollkommen städtischen Charakter erhalten.“ Noch um 1900 hatten an der Eppendorfer Landstraße auf Höhe des Loogestiegs große Landhäuser mit ausgedehnten Gärten gestanden, die quasi im Handumdrehen durch Etagenhäuser ersetzt wurden.
„Eppendorf hat seine Einwohnerzahl seit 1880 mehr als vervierfacht; es gibt jedoch namentlich im Norden dieses Stadttheils noch ausgedehnte Bauterrains“, schrieb Wilhelm Melhop 1895 in seiner Hamburg-Topografie. Doch auch dieses Land lag nicht mehr lange brach. Überall verschwanden Gartenhäuschen und die letzten Zeugnisse der bäuerlichen Vergangenheit, die man durch typische Großstadtbauten ersetzte. 1889 wurde das Allgemeine Krankenhaus (seit 1934 Universitätskrankenhaus) fertiggestellt, die Volksschulen Martinistraße, Breitenfelder Straße und das Gymnasium Eppendorf eröffneten innerhalb von nur knapp zehn Jahren – drei von etlichen Schulen in Eppendorf, das seit 1894 Hamburger Stadtteil war.
1914 kamen zwei weitere Landmarken hinzu: Das Holthusenbad und die U-Bahn-Strecke Kellinghusenstraße–Ohlsdorf gingen in Betrieb. Seit 1929 fuhr die Bahn dann auch von der Kellinghusenstraße zum Stephansplatz, später folgte die Verlängerung bis zum Jungfernstieg. Die Looge, die ehemalige Gemeindeweide zwischen Alster, Isebekkanal und altem Dorfkern, wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg bebaut. Den Zweiten Weltkrieg überstand Eppendorf weitgehend unzerstört. 1970 wurden an der Ludolfstraße die letzten Bauernhäuser abgerissen, 1977 verschwand die Straßenbahn. Die meisten Studenten-Wohngemeinschaften machten schließlich gut verdienenden Mietern und Eigentümern Platz, Eppendorf wurde immer schicker.
Schon seit dem 13. Jahrhundert steht die Johanniskirche an ihrem Platz, die 1267 erstmals erwähnt wurde. Inzwischen wird sie von unendlichen Blechlawinen umtost.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert begann die großflächige Bebauung der Gegend.