Bei Bauarbeiten wurde sie entdeckt. Denkmalschützer sprechen von einem einmaligen Fund
Es ist ein Fund, den Denkmalschutzexperten als „Sensation“ bezeichnen: Bei Bauarbeiten an der Alster ist eine Grotte aus dem 19. Jahrhundert entdeckt worden. Es handelt sich laut Experten um „den ersten Fund dieser Art in Deutschland“, wie Jens Beck vom Denkmalschutzamt sagt.
Der Experte für Gartendenkmalpflege: „Die Grotte im Garten An der Alster 34 muss ursprünglich zu einem herrschaftlichen Wintergarten gehört haben.“ Diese Wintergärten seien als ein vollständig mit Glas überdeckter Garten zu verstehen, der – von den Jahreszeiten weitgehend unabhängig – die Möglichkeit bot, exotische Pflanzen mit den heimischen Gewächsen zu mischen, so Beck. Wann genau die Grotte entstanden ist, lässt sich nicht sagen, aber Beck vermutet einen Zeitraum zwischen 1860 und 1890. Zu dieser Zeit seien diese besonderen Wintergärten Luxusobjekte gewesen, da sie „sehr teuer im Bau und in der Unterhaltung waren“, sagt Beck.
Weit verbreitet seien diese Wintergärten vor allem in Frankreich gewesen. Die berühmtesten dieser Art in Deutschland hätten sich die Bayernkönige bauen lassen. So ließ Ludwig II. auf dem Dach der Münchner Residenz einen fast 1000 Quadratmeter großen Wintergarten errichten, der jedoch nach dem Tod des Königs wieder abgebaut wurde. Doch, wie der Fund an der Alster zeigt, haben sich diesen Luxus nicht nur Könige gegönnt, sondern auch vermögende Hamburger.
Noch laufen die Recherchen, wer den Bau des Wintergartens samt Grotte, auf der auch ein Wasserfall angelegt worden war, in Auftrag gegeben hatte. Schon im 19. Jahrhundert gehörte dieser Standort jedenfalls zu den begehrtesten Wohnlagen innerhalb Hamburgs. „In den Großstädten wurden diese Wintergärten von der reichen Oberschicht gebaut“, sagt Beck. Das Besondere an der Hamburger Entdeckung: „Da die Wintergärten ohnehin nicht in sehr großer Zahl und nur in einem relativ kurzen Zeitraum entstanden sind, war nicht anzunehmen, dass sich überhaupt in einer Großstadt auch nur ein Rest einer solchen Anlage erhalten hat“, so der Denkmalschutzexperte.
Die Grotte stand über Jahrzehnte wie ein verwunschenes Juwel in dem Garten, bedeckt von einer Efeu-Hecke. Den bisherigen Hauseigentümern war das Bauwerk offensichtlich nicht weiter aufgefallen. Nur Hausmeister Ronni Petersen, der sich seit zehn Jahren um die Immobilie und die angrenzenden Objekte kümmert, wurde aufmerksam: „Ich habe häufig im Garten gearbeitet und immer mal wieder gedacht: ‚Irgendwie muss das etwas Besonderes sein‘.“
Erst als die Immobilie und drei angrenzende Stadthäuser an Investor Mario Voigt von der Epos Projektentwicklung verkauft worden waren, wurde die Grotte entdeckt. Im Zuge des Bauvorhabens – es sollen 26 Eigentumswohnungen entstehen – wurde die Grotte von Efeu befreit. Projektentwickler Mario Voigt sagt: „Dass sich hinter der Hecke ein solches Juwel verbirgt, war eine große Überraschung für uns. Nun werden wir dieses Gartenbaudenkmal in enger Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz erhalten.“ Er sei stolz, dass ein solch spektakulärer Fund auf seinem Gelände gemacht wurde.
Aus der Kulturbehörde, die auch für den Denkmalschutz verantwortlich ist, heißt es: „Wir begrüßen es sehr, dass der Investor sich für einen Erhalt dieser Grotte einsetzt“, sagte Sprecher Enno Isermann. So schön der Sensationsfund auch sein mag, den Investor und sein Team stellt er auch vor Herausforderungen. Zunächst einmal ist der Zeitplan durch die Entdeckung ein wenig aus den Fugen geraten. Außerdem sollte hier ein Kinderspielplatz entstehen, doch in der Grotte können sich die Kleinen nicht vergnügen. Aber Mario Voigt verspricht: „Wir bekommen das alles unter einen Hut und werden in enger Abstimmung mit den Behörden und Ämtern einen anderen Platz für den Kinderspielplatz finden.“
Auch Architekt Malte Kramer von Skai Siemer Kramer Architekten, der das Bauvorhaben realisiert, ist fasziniert: „Der aufwendige Bau aus Tuffsteinen ist mit viel Liebe zum Detail entstanden.“ Jetzt hat Kramer große Pläne: „In erster Linie muss alles getan werden, um die Grotte so herzurichten, dass diese auch noch viele Jahrzehnte die Menschen erfreuen kann.“
Doch Kramer hat nicht nur die Gartengrotte im Blick, sondern auch die 26 Eigentumswohnungen mit Alsterblick, die an dieser Stelle entstehen sollen. Der Gebäudekomplex umfasst vier Häuser. Der Baubeginn ist für Anfang 2014 geplant, die Fertigstellung der Immobilie bis Ende 2015.