Grünanlagen in Altona verwildern. Politiker und Anwohner protestieren gegen Behörden
Gehen die Grünanlagen und Promenaden am Elbufer den Bach hinunter? Sieben Park- und Bürgervereine, Politiker und Privatleute in den Elborten haben sich verbündet, um eine weitere Verwilderung zu verhindern. Ihr Protest: Stadt und Bezirksamt kümmern sich nicht ausreichend um die Pflege des Kulturgutes Hohes Elbufer. Und im Sven-Simon-Park zu Blankenese, so der gemeinsame Vorwurf, werde Schindluder mit der Vergangenheit getrieben.
„Leider gibt es zuhauf Beispiele für die Verwahrlosung der Parks am Elbufer“, sagt Professor Jürgen Weber. Der Mediziner im Ruhestand ist Vorsitzender des Blankeneser Bürgervereins und engagiertes Vorstandsmitglied der Aktion „Hamburg – Grüne Metropole am Wasser“ unter dem Dach der Patriotischen Gesellschaft. Vertreter von zwei Park- und fünf Bürgervereinen zwischen Ottensen und Rissen haben sich an einen Tisch gesetzt, um Maßnahmen gegen die angebliche Verwilderung zu besprechen. Einheitlicher Tenor: Die Behörden planen eine Menge, unternehmen jedoch viel zu wenig.
Die Kritiker erhalten lautstarke Verstärkung durch Elke Dröscher, Chefin des Puppenmuseums am Falkenstein. „Der Fisch stinkt am Kopf; denn es mangelt am politischen Willen im Rathaus“, meint sie. Besonders zornig mache sie die defekte Beleuchtung im 40 Hektar großen Sven-Simon-Park vor der Tür ihres Museums. Dort sei es abends stockdunkel.
Gemeint sind 40 wertvolle, handgefertigte Lampen im Stil der 50er-Jahre, die einst vom Verleger Axel Springer angeschafft wurden. Springers früherer Privatgarten auf dem Falkenstein erinnert an dessen 1980 verstorbenen Sohn Sven Simon. 1982 wurde die majestätische Parkanlage der Öffentlichkeit übergeben. Die historische Beleuchtung gehörte dazu. Von ihr ist heute nichts mehr zu sehen. Einige Lampen wurden versehentlich von Parkarbeitern umgefahren, andere nachts mutwillig zerstört, weitere von Metalldieben gestohlen. „Zeitweise waren blanke Stromkabel zu sehen“, sagt Elke Dröscher. Zehn dieser leuchtenden Kunstobjekte lagerte die Museumschefin in ihrer Garage ein. Die restlichen werden vom Bezirksamt Altona verwahrt. Reparatur und Neuinstallation sind aus Kostengründen nicht vorgesehen.
Und genau hier sind sich die Behörden uneins. In einem Schreiben vom 29.Juli 2013 stellt Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) klar: „Der Verlust der Leuchten stellt einen ernst zu nehmenden Schaden an dem Gartendenkmal Sven-Simon-Park dar.“ Ihre Reparatur und Wiederaufstellung oder ein Nachbau sei „eine wichtige Forderung des Denkmalschutzamtes“. Diese Forderung sei dem Bezirksamt Altona gegenüber erhoben worden. Dort jedoch stößt das Ansinnen auf Ablehnung. „Aufgrund anderer Prioritäten stehen die dafür notwendigen Haushaltsmittel auf absehbare Zeit im Grünhaushalt nicht zur Verfügung“, schrieb das Amt an Elke Dröscher. In den nächsten Jahren werde sich nichts tun. Die Vorwürfe der Vereine und Privatpersonen jedoch gehen weiter. Zwar ist der Sven-Simon-Park selbst anständig gepflegt, doch sieht es am Elbufer nebenan ganz anders aus. Tatsächlich kann von kultivierten Grünanlagen keine Rede sein. Vom ganz besonderen Elbblick an dieser Stelle ist nur sehr wenig zu sehen, von wucherndem Gestrüpp und ungepflegten Wäldchen abgesehen.
In trauriger Verfassung präsentiert sich ebenfalls der Luusbarg, dessen traumhafte Aussicht auf die Elbe in Hamburg-Büchern gerühmt wird. Jetzt ist fast alles verwildert. Von einer hölzernen Waldbank aus konnte man den Elbblick genießen. Man konnte.
Auch Peter Schmidt, Vorsitzender der CDU Nienstedten, ist empört: „Die Stadt lässt zu, dass sich das fantastische Elbpanorama zunehmend hinter Wildwuchs verbirgt.“ Immer öfter beklagten sich Bürger über die Sichtsperren auf den Strom und das Alte Land. Sein Vorwurf: „Hamburg geht mit dem kulturellen Erbe von Landschaftsarchitektur höchst liederlich um.“
Von öffentlicher Seite erfolgt nur teilweise Widerspruch. „Dass die Ressourcen für die Grünpflege nicht auskömmlich sind, ist hinlänglich bekannt“, entgegnet Kerstin Godenschwege vom Bezirksamt Altona. „Wir versuchen, diesen Herausforderungen durch Schwerpunktsetzungen zu begegnen.“ Godenschwege verweist auf aktuelle laufende Maßnahmen am Elbufer hin. Beispiele sind ein Pflege- und Entwicklungsplan für Goßlers Park, 150.000 Euro Investition im Hirschpark, Nachpflanzung von 15.000 Jungbäumen in anderen Elbparks, 700.000 Euro für die Grundinstandsetzung des Heineparks oder ein neuer Anschluss zum Elbhöhenwanderweg am Falkensteiner Ufer. Anlässlich des 100. Geburtstags des Volksparks 2014, auch der liegt im Bezirk, werden rund 1,5 Millionen Euro aufgebracht.
Die Stadt lässt zu, dass sich das Elbpanorama zunehmend hinter Wildwuchs verbirgt.