Auf Entdeckungstour in neuen Welten: Pohlmann kommt in die Große Freiheit 36.
Hamburg. Wenn Ingo Pohlmann durch das heimatliche Winterhude in seine Stammbar freundlich+kompetent schlendert oder mit der Gitarre unter dem Arm auf die Bühnen von Knust und Fabrik oder am 29. September in die Große Freiheit36 kommt, dann wirkt er immer noch wie der Beachboy, der an den Stränden der Welt mit dem Rücken am Surfboard lehnt und den Mädchen mit Leichtbier zuprostet. Das ist eben das Etikett, das seit der ersten Single „Wenn jetzt Sommer wär“ (2006) an dem gebürtigen Westfalen klebt wie feuchter Sand.
Ingo Pohlmann ist in Ostwestfalen, genauer in Rheda-Wiedenbrück, aufgewachsen und mit 28 Jahren in Richtung Hamburg gezogen. „Irgendwie bleibt man immer ein Kleinstädter, der sich denkt: Was wohl die Leute zu Hause sagen?“, hat der 41-Jährige in einem Interview mal eingeräumt.
Und auch sonst ist Pohlmann an sich weniger ein Beachboy als viel eher vielleicht ein Nerd, der die Sci-Fi-Geschichten eines Philip K. Dick („Blade Runner“, „Total Recall“), die „Star Wars“-Filme und diverse Videospiele in- und auswendig kennt. Das ist natürlich nichts, mit dem man bei den Ladys, die noch immer den Großteil seiner Konzertkarten kaufen, bestehen kann.
Und so brauchte es sieben Jahre Zeit bis zum aktuellen vierten Album „Nix ohne Grund“, um auch mal etwas anderes zu besingen als „Mädchen und Rabauken“. „Ich wollte nicht in einer Richtung stecken bleiben und mich von ‚Wenn jetzt Sommer wär’ emanzipieren“, sagt Pohlmann, der auch akustisch neue Welten für sich entdeckt. Trockener Retro-Rock im kratzig-rauen Lenny-Kravitz-Stil bestimmt „Roy Batty“, eine Song-Hommage an Autor Philip K. Dick.
Auch elektronische Effekte und Prince-Anleihen, etwa bei „Köder oder Fang“, zeigen, dass Pohlmann der Devise von Jedi-Gnom Yoda gefolgt ist: „Train yourself to let go“.
Mal das Alte loszulassen, das hat Pohlmann gut getan. Zwar ist die Handschrift von Produzent Ralf Meyer (Clueso) ganz klar auf Pop beschränkt, aber besonders live, das zeigte ein Album-Showcase im Knust, herrscht jetzt mehr Dynamik und Abwechslung.
Und überhaupt, was soll schon groß schiefgehen? „Auch wenn es scheint, dass nichts gelingt, ist’s manchmal das, ganz genau das, was uns weiterbringt“, sang Pohlmann schließlich mal, ebenso weise wie wahr. Das hätte auch von Yoda sein können.
Pohlmann So 29.9., 20 Uhr, Große Freiheit36 (S-Reeperbahn), Karten zu 25,60 im Vorverkauf; www.ingopohlmann.de