Wer die Wohnung von Bent Angelo Jensen in St. Georg betritt, trifft auf sehenswerten Trödel
Um Bent Angelo Jensen zu besuchen, muss man vier Stockwerke hochsteigen. Die unteren Etagen gehören zu einem Billighotel. Ausgetretene Treppenstufen, die Verzierungen des Geländers staubbedeckt, es riecht nach Zigarettenrauch. Weiter oben ist es besser.
Der Hausherr, der seine Vornamen dem dänischen Vater und der italienischen Großmutter verdankt, öffnet die Tür. Der Kontrast, den er mit seiner eleganten und extravaganten Erscheinung zum Eingangsbereich bildet, könnte größer nicht sein: schmaler Anzug vom eigenen Label "Herr von Eden", weißes Hemd, lackierte Fingernägel und Stiefeletten, deren Absatz eine Nuance höher sind als sonst bei Männerschuhen.
Er bittet hinein in seine Altbauwohnung in St. Georg. Manche würden sie als Nest eines Paradiesvogels bezeichnen, er spricht lieber von einer Burg, in die er sich zurückziehen kann. Rund 100 Quadratmeter ist sie groß und vom Schnitt her nicht ungewöhnlich: drei Zimmer vorne, Küche und Schlafzimmer hinten. Was sofort ins Auge fällt, sind die vielen Gemälde und Fotos an den Wänden.
Die Möbel scheinen alle vom Trödel- und Antikmarkt zu stammen. Der grüne Lehnsessel in einer Ecke des Esszimmers ist schon ein wenig abgewetzt, daneben steht auf einem Tischchen eine ausgestopfte Eule unter Glas, der Couchtisch im Nachbarzimmer ist ein alter Überseekoffer - und auch der Küchentisch und das große Bett im Stil von Louis XIV. sehen gebraucht aus. "Sind sie auch", sagt Jensen. "Die Secondhand-Nummer, über die ich zur Mode gekommen bin, setzt sich in meiner Wohnung fort." Seine Möbel sucht er sich tatsächlich mit besonderer Vorliebe auf Flohmärkten und auch in Trödelläden aus.
Der gebürtige Flensburger eröffnete Mitte der 90er-Jahre im Karolinenviertel einen Secondhand-Laden, das "24 Hours". Zwei Jahre später taufte er das Geschäft in "Herr von Eden" um. Er hatte den Handel mit Altkleidern satt. "Ich wollte nicht als Lumpenhändler in die Geschichte eingehen", sagt Jensen. Mithilfe seiner Schwester, die Modedesign studierte, entwarf er seine erste Kollektion: zwei Anzüge, einen in Schwarz und einen in Weiß, von denen er in Polen jeweils 20 Stück nähen ließ. Das war kurz vor dem Millenniums-Silvester - und die Anzüge waren schnell ausverkauft. Heute bietet der Autodidakt eine gesamte Kollektion an, auch Damenkleidung, betreibt ein Atelier am Großneumarkt, den Laden im Karolinenviertel und zwei weitere in Berlin und Köln.
Die Gemälde und großformatigen Fotos, die seine Wohnung schmücken, sind teilweise recht provozierend, manchmal morbide. Da gibt es nackte Frauen mit "Star Wars"-Helmen, eine Hommage an Helmut Newton, ein verschrecktes Marilyn-Monroe-Gesicht mit Clownsnase von Maximilian Dörr oder mehrere Bitumen-Arbeiten von Henning Kles. Themen auf vielen Bildern: Sex, Liebe und Tod. Viele stammen aus der Galerie Feinkunst Krüger. "Sie ist mindestens ebenso wichtig für meine Wohnkultur wie der Flohmarkt am Schlachthof", sagt Jensen.
Ziemlich makaber: die drei Wachteln der Künstlerin Rebecca Thomas, die ohne Kopf und ohne Federkleid nackt auf einem Ast sitzen. Überraschend fröhlich: die Kinderzeichnungen seiner Nichten im Flur. "Kunst ist mein Sparringpartner: Sie fordert mich heraus, Haltung zu bewahren", sagt der Modedesigner. Die braucht er schon morgens, wenn er die Augen aufmacht - und einem Skelett in die Augenhöhlen blickt, das auf einer 60er-Jahre-Ledercouch sitzt und grinst. In einer anderen Ecke des Schlafzimmers steht eine Art Stoff-Collage, die ägyptische Götter zeigt. Sie stammt aus den 20er-Jahren. "Diese Zeit hat mich und meine Arbeit sehr beeinflusst", sagt Jensen. Tatsächlich könnte er mit seinem dandyhaften Stil einem Modemagazin aus der damaligen Zeit entstiegen sein.