Hamburg. Tausende Hamburger erhielten bereits Lebensmittelgutscheine vom Abendblatt. Viele davon auch im Süden der Stadt.
Sie hatte Tränen der Rührung in den Augen. Als Daniela Schlöker vergangene Woche in ihrem Briefkasten den Lebensmittelgutschein der Initiative „Von Mensch zu Mensch“ des Vereins „Abendblatt hilft“ entdeckte, hätte sie heulen können. Das Gefühl, dass da Menschen sind, die an sie denken und in diesen schwierigen Zeiten für sie und ihre zwei Söhne da sind, berührte die alleinerziehende Mutter sehr. Die 25 Euro Einkaufswert sind für die kleine Familie, die von Hartz-IV lebt, ein wahrer Segen.
„Ich habe gerade eine finanziell schwierige Zeit“, sagt die gelernte Einzelhandelskauffrau, die aufgrund einer Depression zur Zeit krankgeschrieben ist. „25 Euro bedeuten für mich und meine Jungs eine ganze Menge Geld. Für dieses Geschenk bin ich unendlich dankbar.“
Daniela Schlöker ist eine von Zigtausenden Bedürftigen in Hamburg, die über die Hilfsinitiative „Von Mensch zu Mensch“ in den vergangenen Wochen einen Lebensmittelgutschein im Wert von 25 Euro erhalten haben. Die Aktion war unmittelbar nach Ausbruch der Corona-Pandemie im März gestartet.
Lebensmittelgutscheine von fast allen großen Handelsketten
Seitdem besorgt der Verein wöchentlich von den Spendengeldern Lebensmittelgutscheine bei fast allen großen Handelsketten wie Rewe, Penny, Edeka, Marktkauf, Netto, Lidl und Budni und reicht diese an gemeinnützige Institutionen, Kirchengemeinden und Sozialträger in Hamburg und der Metropolregion weiter. Die Verteilung lief unbürokratisch und schnell. Und vor allem durch die Unterstützung der Einrichtungen vor Ort gezielt und bedarfsorientiert.
Im Hamburger Süden beteiligten sich zwölf Einrichtungen an der Aktion. Weit über 1000 Gutscheine konnten in Wilhelmsburger und Harburger Raum an Bedürftige verteilt werden. „Die Gabe ist für die Betroffenen ein Segen“, sagt Claus Niemann vom Verein für Integration in Harburg-Wilhelmsburg e.V. „Für diese Menschen ist es ein Lichtblick, dass jemand einfach anruft und ungefragt etwas gibt – ohne dass sie um Hilfe betteln müssen. Diese Menschen sind auf die Unterstützung angewiesen. Und sie sind unendlich dankbar dafür.“
Janina Leister konnte ihr Glück kaum fassen, als sie vor ein paar Tagen in ihrem Briefkasten ein Schreiben vom DRK-Kreisverband Hamburg-Harburg vorfand. Patrick Gantenberg-Kralisch, Leiter der Kita Grüne Insel in Neuwiedenthal und Initiator der Aktion „DRK-Kinderteller“ hatte der Alleinerziehenden einen 25-Euro-Gutschein für Lebensmittel zugeschickt. „Von dem Geld habe ich frisches Obst und Gemüse für die Kinder eingekauft“, sagt die 28-Jährige.
Für fünf Personen reicht das Geld normalerweise gerade eben so
„Das war für alle vier etwas besonders.“ Die vierfache Mutter aus Hausbruch lebt von ALG II, hat inklusive Unterhalt und Kindergeld 1200 Euro pro Monat. Für fünf Personen reicht das Geld normalerweise gerade eben so. Seitdem aufgrund der Corona-Krise das Mittagessen in Kita und Schule wegfällt, wird es knapp. „Der Gutschein hat uns daher sehr geholfen“, sagt Janina Leister.
Kitaleiter Patrick Gantenberg-Kralitz hat eine ganze Menge Eltern, die aufgrund der Corona-Pandemie in Kurzarbeit gehen mussten. Viele haben ihre Arbeit verloren. Hinzu kommen die Kinder, die regelmäßig zum „Kinderteller“ kommen. Die Initiative des DRK Kreisverbandes Hamburg-Harburg e.V. bietet Kindern aus dem Stadtteil am Wochenende ein warmes Mittagessen an.
Patrick Gantenberg-Kralitz weiß, wie knapp es finanziell in diesen Familien ist. Und wie groß der Hunger sein muss, wenn der „Kinderteller“ wegfällt. Also hat er die Familien angerufen und sie aufgefordert, einen Lebensmittelgutschein abzuholen. 40 Stück waren es. Alle sind gekommen.
300 Euro für Lebensmittel im Monat
Weil 25 Euro eine ganze Menge Geld sind für einen Menschen, der von Hartz-IV lebt, nur 300 Euro für Lebensmittel im Monat zur Verfügung hat. So wie Frau J., die lieber anonym bleiben möchte, weil sie sich schämt und Angst hat, dass andere sie belächeln. Die 61-Jährige hat über den Verein Insel e.V. von der Gutschein-Aktion erfahren. „Man hatte mich angerufen und mitgeteilt, dass es einen Gutschein vom Hamburger Abendblatt gebe“, sagt sie.
„Ich habe mit fünf Euro gerechnet und mich gefreut. Als ich dann den Briefumschlag öffnete und sah, dass es sich um den fünffachen Betrag handelte, war ich sprachlos. Das übertrifft alles.“ Die Seniorin hat den Gutschein aufbewahrt für einen besonderen Moment. „Für eine wichtige Anschaffung“, sagt sie. „Das Geld wird nicht einfach so verplempert.“
Dank kommt auch von den gemeinnützigen sozialen Initiativen, die sich beim Hamburger Abendblatt um 25-Euro-Gutscheine beworben haben. „Es war uns eine große Freude bei der Aktion dabei zu sein“, sagt Ximena del Villar Derpsch vom Verein Insel e.V., der sich um Menschen mit Behinderung sowie um psychisch Erkrankte kümmert. „Wir konnten jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Die Klienten waren unglaublich gerührt und dankbar.“ 100 Gutscheine hat der Verein im Raum Harburg-Wilhelmsburg verteilt und damit 100 Mal Freude bereiten können.
Unbürokratische Soforthilfe des Abendblatt-Vereins
Maren Töbermann von der Wilhelmsburger Lesewoche konnte dieses Glück gleich sechsfach erleben. 600 Gutscheine konnte Projektleiterin, die sich normalerweise darum kümmert, dass Kinder auf der Elbinsel an das Lesen herangeführt werden, an bedürftige Familien ausgeben. Sie ist froh über die unbürokratische Soforthilfe des Abendblatt-Vereins. „Wir haben die Gutscheine zusammen mit einer Büchertasche über die Lehrkräfte an Alleinerziehende, Familien und Migranten verteilt“, sagt Maren Töbermann. „Die Freude war riesengroß.“ In den Familien sei das Geld knapp, auch, weil aktuell die Schulverpflegung wegfalle und damit auch zum Mittag Lebensmittel besorgt werden müssten.
Felix Gehring von der Apostelkirche Harburg verteilte im Stadtteil Eißendorf 40 Gutscheine an Menschen, von denen er wusste, dass sie insbesondere durch Corona in Schwierigkeiten geraten waren. „Es ist eine großartige Aktion“, sagt er. „Sie hat uns ermöglicht, auf die Menschen zuzugehen und ihnen zu helfen, bevor sie bitten mussten.“ Denn gerade in Eißendorf falle es den Betroffenen schwer, sich in ihrer Bedürftigkeit zu outen. „Hier will niemand zeigen, dass er Hilfe braucht“, so der Gemeindepädagoge. Gehring aber weiß, wo es knapp ist.
Also hat er gezielt die Menschen kontaktiert, die Unterstützung brauchen. Sven Görecke gehört dazu. Der gelernte Tischler hat drei Kinder im Alter von fünf, sieben und 13 Jahren. Er ist arbeitslos, lebt von Hartz IV. Seit Jahren versucht er vergeblich beruflich Fuß zu fassen. Die Familie hangelt sich finanziell irgendwie durch. „Mit dem 25-Euro-Gutschein haben wir für drei Tage Lebensmittel besorgen können“, sagt Sven Görecke. „Drei Tage haben wir gut leben können.“ Gemeindepädagoge Felix Gehring hat sich vorgenommen, genau das der fünfköpfigen Familie noch einmal zu ermöglichen. Den letzten Gutschein, den er noch zu vergeben hat, hat er für die Göreckes zurückgelegt. In den kommenden Tagen will er ihn der Familie überreichen. Er freut sich schon darauf.