Hamburg. Miro Ilic musste den Start für das Vierundvierzig QM an der Großen Brunnenstraße mehrfach verschieben. Was die Gäste jetzt erwartet.
Wie beschreibt man das Gefühl, wenn es nach viele großen und kleinen Hindernissen endlich losgeht? Miro Ilic überlegt einen Moment. „Erleichtert“, sagt der Gastronom. „Nein, glücklich.“ Er sitzt an einem der hinteren Tische seines neuen Cafés Vierundvierzig QM in Ottensen, das am Sonnabend eröffnet hat. „Als ich die Tür zum ersten Mal geöffnet habe und der erste Gast hereinkam, ist die ganze Anspannung von mir abgefallen.“ Klar, dass das erste Getränk aufs Haus ging.
Über Monate hat der 33-Jährige geplant, organisiert und auch selbst Hand angelegt, um aus der Rohbaufläche im Erdgeschoss eines Neubaus an der Großen Brunnenstraße einen kulinarischen Spot nach seinen Vorstellungen zu machen. Das Ergebnis: ein heller, hoher Raum in Pastelltönen und mit viel Liebe zum Detail.
Neues Café in Hamburg-Ottensen hat eröffnet – nach vielen Hindernissen
Limone, Rosé, Flieder – die Farben finden sich im stylischen Retro-Muster an der Wand und im selbst entworfenen Tresen, in Stühlen und Hockern, auf der Speisekarte und sogar beim Geschirr. 34 Plätze hat der Ableger seines Kultcafés Vierundvierzig QM in der Neuen Mitte Altona. „Es ist anders hier in Ottensen, aber Angebot, Qualität und Service bleiben gleich“, verspricht Miro Ilic. Schon am Tag vor dem offiziellen Start gab es beim ersten Probelauf viel Lob von den Gästen.
Nachdem der Gastronom seine Expansionspläne Anfang Mai trotz aktueller Gastro-Krise angekündigt hatte, begleitet ihn das Abendblatt bei der Umsetzung. Und man könnte sagen: Aus dem geplanten Sprint zur neuen Dependance ist vielleicht kein Marathon, aber eine Mittelstrecke geworden.
30.000 Euro Umsatz fehlen durch Verzögerungen
Wegen mehrerer Rückschläge hat sich die Eröffnung letztlich um satte vier Wochen nach hinten verschoben: auf Ende Juli statt Ende Juni. Das ist richtig teuer, geschätzte 30.000 Euro Umsatz fehlen dem Jungunternehmer. „Die Einbußen sind hart.“ Trotzdem versucht er der Sache noch etwas Gutes abzugewinnen. „So hatten wir mehr Ruhe, an den Feinheiten zu feilen.“
Zuletzt war es der fehlende Stromzähler, der den Wirt noch mal eine Woche gekostet hat. Wegen Kommunikationsproblemen war der nicht rechtzeitig bestellt worden. Klar, dass ohne Strom in einem Café nichts geht. Erst seit vergangenem Dienstag ist dieser Zustand beendet. Selten hat sich jemand so sehr über einen Elektriker-Einsatz gefreut.
Halteverbotsschild fehlte, Umbau stand still
Auch davor hatte Ilic schon mit kleineren und größeren Problemen zu kämpfen gehabt. Kurios: Weil die Bestellung eines Halteverbotsschilds per E-Mail übersehen worden war, konnte der Fußbodenleger den Estrich nicht plangemäß gießen. Das setzte eine Kettenreaktion in Gang: Elektroleitungen konnten nicht angeschlossen, der Sanitärbereich nicht eingebaut und der Tresen nicht aufgebaut werden. Ende Juni, als das Café eigentlich schon so gut wie fertig sein sollte, saß Ilic noch in einem Rohbau.
In den vergangenen Tagen hat der Herzblut-Gastronom den Eröffnungsturbo angeworfen. „Seitdem sind ich und mein Team jeden Tag 15 Stunden hier.“ Parallel sorgt er dafür, dass der Betrieb im Vierundvierzig QM in der Neuen Mitte Altona läuft. Seit November 2020 ist der Frühstücksspot geöffnet. Miro Ilic, der eigentlich Versicherungskaufmann ist, aber schon als Schüler im Lokal seines Onkels hinter dem Tresen stand, hat seinen ersten eigenen Laden mit seinen Ersparnissen und einem Bankkredit aufgebaut, trotz Corona-Lockdown und allem, was danach noch kam.
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Miro Ilic ist eben einer, der nach vorn guckt. Besonders stolz ist er auf die Speisekarte, die er mit leichten Veränderungen mit seinem dreiköpfigen Küchenteam weiterentwickelt hat. Neu ist, dass es neben aufwendig belegten Broten (ab 13,90 Euro), Müsli-Bowls mit frischem Obst (9,50 Euro)und Waffeln (ab 5,50 Euro) weitere Eierspeisen, wie Egg Benedict mit Lachs oder auch vegetarisch gibt (ab 14,90 Euro). Außerdem bietet das Vierundvierzig QM eine kleine Mittagskarte, auf der Grapefruit-Salat (7,90 Euro) steht, Süßkartoffel-Toast (13,90 Euro) und Bananenbrot (8,90 Euro).
„Ich wollte Sachen, die es so in Hamburg nicht gibt“, sagt Ilic. Im Vergleich zu seinem Café in der Neuen Mitte Altona habe er die Preise etwas reduziert. Einen Cappuccino gibt es für 3,90 Euro, ohne Aufschlag für Hafermilch & Co. Ein kleines Glas Tafelwasser kostet 1,90 Euro. Die selbst gemachten Limonaden stehen für 4,90 Euro auf der Karte. Zwölf Beschäftigte hat er für seinen neuen Laden engagiert, darunter zwei geflüchtete Frauen aus der Ukraine. 80.000 Euro stecken in dem Projekt.
Geöffnet hat das Café übrigens täglich, von Montag bis Sonntag, von 9 bis 16 Uhr.
Nach vielen Hindernissen – neues Café eröffnet in Ottensen
Jetzt müssen nur noch die Gäste kommen. Dass es rundherum schon viele Cafés gibt, macht den Gastronomen nicht bange. Auch nicht, dass erst in dieser Woche ein bekanntes Lokal in der Ottensener Hauptstraße nach nur drei Jahren aufgegeben hat. „Ich weiß, was wir können“, sagt der Hamburger mit serbischen Wurzeln, der vor einem guten Jahr Vater geworden ist. Und nur wer ihn nicht kennt, wundert sich jetzt: Miro Ilic hat schon wieder neue Pläne.