Hamburg. Wer einen Termin beim Landesbetrieb Verkehr braucht, muss viel Geduld mitbringen. Nicht nur Privatkunden sind genervt. Die Hintergründe.

Einen Neu- oder Gebrauchtwagen in Hamburg zulassen? Schwierig! Spontan zum Landesbetrieb Verkehr (LBV) zu fahren, um dort die dafür notwendige Bürokratie schnell zu erledigen, damit man anschließend direkt mit neuen Plaketten und amtlichem Kennzeichen losfahren kann? Keine Chance! „Eine Bearbeitung Ihres Anliegens ohne vorherige Terminvereinbarung ist leider nicht möglich“, heißt es klar und deutlich auf der Website des LBV. Also muss jeder Autobesitzer, der die Zulassungspapiere auf klassische Weise benötigt, zuerst einen Termin vereinbaren. Doch das kann dauern.

Auto Hamburg: Langes Warten auf die Kfz-Zulassung – ein „Trick“ hilft weiter

Das Abendblatt hat nachgefragt, mit welcher Wartezeit man bei einer solchen Terminvergabe rechnen muss. „Im Juni beträgt die aktuelle durchschnittliche Wartezeit eines Kunden auf einen Termin 5,8 Öffnungstage“, heißt es aus der zuständigen Verkehrsbehörde. Das klingt vertretbar. Doch Obacht: Die genannte Zahl ist laut Verkehrsbehörde „ein Durchschnitt über alle Dienstleistungsangebote, die per Termin in der Fahrzeugzulassung gebucht werden können“ und beinhalte beispielsweise Außerbetriebsetzung, Neuzulassung und die Änderung von Fahrzeugpapieren. Neben der eigentlichen Zulassung sind darin auch sogenannte Kurzdienstleistungen wie Nachstempelung von Kennzeichen oder die Namens- und Adressänderung enthalten.

Aktuell muss man 15 bis 19 Kalendertage auf die Zulassung warten

Geht es nur um Neu- und Wiederzulassungen, sieht die Sache anders aus. Eine Aufstellung des LBV für das Abendblatt zeigt hier Wartezeiten zwischen 9,73 Tagen beim LBV Mitte und 11,42 Tagen beim LBV Nord, jeweils bezogen auf den Juni und auf Werktage. Doch selbst das ist nicht mehr der aktuellste Stand der Dinge. Ein Abendblatt-Test zur Buchung von Terminen ergab Anfang Juli Wartezeiten – diesmal nach Kalendertagen, da diese für Autobesitzer ja eigentlich relevant sind – zwischen 15 Tagen in Bergedorf, Mitte oder beim LBV West, 16 Tagen in Harburg und sogar 19 Tagen beim LBV Nord.

LBV Hamburg hat bereits zusätzliche Stellen ausgeschrieben

Der Behörde ist das Problem offenbar bewusst, denn sie teilt nach Rücksprache mit dem LBV mit: „Die aktuelle Wartezeit ist auch mit der erhöhten Terminnachfrage nach Saisonkennzeichen verbunden. Um die Terminsituation an den einzelnen Standorten zu verbessern, hat der LBV zusätzliche Stellen ausgeschrieben. Erste Kolleginnen und Kollegen sind bereits vor Ort, weitere folgen. Der zusätzliche Personaleinsatz soll sich nach einer kurzen Einarbeitungszeit bemerkbar machen.“ Wann genau? Dazu wird nichts mitgeteilt.

Autohandel und ADAC kritisieren: lange Wartezeiten nicht akzeptabel

Der Autohandel ist von der Situation nicht sonderlich begeistert. Michael Babick, Sprecher der Geschäftsführung des Hamburger Mehrmarkenhändlers Krüll Motor Company: „Die Wartezeiten von rund zwei Wochen auf einen Zulassungstermin sind sehr unerfreulich. Früher ging das in höchstens drei oder vier Tagen. Unsere Kunden sind verärgert, und für uns bedeutet das erhöhte Zinskosten, außerdem stehen die Stellplätze voll. In manchen Fällen kann es auch Probleme mit Verkaufskampagnen der Hersteller geben, wenn durch die Verzögerung der Endtermin einer solchen Aktion überschritten wird.“

Auch Christian Hieff, Sprecher des ADAC Hansa, kennt die Problematik gut: „Immer wieder gibt es Beschwerden unserer Mitglieder, dass das so lange dauert. Wer seinen Wagen im öffentlichen Raum parken muss, ist darauf angewiesen, schnell an eine Zulassung zu kommen, sonst drohen Bußgelder.“

Schnelle, aber komplizierte Alternative sind Onlinezulassungen

Eine Alternative zu den Vor-Ort-Terminen beim LBV sind reine Onlinezulassungen. Die gehen – in der Theorie zumindest – tatsächlich fast ohne Wartezeit, sind allerdings im Handling alles andere als nutzerfreundlich. Und das liegt nicht nur an den hohen Sicherheitsstandards. So muss man sowohl einen Ausweis mit Chip und freigeschalteter Online-Funktion als auch eine spezielle App auf seinem Smartphone haben, um überhaupt zu den entscheidenden Feldern zu gelangen.

Kfz-Kennzeichen - Kurzzeitkennzeichen
Bei Saisonkennzeichen geht die Bearbeitung schneller, Termine gibt es nach wenigen Tagen. © picture alliance / dpa Themendienst | Markus Scholz

Das ist aber noch nicht die letzte Hürde. „Auf dem Weg zu den Feldern, in denen ich Daten eintippen musste, habe ich festgestellt, dass einige Browser auf meinem Laptop und dem Handy gar nicht alle Fenster öffnen wollten, die ich für weitere Schritte benötigt hätte“, klagt ein Abendblatt-Leser, der anonym bleiben möchte.

Er hatte sich Ende Mai einen Gebrauchtwagen zugelegt und dann versucht, diesen komplett online zuzulassen, was erst nach vielen enervierenden Fehlversuchen und insgesamt mehr als zwei Stunden vor dem Bildschirm gelang. Tückisch ist dabei auch das Suchen der richtigen Codes. Dazu muss man nämlich auf den alten Papieren eine Folie abziehen und hoffen, dass man die Zahlen und Buchstaben nicht ruiniert.

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Privatpersonen haben in Deutschland im Grundsatz seit fünf Jahren die Möglichkeit, online Fahrzeuge an- oder umzumelden. In Hamburg ist das seit Ende Januar 2021 möglich. Im September 2023 senkte der Staat dann die Gebühren für alle Zulassungsvorgänge via Internet und ermöglichte auch Autohäusern und Zulassungsdienstleistern einen Zugang ohne persönlichen Behördengang. Zuvor hatten diese oft für Staus bei der Vergabe von Vor-Ort-Terminen gesorgt, auch haben zwielichtige Zeitgenossen bis ins Jahr 2023 hinein versucht, Termine unter der Hand zu verkaufen.

Projekt „i-Kfz“ in vielen Kommunen von Problemen ausgebremst

Für das von der FDP geführte Bundesverkehrsministerium war die letzte Stufe des Projekts „i-Kfz“ eine „kleine Revolution bei der Verwaltungsdigitalisierung“. Doch in der Praxis gab es Probleme. Hacker hatten in Nordrhein-Westfalen Sicherheitslücken ausgenutzt. Das Kraftfahrt-Bundesamt verlangte deshalb von allen Kommunen einen Nachweis, dass deren Systeme geschützt sind. Städte und Gemeinden, die diesen Nachweis bis Ende Dezember nicht vorlegen konnten, mussten das Angebot zunächst wieder abschalten.

Onlinezulassung in Hamburg schon seit Januar 2021 möglich

In Hamburg ist das, anders als im Umland, nicht passiert. „Der LBV bietet über seine Homepage die internetbasierte und wartezeitfreie Fahrzeugzulassung (i-Kfz) an“, heißt es aus der Verkehrsbehörde. Die Onlinezulassung der Fahrzeuge sei mit keiner Wartezeit verknüpft, die Unterlagen würden den Anmeldern nach wenigen Tagen per Einschreiben zugestellt. „Wir sehen, dass dieser digitale Service bei den Kundinnen und Kunden gut ankommt. Im Juni (Stand: 26.6.) nutzen bislang 2201 Kunden i-Kfz und 3465 Kunden die Dienstleistung vor Ort.“

Die neuen Plaketten und Papiere kommen per Einschreiben

Auch der Abendblatt-Leser, der seinen Gebrauchtwagen schließlich – trotz des komplizierten Handlings – erfolgreich online ummelden konnte, musste nicht lange warten, um mit dem Auto starten zu können. Bereits beim Abschluss der Onlineanmeldung konnte er eine vorläufige Zulassungsbescheinigung ausdrucken, die in Verbindung mit den für 17,60 Euro im Internet bestellten Kennzeichen (Lieferzeit: zwei Werktage) die Teilnahme am Straßenverkehr erlaubte. Ein paar Tage später kamen dann per Einschreiben die finalen Plaketten zum Selbstaufkleben sowie die neuen Fahrzeugpapiere an. Gekostet hat der Behördengang via Internet 31,20 Euro, wobei 10,20 Euro auf das Wunschkennzeichen entfielen.

Auto Hamburg: Teurer sind professionelle Dienstleister. Sie wissen, wie es geht

Alternativ hätte es auch noch die Möglichkeit gegeben, einen professionellen Kfz-Zulassungsdienst zu beauftragen. Diese werben damit, Papiere und Kennzeichen zeitnah und ohne lästige Bürokratie beschaffen zu können. Marktführer in diesem Bereich ist eigenen Angaben zufolge der Kfz-Dienstleister Kroschke aus Ahrensburg, der über mehr als 500 Niederlassungen verfügt. Die Zulassung kostet dort laut Kroschke-Website 149 Euro (inklusive Kennzeichen) und dauert insgesamt drei bis sieben Werktage. Es gibt jedoch zahlreiche weitere Dienstleister, die man im Internet findet. Wie gut diese arbeiten, verrät meistens ein Blick auf Portale wie Trustpilot oder auch die Google-Bewertung.