Hamburg. Die Sorge vor der Fusion von HHLA und Eurogate wächst. Mitarbeiter werden in Kleingruppen-Sitzungen auf Umstrukturierung vorbereitet.
Es braut sich etwas zusammen im Hafen. Weil die beiden großen Umschlagkonzerne HHLA und Eurogate Umstrukturierungen und hohe Millioneneinsparungen angekündigt haben und sogar eine Fusion planen, wächst bei den Beschäftigten die Sorge um ihre Arbeitsplätze. Zum Hintergrund: Im Konkurrenzkampf mit ihren Wettbewerbern in Rotterdam und Antwerpen verlieren die Terminals an Boden, die Reedereien können ihnen mit ihrer durch Zusammenschlüsse gewachsenen Marktmacht die Preise diktieren.
HHLA und Eurogate sehen sich nun gezwungen, Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Die Frage ist, wie viele Beschäftigte der Hafen in Zukunft noch benötigen wird. Diese Ungewissheit nagt an den Nerven der Hafenarbeiter und sucht nach einem Ventil: Am 11. Dezember, einen Tag vor dem dritten Advent, wollen sie ihrem Ärger Luft machen.
Hamburger Hafen: Ver.di ruft zu Demonstration auf
Für diesen Tag hat die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di zu einer Demonstration vor dem Hauptgebäude der Hamburger Hafen und Logistik AG in der Speicherstadt aufgerufen. Bis zu 1000 Hafenarbeiter sollen kommen. Die Gewerkschaft bangt allerdings, ob sie die Veranstaltung angesichts der Corona-Pandemie wie vorgesehen abhalten kann oder verschieben muss. „Wir planen die Veranstaltung durchzuführen“, sagt Natale Fontana, Landesfachbereichsleiter Verkehr bei Ver.di, über den aktuellen Stand der Dinge.
„Die Unruhe unter den Kolleginnen und Kollegen ist groß.“ Die Gewerkschaft rechnet auch mit Teilnehmern aus anderen deutschen Häfen, da auch dort die Sorgen groß seien. „Unser gemeinsamer Flächentarifvertrag ist gefährdet. Deswegen gilt es, Arbeitsplätze, Tarife, Gesamthafenbetriebe zu verteidigen in Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Rostock, Emden, überall. Seid bei unserem Auftakt in Hamburg dabei“, heißt es in dem Aufruf.
„Geduld der Beschäftigten überstrapaziert“
„Wir sind nicht grundsätzlich gegen Veränderungen. Wenn es gelingt, die Marktmacht der Reeder zu brechen, sind auch wir mit dabei“, sagt der Konzernbetriebsratsvorsitzende der HHLA, Norbert Paulsen. „Aber der Druck durch die angekündigte Automatisierung und Digitalisierung ist schon groß. Und wenn jetzt noch die Fusionspläne von HHLA und Eurogate dazukommen, ist die Geduld der Beschäftigten überstrapaziert.“ Eine Fusion mache man nur, um Synergien zu heben. Diese dürften aber nicht zu einer Verschlechterung von Arbeitsbedingungen oder dem Abbau von Arbeitsplätzen führen. „Ein Hafen ohne Beschäftigte ist kein Hafen mehr, sondern nur noch eine leere Hülle.“
IT-Störung |
Das Containerterminal Altenwerder war am Montag von einer IT-Störung betroffen. Am Morgen stauten sich die Lkw vor der Zufahrt. Um 0.50 Uhr hatte es einen Teilausfall des Computersystems gegeben. Dadurch konnten die angelieferten Container nicht mehr abgefertigt werden. Um 7.40 Uhr schien der Fehler behoben zu sein. Doch gegen Mittag brach das System erneut zusammen. Diesmal musste das gesamte Terminal vom Netz gehen, um den Fehler in der Software zu lokalisieren.Am Nachmittag gab es deshalb einen Rückstau der Fahrzeuge über den Finkenwerder Knoten hinweg bis zur Autobahn 7. Ein Hackerangriff könne ausgeschlossen werden, sagte am Montagnachmittag ein HHLA-Sprecher. Der Fehler sei inzwischen lokalisiert und werde nun behoben. Ab wann der Betrieb wieder normal verlaufen werde, konnte der Sprecher nicht sagen. |
Klar ist, dass der Sparzwang hoch ist. Die HHLA hat beispielsweise ein Zukunftsprogramm aufgelegt, mit dem sie durch Automatisierung und Effizienzsteigerung 120 bis 150 Millionen Euro einsparen will. Demnach sollen beispielsweise die Kosten für jeden umgeschlagenen Container um 30 Euro reduziert werden.
HHLA veranstaltet Zukunftslabore
Am Containerterminal Burchardkai sei die Erlössituation 30 bis 40 Euro schlechter als in Rotterdam und Antwerpen, heißt es. „Durch Automatisierung und Digitalisierung wollen wir unsere Anlagen wieder wettbewerbsfähig machen. Indem wir das Kerngeschäft nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich entwickeln, schaffen wir uns den Raum, um in Wachstumsfelder zu investieren und damit neue Beschäftigung im Hafen zu schaffen“, sagt HHLA-Arbeitsdirektor Torben Seebold.
„Sozialverträglich und sozialpartnerschaftlich“ solle das Programm umgesetzt werden, so das Vorstandsmitglied. Um den Beschäftigten die Ängste zu nehmen, hat die HHLA nun Gruppensitzungen ins Leben gerufen. „Die erforderlichen Schritte werden nicht von oben diktiert, sondern mit den Mitarbeitern gemeinsam entwickelt. Dazu veranstalten wir mit allen Beschäftigten der HHLA sogenannte Zukunftslabore. Das sind Ganztagsseminare mit jeweils 16 Mitarbeitern, bei denen wir ihnen erklären, wie die Lage ist, wo wir im Wettbewerb stehen und wo wir hinmüssen. Diese Zukunftslabore werden sehr gut angenommen“, sagt Seebold. Bereits 400 Mitarbeiter hätten daran teilgenommen.
Hamburger Hafen: Ver.di in Sorge um Gesamthafenbetrieb
Besonders kritisch sieht Ver.di die Situation des Gesamthafenbetriebs (GHB). Dieser ist ein Beschäftigungspool für Hafenarbeiter, die bei keinem der Terminals direkt angestellt sind. Die rund 1000 GHB-Mitarbeiter werden an die Hafenfirmen ausgeliehen, um Spitzen in der Arbeitsbelastung abzudecken. Wenn HHLA und Eurogate fusionieren, werde man diese Mitarbeiter aber nicht mehr benötigen, weil die Terminals dann intern die Arbeit verteilen könnten, so die Befürchtung. „Fällt der GHB, fällt auch der Hafentarif“, sagt Gewerkschafter Fontana.
HHLA-Vorstand Seebold hält dagegen: „Wir haben kein Verständnis dafür, wenn mit den Ängsten der Mitarbeiter durch das Verbreiten falscher Behauptungen gespielt wird. Es trifft nicht zu, dass der Gesamthafenbetrieb abgeschafft werden soll.“ Wie auch immer: Im Hafen droht ein heißer Winter.