Hamburg. Die Wirtschaftsbehörde spricht vom “Damoklesschwert russischer Aggression“. Wie HHLA und Handelskammer reagieren.
Noch am Mittwoch will die EU neue Sanktionen gegenüber Russland in der Ukraine-Krise bekanntgeben: "Daher schwebt über den Wirtschaftsbeziehungen das Damoklesschwert der russischen Aggression gegenüber der Ukraine und darauf zwingend erfolgender Sanktionen aus dem Westen", heißt es aus der Wirtschaftsbehörde zu den möglichen Folgen für die Hamburger Wirtschaft.
Zwar seien die Verbindungen zwischen "Hamburg und der Russischen Föderation eng und etabliert", die Beziehung zwischen den Geschäftspartnern "freundschaftlich". Dennoch fänden diese eben nicht "losgelöst von internationaler Politik statt", wie Susanne Meinecke, Sprecherin der Behörde, auf Abendblatt-Anfrage erläutert.
Ukraine-Krise: "Es darf nicht das Recht des Stärkeren gelten"
"Die BWI (Behörde für Wirtschaft und Innovation, Anm. d. Red.) unterstützt die Bundesregierung und die Europäische Union darin, deutliche Antworten an die russische Seite zu adressieren. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der guten und wichtigen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland. Unsere Solidarität gilt der Ukraine, deren territoriale Integrität und politische Souveränität nicht verhandelbar ist. Internationales Recht und die Anerkennung existierender Grenzen sind das Fundament, an der wir das politische Handeln Russlands messen und bereit sind, wirtschaftliche Interessen hintenanzustellen", sagt Meinecke.
"Der Erfolg der Hamburger Außenwirtschaft beruht auf klaren Regeln, Verlässlichkeit, gegenseitigem Respekt und einem friedlichen Miteinander. Es kann und darf nicht das Recht des Stärkeren gelten, sondern das Völkerrecht und das Miteinander in multilateraler Ordnung", so Meinecke weiter. Die erwarteten schärferen Sanktionen träfen die Hamburger Wirtschaft mindestens mittelbar, teils aber auch direkt: "Unmittelbare Folgen würden nach Einschätzung der Wirtschaftsbeteiligten in Hamburg vor allem die Bereiche Hafen, Schifffahrt und Logistik, Luftfahrt, Mineralölerzeugnisse, Kupfer sowie Erdöl/-gas betreffen."
HHLA gibt sich in der Ukraine-Krise bisher entspannt
Speziell der Hafen gibt sich aber derzeit noch betont entspannt: Schon jetzt sei der Handel mit Russland durch die weiter bestehenden Sanktionen aus dem Jahr 2014 "sehr stark eingeschränkt", erklärte HHLA-Sprecherin Carolin Flemming am Mittwoch beim Nachrichtensender n-tv.
Am Containerterminal in der ukrainischen Millionenstadt Odessa, das die HHLA dort betreibt, hat die Krise bisher nur wenige Auswirkungen: Zwar gebe es einen Krisenstab und alle Mitarbeiter, deren Arbeit dies zuließe, seien angehalten, von zu Hause aus zu arbeiten, so Flemming weiter. Dienstreisen in die Ukraine fänden derzeit ebenfalls nicht statt. Davon abgesehen jedoch hat die sich verschärfende Krise bisher keine größeren Auswirkungen. Odessa liegt weit im Westen der Ukraine am Ufer des Schwarzen Meers.
Ukraine-Krise: Hamburger Unternehmen sind besorgt
Doch nicht nur der Hafen macht Geschäfte mit Russland, die durch die anstehenden Sanktionen bedroht sind, wie Philip Koch, Leiter des Stabsbereichs Strategie und Internationale Beziehungen der Handelskammer Hamburg, auf Abendblatt-Anfrage erklärt. Zwar hätten sich die Unternehmen bereits seit 2014 "auf schwierige Bedingungen" im Handel mit Russland und der Ukraine eingestellt, akut jedoch steige die Besorgnis.
Besonders eine Verschärfung der Finanzsanktionen "könnte die in Russland aktiven Unternehmen empfindlich treffen. So könnten Hamburger Unternehmen nur noch sehr schwer Zahlungen aus Russland für ihre Güter und Dienstleistungen erhalten", erklärt Koch. Zwar sei noch nicht absehbar, welche Branchen besonders getroffen würden, schon jetzt würde aber die Finanzierung von Geschäften mit Russland schwieriger.
Koch spricht auch über den Warenverkehr zwischen der Hansestadt und Russland: "Mit neuen verschärften Sanktionen und Gegenmaßnahmen könnte nicht nur der Außenhandel, sondern mit ihm auch der seewärtige Containerverkehr zwischen Russland und dem Hamburger Hafen weiter sinken. Allerdings hat sich der Umschlag schon infolge der Sanktionen nach der Annexion der Krim seit 2014 bis heute auf rund 350.000 TEU (20-Fuß-Container, Anm. d. Red.) halbiert".