Hamburg. Freizeitspaß im Freien mit hoher Nachfrage in Corona-Zeiten – mehr Kunden können aber nicht aufs Gelände in Ochsenwerder.
Sie schlecken weder mit der Zunge um das Maul herum noch können sie mit dem Schwanz wedeln und stehen tagein, tagaus auf derselben Stelle – aber auf dem Bauernhof in Ochsenwerder gehören Kuh und Kalb zu den beliebtesten Fotomotiven. Mitten auf der grünen Wiese sind sie Attraktion und Hindernis zugleich. Freizeitsportler packen sich zunächst den Fußball auf die grüne Startmatte und schießen ihn dann in Richtung der beiden 40 Meter entfernt stehenden schwarz-weißen Plastiktiere.
„Hinter den Beinen ist das Ziel“, sagt Kathrin Soltau. Nach drei Schüssen soll der Ball in das weiße Rund fallen. Dann wäre die Bahn 8 mit der vorgegebenen Anzahl an Versuchen erfolgreich beendet. Par 3, sagt der Golfer dazu – und der wird auf dem Bauernhof der Familie Soltau weniger elitär als vielmehr bodenständig abgeholt.
Golf auf dem Bauernhof: Kleiderordnung und Platzreife gibt es nicht
Seit 1872 gibt es den landwirtschaftlichen Betrieb an der Norderelbe. Das Kerngeschäft bildeten jahrzehntelang Getreideanbau und Bullenmast. Dann kam BSE und ließ die Rindfleischpreise sinken, sodass die Bullenmast aufgegeben wurde. Thomas Soltau entwickelte eine neue Idee. Er hörte von Swingolf, das in Frankreich erfunden wurde und praktisch Golf für jeden ist. Statt einer Tasche voller Hölzer, Eisen und Putter wird nur ein Schläger mitgenommen, mit dem der Ball mit möglichst wenig Schlägen in ein eimergroßes Loch befördert wird. Kleiderordnung und Platzreife gibt es nicht. Im Jahr 2010 eröffnete er auf zehn Hektar die Anlage.
Anfangs sei es etwas zäh angelaufen, bis es sich rumgesprochen habe, erinnert sich Kathrin Soltau, die Ehefrau von Thomas, der an diesem sonnigen Vormittag mit der Weizenernte zu tun hat. Auf drei weiteren Hektar kam vor sechs Jahren Fußballgolf hinzu. „Swingolf und Fußballgolf sind eine wichtige Einnahmesäule für den Hof geworden“, sagt die 45-Jährige und ist froh, dass sie sich für den Einstieg in die Freizeitwirtschaft entschieden haben – auch wenn der Getreideanbau weiterhin den weitaus größten Teil der Hoffläche einnimmt.
Corona-Krise traf auch die Soltaus
Die Corona-Krise traf allerdings auch die Soltaus. Normalerweise eröffnen sie – je nach Wetter – im März oder spätestens im April ihre Anlage. In diesem Jahr war es erst im Juni so weit. Wegen der damals geltenden scharfen Regelungen sei es vorher nicht lohnend gewesen. Dann verlief der Saisonstart gut. „Die Nachfrage war schon sehr hoch“, sagt Kathrin Soltau. Schließlich bietet die Anlage am Gauerter Hauptdeich in Corona-Zeiten nahezu perfekte Eigenschaften. Es ist eine Freizeitattraktion im Grünen, an der frischen Luft, mit viel Platz zum Abstand halten und ohne Pflicht zum Maskentragen.
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Alle Anfragen konnte sie allerdings nicht erfüllen. „An der Anmeldung dürfen sich nicht zu viele verschiedene Personen gleichzeitig aufhalten“, sagt Kathrin Soltau. Sie führte daher für den Ticketverkauf 15-Minuten-Slots ein. Teilweise werden auch längere Zeiträume geblockt, wenn sich größere Gruppen anmelden. An einigen Tagen meldete sie zwar ausverkauft.
Nachfrage zwischen Fußball- und Swingolf ist ausgeglichen
Auf der Anlage sind dann rund 80 Menschen, die als Erwachsene 11 Euro für Swingolf und 10 Euro für Fußballgolf zahlten. Kinder und Jugendliche von sechs bis 15 Jahre sind mit jeweils 7 Euro dabei. Doch unterm Strich fehlen im Vergleich zu der Vor-Corona-Zeit noch rund ein Drittel der Gäste. Das liegt vor allem an den Betriebsfeiern, die lange Zeit ausfielen. So langsam kämen diese aber wieder und stärkten ebenso wie Schulklassen die Auslastung unter der Woche. „Am Wochenende ist mehr los, da kommen viele Familien“, sagt Kathrin Soltau. Auch Junggesellenabschiede oder Kindergeburtstage würden wieder etwas stärker nachgefragt.
Tendenziell griffen Jüngere eher zum Lederball, Ältere zum Schläger. Grundsätzlich sei die Nachfrage zwischen Fußball- und Swingolf ausgeglichen. Geöffnet ist bis Oktober mittwochs bis sonntags von 11 bis 20 Uhr. Letzter Starttermin ist aber schon um 17.30 Uhr. Denn für eine Runde Fußballgolf müssen zwei bis zweieinhalb Stunden auf den 20 Bahnen eingeplant werden, die längste misst gut 100 Meter.
Für Transport von Speisen und Getränken haben sie sich etwas Besonderes einfallen lassen
Eine Runde Swingolf mit 18 je bis zu 240 Meter langen Bahnen kann sogar drei bis vier Stunden dauern. „Man läuft zehn Hektar ab“, sagt Soltau. Das würden viele unterschätzen. Umwege bei schiefen Abschlägen oder zeitaufwendiges Suchen eines Balles in einem der Gräben, die sich zwischen den Feldern langziehen, gehören dazu. Zudem werde auch mal geschnackt, gesnackt und getrunken.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Für den Transport von Speisen und Getränken haben sich die Soltaus etwas Besonderes einfallen lassen. „Jede Gruppe bekommt, wenn sie möchte, einen Bollerwagen“, sagt Kathrin Soltau. Flaschenhalter aus Holz sind eingebaut, Platz für eine Kühltruhe ist ebenfalls vorhanden. Und wer erst im Laufe des Spiels Hunger und Durst bekommt, kann den Lieferservice anrufen.
Die Telefonnummer dafür steht auf der Scorekarte, auf der die Anzahl der gebrauchten Versuche bis zum Einlochen notiert wird. „Wir bringen auch Pommes auf die Bahn. Es ist zwar manchmal schwierig, eine Currywurst zu transportieren. Aber wenn einer das möchte, kriegen wir auch das hin“, sagt sie.
Gastroangebot bauten die Soltaus in den vergangenen Jahren stetig aus
Mitunter kommen dann mit dem Golfcart auch ihre beiden 17 und 12 Jahre alten Töchter angebraust. Denn vor allem am Wochenende, wenn das Geschäft brummt, bessern sie sich ihr Taschengeld als eine der bis zu fünf Mitarbeiter/-innen pro Tag auf. Die Preise sind mit 1,90 Euro für eine 0,33-Liter-Flasche Coca-Cola, 1,50 Euro für eine Laugenbrezel und 2,50 Euro für Fritten moderat.
Das Gastroangebot bauten die Soltaus in den vergangenen Jahren stetig aus. Früher gab es nur Kaffee und Kuchen. „Wir haben gemerkt, dass die Leute Hunger haben, wenn sie drei, vier Stunden gespielt haben“, sagt Kathrin Soltau. Rund 40 Sitzplätze gibt es im ehemaligen Kälberstall, der zu einem Dielencafé umgebaut wurde. Etwa 100 seien es nach der letzten Vergrößerung auf der Terrasse. Es werden verschiedene Frühstücks- und Grillbuffetpakete angeboten.
Weil auch nach dem Ende des Lockdowns viele Restaurants noch nicht wiedereröffnet hatten, seien viele Kunden vor Ort geblieben und hätten in dem Café gegessen. Das half, die Mindereinnahmen aus dem geringeren Kartenverkauf zu lindern. Aber unterm Strich sei der Umsatz immer noch schwächer als vor Corona, sagte Kathrin Soltau, ohne ihn zu beziffern.
Stollenschuhe sind nicht erlaubt
Auf der Wiese kann zwar kleidungsmäßig alles getragen werden, Stollenschuhe sind allerdings nicht erlaubt. Als Hindernisse gibt es neben Agrargeräten wie einem alten Pflug, Düngemittelstreuer und Treckerreifen, Rampen und Hügel auch die olympischen Ringe und eine Torwand, durch die geschossen werden muss.
„Mein Mann hat die Ideen, Freunde von ihm bauen die dann“, sagte Kathrin Soltau. Beim sehr beliebten Fotoschnappschuss mit der Kuh ist übrigens Vorsicht angemessen. „Bin nicht so belastbar. Bitte nicht draufsetzen“, steht auf einem Schild auf dem Rücken. Eine Verletzung hat die Kuh schon erfahren. Unter dem rechten Auge klebt ein schwarzes Tape. Weshalb, ist unklar.