Hamburg. Mehr als als ein Dutzend bestens ausgebildeter Fachleute sind beim Deutschen Maritimen Zentrum beschäftigt.

Erster Stock links im Verwaltungsgebäude der Hamburger Werft Blohm+Voss. In den Büroräumen ist seit eineinhalb Jahren ein Verein zu Hause, auf dem die Hoffnungen des deutschen Schiffbaus ruhen: das Deutsche Maritime Zentrum (DMZ).

Hier arbeiten derzeit 14 und bald 16 gut ausgebildete Leute wie Biochemiker, Ingenieure, aber auch Volkswirte und eine Kapitänin an einem Ziel: dem deutschen Schiffbau, der gegenüber der weltweiten Konkurrenz an Boden verliert, zu alter Geltung zu verhelfen.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit fördern

„Uns wurden bei der Gründung vier Handlungsfelder mit auf den Weg gegeben“, sagt der Geschäftsführer des DMZ, Claus Brandt. „Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen maritimen Branche soll gestärkt werden, Innovationen sollen erkannt und schnell in die wirtschaftliche Anwendung transformiert werden.

 Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der maritimen Branche sind zu fördern, und schließlich ist die demografische Entwicklung im Blick zu behalten, damit der Branche auch künftig Nachwuchs zur Verfügung steht.“

Angesichts der Herausforderungen könnte man von einer Mammutaufgabe sprechen. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung gewarnt, dass vor allem chinesische Werften, die staatlich subventioniert werden, ihren deutschen Wettbewerbern Aufträge wegschnappen.

Aggressiv auftretende Wettbewerber aus Asien

„Aggressiv auftretende Wettbewerber aus Asien bedrohen nicht nur den maritimen Standort Deutschland, sondern Europa insgesamt. Insbesondere durch die chinesische Strategie der Spitzensubventionierung drohen im Marktsegment Kreuzfahrtschiffbau – ähnlich wie in der Vergangenheit bei Fracht-, Container- oder Tankerschiffen – Überkapazitäten“, heißt es von der Bundesregierung.

„In vielen Feldern der maritimen Branche, insbesondere im Schiffbau, wird es zukünftig notwendig sein, deutsche oder europäische Wege zu gehen“, so Brandt.

Das DMZ sieht sich dabei als Taktgeber für die drängenden Fragen der Gestaltung und Umsetzung von Forschung, Entwicklung und Innovation im Bereich der maritimen Branche. Wie wird sich der Seehandel entwickeln? Wie müssen Schiffe in Zukunft aussehen? Mit welchen Antrieben werden sie fahren? An allen diesen Fragen wird am DMZ gearbeitet.

DMZ erarbeitet auch die Richtlinien für den LNG-Einsatz bei Binnenschiffen auf dem Rhein

Das Zentrum sieht sich aber nicht nur als Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und nicht nur als Beratungsdienstleister, sondern greift direkt ein, wie mit einem neuen bundesweiten Leitfaden für einheitliche Vorschriften zum Bunkern des neuen Kraftstoffes aus Flüssigerdgas (LNG) in deutschen Seehäfen: „Wir haben den Leitfaden mit den rechtlichen Regelungen zusammen mit unserem Dienstleister Ramboll erstellt und arbeiten jetzt daran, diesen auch in die jeweiligen Verordnungen der Länder und der Häfen mit einfließen zu lassen.

Ziel muss es sein, dass Reedereien mit LNG-betriebenen Schiffen in jedem deutschen Hafen die gleichen rechtlichen Bedingungen vorfinden“, so Brandt. Derzeit erarbeitet das DMZ auch die Richtlinien für den LNG-Einsatz bei Binnenschiffen auf dem Rhein.

Denkverbote gibt es beim DMZ nicht

„Wir räumen Steine aus dem Weg und zeigen neue Wege auf“, sagt Brandt. Erst vor Kurzem habe ihn ein Universitätsprofessor aus Süddeutschland angerufen und ihm eine Erfindung präsentiert, die der Schifffahrt helfen könnte: „Er sagte, er könne grünes LNG herstellen.“ Nun erzeugt Flüssigerdgas bei der Verbrennung im Motor weniger Schadstoffe als Schiffsdiesel, dennoch handelt es sich um einen fossilen Brennstoff, der Kohlendioxid erzeugt.

„Ich fragte ihn, wie das gehen soll“, so Brandt. „Der Wissenschaftler antwortete mir, er habe einen Weg gefunden, freigesetztes CO2 mit Hilfe von Mikroben mit Wasserstoff zu verbinden, um daraus künstlich Methan herzustellen.“ Und was macht man mit einer solchen Information? „Wir untersuchen das jetzt und prüfen, ob das für die Schifffahrt eine umweltfreundliche, praktikable und wirtschaftliche Lösung sein kann“, so Brandt.

Denkverbote gibt es beim DMZ nicht. Auch nicht, als sich kürzlich zwei Tüftler meldeten, die Komponenten für selbstfahrende Schiffe ohne Besatzung entwickeln wollen. Ihre Idee: autonom fahrende Schiffe für kurze Seereisen in Europa. Nur für das letzte Stück in den Hamburger Hafen müsste dann noch eine Besatzung in Cuxhaven zusteigen.