Hamburg. Zum Ferienstart haben Preise für Kraftstoff noch mal angezogen. Experten geben Tipps, wie man sparen kann.

In fünf der 16 Bundesländer haben die Sommerferien bereits begonnen, am Wochenende kommt mit Nordrhein-Westfalen das bevölkerungsreichste hinzu – und die Preise für Benzin und Diesel sind so hoch wie noch nie in diesem Jahr. Der zum Beginn der Reisesaison übliche Preisaufschlag mag dazu beitragen, doch das allein daran kann es nicht liegen.

Die Kraftstoffpreise steigen seit Monaten kontinuierlich. Warum ist das so? Wieso ist das Tanken in Hamburg vergleichsweise günstig? Warum ist Diesel manchmal nur noch wenige Cent günstiger als Super E10? Wie werden sich die Preise weiter entwickeln? Im Abendblatt geben Experten Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Benzinpreise und das Tanken.

Wie stark sind die Kraftstoffpreise in den vergangenen Monaten gestiegen?
Noch im Oktober des vergangenen Jahres zahlten Dieselfahrer in Hamburg mit etwas Glück weniger als einen Euro pro Liter. Mittlerweile sind Preise von mehr als 1,40 an der Tagesordnung und ein Preis knapp über 1,30 Euro gilt als Schnäppchen. Bei Superbenzin (E10) ist der Preisanstieg nicht ganz so stark. Vor acht Monaten kostete ein Liter im bundesweiten Durchschnitt knapp 1,21 Euro, im Juni waren es laut Automobilclub ADAC annähernd 1,51 Euro.

 Tanken war allerdings schon schmerzhafter. Die bisherigen absoluten Spitzenpreise hierzulande wurden im Spätsommer 2012 ermittelt. Am 26. August 2012 kostete Diesel im Durchschnitt 1,554 Euro. Bei E10 wurden am 13. September 2012 genau 1,709 Euro aufgerufen. „Das bedeutet, das der Preis damals an einzelnen Tankstellen zu bestimmten Uhrzeiten durchaus um mehr als zehn Cent höher gelegen hat“, sagt Jürgen Albrecht, der Kraftstoffmarkt-Experte des ADAC.

Warum sind die Preise so stark gestiegen?
Dafür gibt es drei wesentliche Gründe: In den Hochzeiten der Pandemie mit Lockdowns, Homeoffice, Reisebeschränkungen und Ausgangssperren wurde tendenziell weniger Auto gefahren. Die Kraftstoffnachfrage sank, die Tankstellen senkten die Preise. Wichtiger noch war der Verfall der Rohölpreise. Im Frühjahr 2020 fielen sie stark, weil Rohöl weltweit sehr viel weniger nachgefragt wurde.

 Ein Barrel (159 Liter) wurde für um die 20 Dollar gehandelt. Derzeit sind es aber bereits wieder etwa 75 Dollar. Der zweite Grund: Zu Jahresbeginn wurde die zeitweise geltende Senkung der Umsatzsteuer aufgehoben. Das verteuerte Kraftstoff um zwei bis drei Cent. Drittens – wird seit Anfang 2021 die CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel erhoben. Die Preisaufschläge von zunächst sieben bis acht Cent pro Liter sollen ein Anreiz sein, weniger zu verbrauchen.

Wie ist die Preisentwicklung in Hamburg?
Im Grundsatz nicht anders als bundesweit. Allerdings tanken Autofahrer in Hamburg vergleichsweise günstig. Die Preise in der Hansestadt liegen zumeist einige Cent unter dem Bundesdurchschnitt. In der Rangliste der Bundesländer mit den günstigsten Preisen belegt Hamburg regelmäßig bei beiden Kraftstoffarten einen der vorderen Plätze. Die Daten in der Grafik sind allerdings nur mit Einschränkungen vergleichbar. Der monatliche Bundesdurchschnitt wird aus den Daten aller gut 14.000 Tankstellen errechnet. Der Wert für Hamburg beruht auf einer Stichprobe an nur einem Tag im Monat vormittags um 11 Uhr.

Warum ist Tanken in Hamburg günstiger als andernorts?
„In Städten mit einer hohen Tankstellendichte ist das tendenziell meist so“, sagt Albrecht. „Der Wettbewerb ist schlicht größer als in ländlichen Regionen.“ Weil es bei Benzin und Diesel – anders als bei Brötchen – keinen erkennbaren Qualitätsunterschied gibt, spielt der Preis bei der Entscheidung, wo getankt wird die ganz überwiegende Rolle.


Zu welcher Tageszeit ist Tanken am günstigsten?
Sieben Mal pro Tag gehen die Preise rauf, sechsmal runter lautet die Faustformel des ADAC. 2020 hatte es noch sechs Preisspitzen gegeben. Doch sind die Unterschiede zwischen dem günstigsten und dem höchsten Preis an einem Tag nun geringer. Derzeit sind es um die sieben Cent, 2020 waren es noch elf Cent. Laut ADAC sind die Preise um 7 Uhr morgens am höchsten, Anhebungen gibt es zumeist gegen 10, 13, 16 sowie kurz vor 18 Uhr, vor 20 Uhr sowie ab 22 Uhr. Zwischendurch bröckelt das Preisniveau immer wieder ab. An welcher Tankstelle aktuell welcher Preis für welchen Kraftstoff aufgerufen wird, ist relativ bequem auf den Internetseiten und den Smartphone-Apps etwa vom ADAC oder von clever-tanken abzurufen.

Warum verändert sich der Unterschied zwischen Diesel- und E10-Preisen?
Über ein Jahr und im bundesweiten Durchschnitt gesehen ist Diesel in der Regel 14 bis 15 Cent günstiger als E10, in diesem Jahr ist der Unterschied bislang nur geringfügig niedriger. „Die Steuer- und Abgabenlast auf Benzin ist zwar deutlich höher als auf Diesel, aber Diesel ist in der Herstellung teurer“, sagt Alexander von Gersdorff, der Sprecher des Branchenverbands MWV. In jüngster Zeit gibt es eine neue Tendenz: Diesel- und E10-Preis rücken zeitweise und an machen Tankstellen sehr viel enger zusammen.

So lag der Abstand am Montagmorgen bei HEM, Star und Jet an der Kieler Straße bei nur sieben Cent, nachmittags bei zwölf und am Dienstagmorgen bei elf Cent. Selbst Preisabstände von nur noch vier Cent wurden zuletzt gesichtet. „Das ist ein extrem geringer Unterschied“, sagt Albrecht vom ADAC. Es gibt eine Reihe möglicher Erklärungen: Eine allgemein höhere Nachfrage nach Diesel, weil mehr Lkw fahren oder der Versuch einer Tankstellenkette, kurzfristig den E10-Absatz zu erhöhen – um so die Bio-Quote zu erhöhen.

Warum ist E10 jetzt deutlich günstiger als Super?
Als E10 mit einem Bioethanol-Anteil von zehn Prozent 2011 eingeführt wurde, war ein Liter zumeist zwei bis drei Cent günstiger als Super E5, jetzt sind es bereits fünf, oft sechs Cent. „Die Anbieter müssen ihre Anstrengungen erhöhen, um die Treibhausgasquote im Verkehr zu erfüllen. Dazu müssen sie mehr Benzin E10 mit höherem Biokraftstoffanteil verkaufen“, sagt Branchenverbandssprecher von Gersdorff. Die Quote verlangt, dass ein gewisser Anteil von Bio-Ethanol oder -Diesel verkauft wird. Erreichen die Anbieter die Quote nicht, müssen sie das finanziell ausgleichen.

Wie entwickeln sich die Preise weiter?
Auf diese Frage geben selbst Experten in der Regel keine Antwort. Weil sie es selbst nicht wissen. Klar ist: Die Abgabenlast steigt. Bis 2025 erhöht sich die Co2-Abgabe Jahr für Jahr. Und in Berlin ist in den vergangenen Tagen viel diskutiert worden, ob es nicht gleich 16 Cent pro Liter mehr sein müssen, um die ehrgeizigeren Klimaziele zu erreichen.

Der wesentliche Faktor für die Tankstellenpreise aber ist der Rohölpreis. Und der ist von so vielen Faktoren abhängig, dass sich seriöse langfristige Prognosen verbieten. Am Dienstag immerhin war das Barrel nach langem Preisauftrieb erstmals etwas günstiger. Und Autofahrer hatte ein zuletzt ungewohntes Erlebnis – auf den Preistafeln der Tankstellen standen geringere zahlen.