Hamburg. Wegen der der Pandemie steigen die Kosten für Schutzmaßnahmen. Und der Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte wird auch immer härter.

Beim Hof Löscher ist in diesen Tagen viel zu tun auf den Feldern im Schatten des Elbdeichs. Die Äcker in der noch winterlichen Landschaft müssen vorbereitet werden für das beliebte Edelgemüse der Deutschen, den Spargel. Die wie mit dem Lineal gezogenen Erddämme sind in der weiten Ebene im Süden Hamburgs gut zu erkennen, doch die weißen Stangen darin lassen noch auf sich warten. Das Wetter, das Coronavirus, die Unwägbarkeiten in der bisher geschlossenen Gastronomie, all dies wird in diesem Jahr beeinflussen, ob die anstehende Saison ein Erfolg werden kann.

Die Freude bei Feinschmeckern wird jedenfalls auch während der Pandemie groß sein, wenn das erste Mal frischer Spargel mit Kartoffeln auf den Tellern dampft. Ob es die Premiere beim Spargelessen schon zu Ostern geben kann? Felix Löscher, Inhaber des Betriebs in Hoopte bei Winsen (Luhe) will sich nicht festlegen. „Ich rechne mit dem ersten Spargel in der letzten März-Woche“, sagt der 38-Jährige.

Diese Planung erlaube einen Verkaufsstart „vielleicht vor Ostern“. Auch in den 50 Spargelbetrieben in Schleswig-Holstein herrscht noch Ungewissheit über den lang erwarteten Beginn der Saison. Ob das Gemüse im Norden schon zu Ostern gestochen werden kann, ist noch offen, heißt es bei der Landwirtschaftskammer in Rendsburg. Aus jetziger Sicht erscheine dieses Zieldatum noch sehr ambitioniert.

Spargel: Verkaufsstart „vielleicht vor Ostern“

Optimistischer äußert sich die Familie Bartels, die in Wennerstorf bei Hollenstedt Spargel anbaut. „Durch ein spätes Frühjahr mit Frost haben wir zwar einen verzögerten Erntebeginn“, heißt es von dem Betrieb, der auch zwei Hofläden südwestlich von Hamburg betreibt. „Doch wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, zu Ostern genug Spargel für unsere Kunden anbieten zu können.“

Das kalte, ungemütliche Wetter hat den Bauern einen frühen Start in die Saison verhagelt. Bisher gibt es nur vereinzelte Angebote von Landwirten, die beheizte Felder mit wärmenden Folien über den Spargeldämmen kombinieren, sagt Spargelspezialist Michael Koch von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) in Bonn. „Die Niederländer waren sogar noch früher und haben schon im Februar Heizspargel in die Großmärkte gebracht.“

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Um zu sprießen benötigt Spargel etwa zwölf Grad Celsius an der „Krone“. Die Folien, die das Erdreich auf den typischen Wällen der Spargelfelder schützen, sind vom starken Wind in den vergangenen Tagen teilweise abgedeckt worden. Die Helfer mussten immer wieder ausrücken, um den Pflanzen in der Erde möglichst günstige Wachstumsbedingungen zu schaffen. Dafür arbeiten alleine bei Löscher am Elbdeich Dutzende Saisonkräfte, deren Arbeit das Coronavirus erschwert und verteuert.

Mit günstigem Spargel rechnen die Anbieter für dieses Jahr nicht

Mit günstigem Spargel rechnen die Anbieter für dieses Jahr daher nicht. „Der Preis wird zum Start wahrscheinlich auf dem Niveau des Vorjahres liegen“, sagt Löscher. 2020, als Corona den Bauern bereits einen normalen Alltag unmöglich machte und die Hilfskräfte aus dem Osten teuer eingeflogen werden mussten, kostete ein Kilo Spargel an den rot-weißen Verkaufsständen der Löschers in und um Hamburg 13,90 Euro.

„Wir gehen davon aus, dass sich der Spargelpreis so ähnlich wie im vergangenen Jahr einpendeln wird“, ergänzt Bauer Bartels. „Hier spielen natürlich viele Faktoren eine Rolle, etwa Wetter, Verfügbarkeit und Nachfrage.“ Bei Schönwetterphasen und guten Mengen werde der Spargelpreis sinken, „auf ein ganz normales Niveau“.

Der Bedarf hängt auch davon ab, ob die Restaurants bald öffnen dürfen. Sie nehmen etwa 20 Prozent der Erntemenge ab. „Doch Spargelfahrten und Feiern dürfte es in diesem Jahr in keinem Fall geben“, gibt Fred Eickhorst, Vorstandssprecher der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer, zu bedenken. Dafür hätten die Haushalte im vergangenen Jahr bewiesen, dass sie sich auch zu Zeiten von Corona das edle Gemüse leisten. „Die Leute wollten sich etwas gönnen“, sagt Eickhorst, und mit diesem Trend rechnet er auch für die laufende Saison.

 Weitere helfende Hände werden dringend benötigt

Die Pandemie beeinflusst die Arbeit der Landwirte derzeit erheblich – und verteuert sie. „Wir haben viele Zusatzkosten“, sagt Löscher, der den Betrieb am Hoopter Elbdeich mit viel persönlichem Elan und der ganzen Familie führt. Sein Bruder kümmert sich ebenfalls um die Bewirtschaftung der insgesamt 200 Hektar großen Äcker, seine Schwester führt das Hofcafé, das derzeit wegen Corona geschlossen ist.

Doch weitere helfende Hände werden dringend benötigt, meist aus dem Ausland. Und die Pandemie erschwert erneut die Anstellung und Einreise der Saisonarbeiter, die hier oft den Mindestlohn von 9,50 Euro und bei effizienter Akkordarbeit auch mehr verdienen.

Allein das Testen kostet zusätzlich etwa 15.000 Euro

„Wir haben in eine neue Unterkunft für 40 Erntehelfer investiert“, sagt Löscher. „Unser Team wird zudem schon in Rumänien getestet und dann einmal pro Woche bei uns auf dem Hof.“ Allein für das Testen muss Löscher mit etwa 15.000 Euro an zusätzlichen Kosten in der Saison rechnen. Für den Fall der Fälle hält der Landwirt eine Quarantäne- und eine Krankenstation vor, um mög­liche Infizierte versorgen und isolieren zu können. Bauer Bartels berichtet, dass seine Mitarbeiter aus Rumänien und Polen auch nach dem negativen Test zunä­chst noch in eine sogenannte „Arbeits-Quarantäne“ gehen müssen.

„In den Gruppen, wie sie auch angereist sind, dürfen sie unter der strengen Einhaltung der Corona-Regeln arbeiten“, beschreibt er die Anordnungen der Behörden. Die Frauen und Männer dürften jedoch keinen direkten Kontakt zu den anderen Beschäftigten haben. Nach der Quarantäne gingen die Mitarbeiter wie gewohnt ihrer Arbeit nach, „dann gelten auch für sie die aktuellen Corona-Regeln“. Eine Gemeinschaftsunterkunft ist den­noch zugelassen: Bei Arbeitsgruppen erlauben die Behörden eine Belegung mit bis zu acht Personen pro Schlafraum beziehungsweise vier Personen im Container.

Die Erntehelferinnen und Erntehelfer beim Spargel stammen überwiegend aus Rumänien, Bulgarien und Polen. Je zur Hälfte handelt es sich um Frauen und Männer. Doch auch in Osteuropa steigen die Löhne, sodass eine zeitlich begrenzte Arbeit im Westen an Attraktivität verliert, weiß Experte Eickhorst. Und noch ein Effekt erschwere es Landwirten , ihre Helfer für das anstrengende Spargelstechen zu gewinnen, sagt er. „Viele Polen und Rumänen arbeiten inzwischen bei Paketdiensten, nachdem sie hier auf den Feldern etwas Deutsch gelernt haben.“ Und die Onlinehändler wie Amazon und Co. wachsen ja derzeit bekanntlich schneller, als es Spargel je vermochte – und auch das ist ein Nebeneffekt der Corona-Pandemie.

Wirrwarr in der Bürokratie

Die Bartels haben sowohl für den Betrieb als auch für die Hofläden detaillierte Hygienekonzepte entwickelt und umgesetzt. „Für unseren Betrieb bedeutet es jedoch deutlich mehr Aufwand, arbeitstechnisch und auch finanziell“, sagt der Inhaber.

Zu den Anforderungen an die Firmen kommt ein Wirrwarr in der Bürokratie: „Im vergangenen Jahr hatten wir von Land zu Land unterschiedliche Corona-Regeln, jetzt sogar schon von Kreis zu Kreis“, beschreibt Branchenkenner Eickhorst die Lage. Ob sie wollen oder nicht, die Bauern müssen sich mühsam in die Vorschriften zu Einreise, Hygiene und Tests einlesen, denn ohne die Helfer ist die deutsche Landwirtschaft aufgeschmissen. Allein in Niedersachsen benötigen die Erzeuger 9000 Saisonarbeitskräfte jährlich, um die Spargelernte einzufahren.