Hamburg. Hamburger Start-up BabaCous bringt rund 40 orientalische Speisen in den Lebensmittelhandel. Expansion in andere Städte ist geplant.

Hinter der Theke wird frisch produziert. Zu viert stehen sie auf der kleinen Ladenfläche, füllen Süßkartoffel-Hummus in Pappschalen, drapieren Baharat-Karotten, Rote-Bete-Balls und Auberginencreme. „BabaCous“ steht auf den grünen Schürzen und passenden Schirmmützen, die die Beschäftigten hier tragen. Betriebsleiter Ramesh Lund kommt aus dem Küchenbereich. Mit einer schnellen Handbewegung rückt er die Tüten mit Pita-Broten zurecht und füllt die ersten Lücken in der Auslage. „Haben wir noch persischen Reis?“, fragt er nach hinten.

Es ist noch nicht mal 11 Uhr, aber einige Kunden haben schon zugegriffen. Es ist der erste BabaCous-Stand, der nach mehrjähriger Vorbereitungsphase vor einigen Tagen im Edeka-Markt Volker Klein am Elbe-Einkaufszentrum eröffnet hat.

Die Speisen werden im eigenen Shop angerichtet

Die Geschäftsidee stammt von Hartwig Retzlaff. „Wir bieten täglich frische vegetarische Gerichte, die von der orientalischen Küche inspiriert sind“, sagt er. Ähnlich wie die Sushi-Bars, die in Supermärkten ihre Produkte direkt zubereiten, werden auch bei BabaCous die Speisen im eigenen Shop angerichtet.

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Das ist kein Zufall: Retzlaff war 2013 Gründungspartner von Eat Happy, dem Pionier des Shop-in-Shop-Konzepts mit Sushi in Deutschland. Jetzt ist der 57-Jährige erneut unter die Gründer gegangen. „Der Lebensmittelhandel muss gastronomischer werden“, sagt der gelernte Koch und studierte Volkswirt. Um dem wachsenden Onlinehandel etwas entgegenzusetzen, müssten auch Supermärkte Einkaufserlebnisse schaffen.

Das Konzept ist ähnlich wie bei Sushi-Bars in Supermärkten

Mezze & Co. aus Israel, Syrien oder dem Libanon ist schon seit einiger Zeit ein wichtiger Trend in der Food-Szene. Frische spielt in der geschmacksintensiven Levante-Küche eine große Rolle. „Wir haben überlegt, wie man das Konzept, das mit den Sushi-Bars im Supermarkt schon bestens eingeführt ist, übertragen kann“, sagt BabaCous-Gründer Retzlaff. Das war vor zwei Jahren – und nach einigen beruflichen Veränderungen.

Anfang 2018 hatte Retzlaff nach 18 Jahren in der Geschäftsführung von Deutsche See den Hut bei dem Fischgroßhändler genommen und war bei Eat Happy ins operative Geschäft eingestiegen. Nach wenigen Monaten war klar, dass das nicht klappt. Im November verließ der Manager das Unternehmen und schied auch als Gesellschafter aus.

Die Gerichte sind vegetarisch und meist auch vegan

Das war die Initialzündung für BabaCous. Der Name ist ein Wortspiel. Baba bedeutet im Türkischen oder Persischen Vater, Cous steht für den Hartweizengrieß Couscous. Hartwig Retzlaff holte als Erstes einen Koch ins Boot, mit dem er zusammen die Speisenauswahl für sein neues Geschäftsmodell entwickelte.

„Alles, was wir anbieten, ist vegetarisch, das allermeiste auch vegan“, sagt der Gründer. Wichtig ist ihm und seinem Team, dass die Gerichte bekömmlich sind und auch für gesundheitsbewusste Büromenschen funktionieren. „Wir haben zum Bespiel den Knoblauch ,entschärft‘“, sagt er. Der Tofu besteht nicht aus Soja, sondern aus Kichererbsen. Aufs Frittieren wird komplett verzichtet.

Vorbereitung in einem Lebensmittelbetrieb zwischen Hamburg und Hannover

Vorbereitet werden die Zutaten für die BabaCous-Gerichte in einem Lebensmittelbetrieb zwischen Hamburg und Hannover. „Die übernehmen das Putzen, Waschen und Schneiden“, sagt Retzlaff. Das Gemüse stammt zum überwiegenden Teil aus der Region. Auch die zweite Stufe der Weiterverarbeitung übernimmt der Partner.

„Alles läuft nach unseren Vorgaben und mit unseren Rezepten.“ Viele der Gewürzmischungen und Pasten werden selbst hergestellt. Dazu wurden zwei arabische Brötchenvarianten entwickelt. „Damit heben wir uns von der Industrieproduktion ab, die man inzwischen in den Regalen von Supermärkten und Discountern findet“, sagt der Unternehmer.

40 Gerichte werden angeboten, die kalt gegessen werden

Die einzelnen Komponenten werden täglich frisch in den BabaCous-Stand nach Hamburg geliefert und dort je nach Nachfrage im Markendesign angerichtet und verpackt. Im Angebot sind inzwischen etwa 40 Gerichte, die kalt gegessen werden. Es gibt Hummus und Dips in mehreren Geschmacksrichtungen, unterschiedliche Salate, gegartes Gemüse, Couscous-Variationen und gefüllte Wraps – alles in verschiedenen Zusammenstellungen und Packungsgrößen.

Die Preise liegen zwischen 2,89 Euro für eine kleine Schale mit Hummus und 9,98 Euro für die größte Bowl mit fünf bis sechs verschiedenen Vorspeisen. Auf jedem Produkt werden Zutaten, Nährwerte, Füllmenge und das Mindesthaltbarkeitsdatum ausgewiesen. „Wir verwenden kompostierbare Verpackungen“, sagt Retzlaff. Die Behälter sind aus Pappe, die Deckel aus Maisstärke.

Gründer Retzlaff ist mit dem Start sehr zufrieden

An diesem Vormittag bleiben immer wieder Menschen neugierig vor dem BabaCous-Stand im Eingangsbereich des Osdorfer Edeka-Markts stehen. Rechts und links sind große Monitore installiert, über die das neue Angebot erklärt wird. „Wir haben schon eine Reihe von verzehrfertigen Convenience-Produkten“, sagt Kaufmann Volker Klein.

„Da passt BabaCous als neue Produktlinie optimal rein.“ Der Händler verspricht sich eine Menge von dem Untermieter. Die erste Resonanz ist gut. Eine Kundin nimmt gleich mehrere Behälter aus der Kühltheke. „Das ist unser Mittagessen. Dann muss ich nicht kochen“, sagt sie. Auch BabaCous-Gründer Retzlaff ist zufrieden mit dem Start. „Der Absatz liegt deutlich über den Erwartungen.“

Die Kernmannschaft des Start-ups besteht aus acht Mitarbeitern, dazukommt ein Dutzend Beschäftigte im Shop. Schon in der Startphase hatte Hartwig Retzlaff zwei Marketing-Experten ins Team geholt, um die Marke zu entwickeln. Inzwischen sind sie auch Gesellschafter. Konkrete Geschäftszahlen gibt der Unternehmer nicht preis. Nur so viel: „Es ist ein hohes Investment, und wir haben es ohne Banken finanziert.“

Wirtschaftlich wird es ab 100 Standorten

Auch über die Miethöhe für die etwa zwölf Quadratmeter großen Shopflächen schweigt er. Täglich rechnet er mit einem Absatz von 130 bis 150 Gerichten pro Einheit. „Wirtschaftlich wird es, wenn wir möglichst viele Händler begeistern und bundesweit mehr als 100 Standorte haben.“

Die Expansion ist jetzt die größte Herausforderung. „Das Interesse ist da“, sagt Hartwig Retzlaff. Das nächste BabaCous wird bei Edeka Böcker in der HafenCity eröffnen. Der Start hatte sich wegen eines Wasserschadens verzögert. Nun soll es in einigen Monaten so weit sein. Auch Edeka-Kaufmann Klein kann sich vorstellen, das Konzept in seinen anderen beiden Märkten in Wedel anzubieten.

Weitere Standorte sind in Planung. Schwerpunkt ist zunächst Hamburg. Langfristig sind aber auch BabaCous-Shops in Hannover, Berlin und im Ruhrgebiet geplant. „Dann brauchen wir allerdings weitere Partner für die Produktion“, sagt Hartwig Retzlaff. „Es soll ja alles täglich frisch sein.“