Hamburg. Viele junge Unternehmer hoffen auf das Geld von Investor Ralf Dümmel. Ein Gespräch über Erfolg und Misserfolge.
Am 4. September startet die neue Staffel der Gründershow „Die Höhle der Löwen“ auf Vox. Das Hamburger Abendblatt traf vorher den Hamburger Unternehmer, der wie kein anderer in den vergangenen Staffeln in Start-ups investiert hat. Ein Gespräch mit dem „König der Löwen“ Ralf Dümmel über Kämpfe, Geld und falsche Erwartungen.
Herr Dümmel – „Die Höhle der Löwen“ startet in die fünfte Runde, Sie sind zum dritten Mal dabei. Was hat sich seit Ihrer Premiere verändert?
Ralf Dümmel: Ich bin immer noch angespannt und nervös. Daran hat auch die Routine nichts geändert, die man inzwischen hat, weil man die Abläufe und die Menschen am Set kennt. Trotzdem bin ich aufgeregt, wenn es dann losgeht und die Gründer in „Die Höhle der Löwen“ kommen und ihr Produkt vorstellen. Das ist jedes Mal wieder neu spannend.
Sie haben mal gesagt, dass Sie bereits nach wenigen Minuten wissen, ob ein Produkt funktionieren kann. Dass Sie sich meistens auf Ihr Bauchgefühl verlassen und nicht auf die Zahlen. Ist das immer noch so?
Dümmel: Ich mache den Job ja schon 30 Jahre – wenn auch bisher ohne Kameras. An meinem Vorgehen, dem Vertrauen auf meine Intuition, hat sich nichts verändert. Egal ob ich ein Produkt in meiner Firma präsentiert bekomme oder im Fernsehen. Wobei man immer wieder sagen muss: Meine Trefferquote ist zum Glück sehr hoch, aber auch bei mir gibt es selbst nach 30 Jahren keine 100-prozentige Trefferquote.
Was waren die erfolgreichsten Deals, die Sie in der Sendung abgeschlossen haben?
Dümmel: Es gibt viele große Erfolge. Sei es die Abfluss-Fee, die Becherküche, der Rostschreck, Veluvia oder Parodont. Die Erfolgsgeschichte vom Rostschreck ist wirklich Wahnsinn. Viele Produkte aus meiner ersten Staffel konnten sich bis heute auf dem Markt behaupten. Das müssen andere aus der letzten Staffel erst noch schaffen. Der kurzfristige Erfolg ist das eine, der langfristige etwas ganz anderes.
Trotzdem gab es auch Produkte, die nicht wie geplant funktioniert haben. Wie zum Beispiel der Pannenfächer.
Dümmel: Ja, das Produkt konnte sich entgegen allen Erwartungen nicht auf dem Markt behaupten. Aber wir können immerhin sagen, dass die Gründer ihre Rente, die sie ja investiert hatten, mehr als einmal zurückbekommen haben. Und das ist ja dann auch schon ein kleiner Erfolg. Es gibt in jeder Staffel Produkte, bei denen man von den Zahlen im Nachhinein enttäuscht ist. Wie zum Beispiel beim Fensterschnapper oder der Katzenschaufel. Hier hatten wir definitiv größere Ergebnisse erwartet. Wobei man sagen muss: Nur weil wir von den Zahlen enttäuscht sind, heißt das nicht, dass ein Produkt gefloppt ist. Wir haben auch von der Katzenschaufel eine sechsstellige Zahl verkauft.
Machen Sie bei solchen Geschäften überhaupt Gewinn?
Dümmel: Es gibt Produkte, da sind wir als Investoren mit einem Minus rausgegangen. Aber das ist das normale Geschäft eines Investments. Insgesamt überwiegen jedoch die Investitionen, bei denen wir Gewinne machen, deutlich. Daher sind wir sehr zufrieden. Auch bei Artikeln, die nicht funktionieren, achten wir darauf, dass die Gründer mit uns kein Geld verlieren. Wir übernehmen bei unseren Investitionen grundsätzlich das Working Capital und tragen das Risiko. Alle verdienen, aber viele eben nicht das, was sie sich erhofft haben. Wenn in den Medien steht, dass der Erfinder der Abfluss-Fee jetzt Millionär ist, denken alle Gründer, dass sie mit „Die Höhle der Löwen“ auch Millionäre werden können. Das wird auch der eine oder andere schaffen.
Aber viele werden es eben auch nicht schaffen. Das ist die Realität. Dass man mit einem Produkt ein Leben lang Geld verdienen kann, ist fast nicht möglich. Man muss sich permanent weiterentwickeln. Das geht großen Marken nicht anders. Denken Sie nur an das iPhone 4. Das kann man heute kaum noch verkaufen. Hat ein Produkt nicht das Potenzial zur Weiterentwicklung, dann wird es schwierig. Aus dem Grund sind wir gerade dabei, den Rostschreck weiterzuentwickeln und eine Waschkugel zu kreieren. Nichts tun und sich auf dem Erfolg ausruhen – das funktioniert nicht.
Die Investitionssummen, die Sie vor laufender Kamera zusagen, sind aber nur ein Teil der Kosten, die Sie tragen?
Dümmel: Ja, in der dritten Staffel haben wir drei Millionen Euro investiert – aber mehr als 21 Millionen Euro Working Capital zur Verfügung gestellt. Das Risiko liegt bei uns, das übertragen wir nicht auf die Gründer.
In der nächsten Staffel wird es einen Löwen mehr geben: Neben Ihnen, Carsten Maschmeyer, Frank Thelen und Dagmar Wöhrl sind auch Judith Williams und Dr. Georg Kofler mit von der Partie – Williams und Kofler werden ihren Platz in der Gründer-Show abwechselnd einnehmen. Ist der Kampf dadurch härter geworden?
Dümmel: Ja! Der Konkurrenzkampf ist viel größer geworden. Alle Löwen sind bissiger geworden. Es geht hoch her bei den Pitches. Überraschend, dass wir uns trotzdem alle so gut verstehen.
Sie sind von Anfang an sehr präsent gewesen. Oft wurde gar davon gesprochen, dass in „Die Höhle der Löwen“ wieder „gedümmelt“ wurde, wenn Sie sich besonders viele Deals sichern konnten. Können wir das auch weiterhin von Ihnen erwarten?
Dümmel: Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage. Generell kann man sagen, dass in allen vier Staffeln zusammen zehn Millionen Euro investiert wurden. Allein in der neuen, der fünften Staffel, werden jetzt aber zehn Millionen Euro investiert. Das zeigt, dass die Löwen investitionsfreudiger geworden und die Produkte besser denn je sind.
Dümmels Produkte
Sie haben sich einen Ruf als König der Löwen gemacht. Sehen Sie sich selbst auch so?
Dümmel: Nein, ich sehe mich als Teil der Show. Es geht nicht darum, wer die meisten Deals in einer Staffel macht, sondern wer seinen Gründern zum Erfolg verhelfen kann.
Vor Ihrem Firmengelände in Stapelfeld sollen Ihnen ja immer wieder Menschen auflauern und Sie überfallen. Nervt das?
Dümmel: Es ist tatsächlich so, dass wir außerhalb von „Die Höhle der Löwen“ unglaublich viele Vorschläge bekommen. Ich frage mich immer, woher die Leute meine E-Mail-Adresse haben. Das passiert auch, wenn ich in Hamburg im Restaurant sitze. Oder am Flughafen bin. Das gehört dazu, wenn man so eine Show macht. Ich höre immer wieder von Leuten, die von weit her anreisen, um mir auf irgendeiner Veranstaltung ein Produkt vorzustellen. Davor habe ich unglaublich Respekt, wenn jemand so viel Aufwand betreibt. Dann zu sagen: „Ich habe keine Zeit“ – das würde ich nicht übers Herz bringen.
In „Die Höhle der Löwen“ gab es ja immer wieder wechselnde Besetzungen der Löwen. Mit welchem Löwen würden Sie gerne mal zusammen in der Arena sitzen und um einen Deal kämpfen?
Dümmel: Ich habe Respekt vor allen und verstehe mich mit wirklich jedem super. Aber wenn mir jemand einen Deal wegschnappt – das trifft mich schon. Es ist jedes Mal wieder schlimm, wenn ein Gründerteam mehrere Angebote bekommt und sich beraten will – und ich warten muss. Dass ich dann nicht anfange, an den Fingernägeln zu kauen, liegt nur daran, dass ich die Daumen drücken muss. Wenn ich einen Deal nicht bekomme, den ich unbedingt haben wollte, wurmt mich das total.
Es gibt da diese Anekdote, die der Chef von Vox gerne erzählt, dass ein Löwe nach einem missglückten Deal einmal auf der Fahrt vom Set zum Flughafen, während des gesamten Fluges und der anschließenden Fahrt nach Hause kein Wort gesprochen hat. Das war ich! Auch wenn ich nicht weiß, wer mich da verraten hat.
Seit dem Erfolg der Sendung, die auf Rekord-Marktanteile von bis zu 16,9 Prozent bei den 14- bis 59-Jährigen und sogar 21,1 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen kommt, sind eine Reihe anderer Gründershows produziert werden.
Dümmel: Ich sehe das gar nicht als Wettbewerb – solange die nicht Dienstagabend um 20.15 Uhr ausgestrahlt werden. Jede Gründershow tut dem Gründertum in Deutschland gut, das ist entscheidend.
Was mich verwundert, ist, wie viele junge Leute die Sendung gucken – und mich auf der Straße ansprechen. Ich frage dann oft: Darfst du echt schon so lange aufbleiben? Ich glaube, die Faszination von „Die Höhle der Löwen“ liegt einfach daran, dass die Sendung so ehrlich und authentisch ist.
Das Konzept von „Die Höhle der Löwen“ läuft in 28 Ländern. Es gibt Länder, da geht die Sendung in die 16. Staffel. Sehen wir Sie in zehn oder elf Jahren auch noch in der Show?
Dümmel: Das glaube ich nicht. Aber ich würde mir die Sendung gerne ansehen, wenn ich irgendwann im Schaukelstuhl sitze.