Hamburg. ECE-Chef Alexander Otto will statt in weitere Einkaufszentren künftig verstärkt auch in den Hamburger Wohnungsbau investieren.
Das Hamburger Immobilienunternehmen ECE (3400 Mitarbeiter, fast 200 Shopping-Center) befindet sich im Wandel. Neue Einkaufszentren in Deutschland planen die Hamburger nicht mehr, dafür wollen sie die bestehenden Zentren aufwerten und lassen Wohnungen auf Parkplätzen bauen – über die Gründe sprach das Abendblatt mit ECE-Chef Alexander Otto.
Herr Otto, noch ist der Inlandskonsum die letzte Stütze der deutschen Konjunktur. Spüren Sie dies auch in Ihren Einkaufszentren?
Alexander Otto: Wir hatten ein sehr gutes erstes Halbjahr, in dem der Inlandsumsatz um ein Prozent zugelegt hat. Im Ausland lief es noch besser, dort hatten wir sogar ein Plus von 3,5 Prozent. Allerdings haben wir 2018 auch stark unter den hohen Temperaturen gelitten.
Welche Auslandsmärkte laufen gut?
Alexander Otto: Sehr zufrieden sind wir mit Osteuropa, konkret mit Polen, Tschechien, aber auch Ungarn. Auch in Italien ist die Entwicklung positiv.
Geben Sie uns einen Einblick in die Center in Hamburg.
Alexander Otto: Wir haben in Hamburg eine einheitlich gute Entwicklung mit einem kleinen Umsatzplus. Das Alstertal-Einkaufszentrum ist in den Stadtteilen unser Flaggschiff mit einkommensstarken Konsumenten. Aber auch das Billstedt-Center hat in den vergangenen Jahren massiv gewonnen. Dazu hat sicherlich die Primark-Eröffnung beigetragen.
Sie haben in den vergangenen Jahren das gastronomische Angebot in Ihren Centern stark ausgebaut. Eine erfolgreiche Strategie?
Alexander Otto: Ja, auf jeden Fall. Besonders die Europa-Passage hat davon profitiert, dass wir die obere Etage mit Gastronomie aufgewertet haben. Dadurch konnten wir die Kundenfrequenz für die ganze Passage stark erhöhen. Gastronomie ist aber kein Allheilmittel. Die Mischung muss stimmen.
Haben Sie weitere Pläne für neue Gastronomie in den Centern?
Alexander Otto: Wir überlegen gerade, im Elbe Einkaufszentrum den Eingangsbereich zur Osdorfer Landstraße mit Gastronomie aufzuwerten. Hier sind wir noch in der Prüfung. Im AEZ denken wir auch über eine weitere Ergänzung des gastronomischen Angebots nach.
Wie sieht es mit neuen Entertainmentangeboten in den Centern aus?
Alexander Otto: Damit beschäftigen wir uns ebenfalls intensiv. In Bremen haben wir gerade einen Trampolinpark in das Center integriert. Dafür benötigt man aber ausreichend Fläche. In Frankfurt befindet sich in unserem Center MyZeil nun ein Astor-Kino von Hans-Joachim Flebbe. In Hamburg könnte man zum Beispiel auch über kleinere Konzepte wie einen Escape-Room in einem der Center nachdenken – denn diese neue Freizeitgestaltung wird derzeit stark nachgefragt. Oder auch einen Bereich für E-Sport-Spieler finde ich interessant. Man muss sich immer wieder neu erfinden und das Einkaufserlebnis aufwerten.
Man könnte ja auch die Parkplätze Ihrer Center für Entertainment-Angebote oder für ganz andere Dinge nutzen?
Alexander Otto: Das machen wir bereits. Allerdings stehen die nicht immer ganz aktuellen Baunutzungsverordnungen, die eine bestimmte Anzahl von Parkplätzen vorschreiben, unseren Plänen oft entgegen. Wir prüfen derzeit sehr intensiv, wo man Parkplätze für künftigen Wohnungsbau nutzen kann. Diesbezüglich sind wir bereits sehr weit mit unseren Plänen an einem Center im Großraum Berlin – dort sollen Wohnungen auf einstigen Parkplätzen entstehen. Auch in Berlin haben wir auf die obere Etage eines weniger genutzten Parkhauses des Centers ein Hotel mit 145 Zimmern gebaut.
Wohnungsbau wird für ECE immer wichtiger. Sie sind nicht nur in der Neuen Mitte Altona aktiv, auch in London haben Sie gerade ein neues Wohnungsprojekt mit einem Partner aufgelegt – wollen Sie diesen Bereich noch verstärken?
Alexander Otto: Ja, auf jeden Fall. Unsere Aktivitäten im Wohnungsbau wollen wir weiter ausbauen. Als Familie sind wir bereits – unabhängig von der ECE – sehr aktiv im Wohnungsbau in den USA und Kanada. Mit der ECE konzentrieren wir uns hier auf Europa. Gerade in den deutschen Metropolen – also auch in Hamburg – sehen wir noch großes Potenzial für Wohnungsbau. Aber auch das Vereinigte Königreich ist sehr interessant für uns.
Was halten Sie von der politischen Forderung nach autofreien Innenstädten?
Alexander Otto: Es muss weiterhin gewährleistet sein, dass die großen Parkhäuser in den Innenstädten gut zu erreichen sind. Allerdings halte ich es für durchaus sinnvoll, intelligente Wege zu suchen, um den Verkehr in den Innenstädten zu beruhigen. Auch der Forderung nach einer autofreien Mönckebergstraße stehe ich positiv gegenüber. Denn durch den starken Busverkehr leidet das Einkaufserlebnis dort schon sehr.
In der HafenCity baut Ihr Wettbewerber Unibail-Rodamco-Westfield nun mit 80.000 Quadratmeter Fläche das größte Einkaufszentrum der Stadt. Die ECE hatte sich auch für das Areal beworben – bereuen Sie, dass Sie nicht zum Zug gekommen sind?
Alexander Otto: Wir hatten uns ganz zu Beginn des Projekt dafür interessiert. In der zweiten Bewerbungsphase waren wir aber schon nicht mehr dabei, weil wir der Meinung waren, dass es sich für uns nicht lohnt. Es ist derzeit sehr schwierig, komplett neue Einkaufszentren zu entwickeln, deshalb konzentrieren wir uns als ECE mit voller Kraft auf die Modernisierung und Weiterentwicklung unseres bestehenden Portfolios. In Deutschland realisieren wir jetzt noch ein neues Shopping-Center an der Schweizer Grenze – weitere Neuentwicklungen verfolgen wir hierzulande nicht, aber Ankäufe oder die Übernahme von Centern ins Management kommen weiter in Frage.
Befürchten Sie durch das neue große Shopping-Center in der HafenCity negative Auswirkungen auf den restlichen Einzelhandel in der Stadt?
Alexander Otto: Für die Randlagen der Innenstadt sehe ich durchaus negative Auswirkungen. Unsere Center werden darunter meiner Meinung nach allerdings nicht leiden. Denn sie sind entweder stark in den Bezirken verankert oder in einer sehr exponierten Lage wie die Europapassage. Für den neuen Investor dürfte es aber sehr sportlich werden, dauerhaft Kunden für sein Großprojekt in der HafenCity zu begeistern.
Der Onlinehandel wird immer wichtiger. Die ECE ist auch deshalb eine weitreichende Kooperation mit Otto eingegangen. Händler aus Ihren Einkaufszentren können nun Ihr Sortiment bei otto.de einstellen. Wie läuft das Projekt an?
Alexander Otto: Sehr gut. Acht Händler machen bei dem Gemeinschaftsprojekt mit Otto bereits mit – und wir sind mit weiteren Händlern in Verhandlungen. Darüber hinaus haben wir ja unsere eigene Digital Mall, an die wir bereits achtzehn unserer Center, davon drei in Hamburg, mit über 1,2 Millionen verfügbaren Artikeln angeschlossen haben. Bis Jahresende soll die Digital Mall schon in 35 Centern online sein. Hier können sich Kunden, bevor sie in eines unserer Center fahren, online informieren, welche Produkte derzeit in den Geschäften zu welchen Preisen verfügbar sind. Beide Angebote wollen wir dahingehend ausbauen, dass die Kunden Waren auch online kaufen können. Wir starten in Kürze bereits einen ersten Testlauf zur Auslieferung der Produkte an unsere Mitarbeiter.
Werden die Beziehungen zwischen ECE und Otto noch enger, kommt es gar zu einem Zusammenschluss?
Alexander Otto: Wir arbeiten dort mit Otto zusammen, wo es Sinn macht. Eine gesellschaftsrechtliche Verknüpfung unserer Unternehmen ist aber nicht zielführend, weder aus operativer noch aus strategischer Sicht.
Zum Schluss noch zwei Fragen an den HSV-Sponsor und -Fan Alexander Otto: Wie haben Sie am Millerntor das Derby live erlebt?
Alexander Otto: Das war schon eine fantastische Stimmung, ein mitreißendes Spiel – und St. Pauli hat absolut verdient gewonnen.
Wird der HSV diesmal aufsteigen?
Alexander Otto: Wir sind auf einem guten Weg, haben ein tolles Team und einen klasse Trainer. Diesmal packen wir es.