Hamburg. Börsenkurse haben jüngst kräftig zugelegt. Ob sich nun der Einstieg bei Beiersdorf und Co. noch lohnt? Das sagen Experten.

Viele Börsianer haben Grund zur Freude. Der Deutsche Aktien-Index (DAX) hat seit Ende Dezember 24,4 Prozent auf 13.138 Zähler zugelegt. Das Allzeithoch aus dem Januar 2018 von 13.560 Zählern scheint greifbar. Die Anleger ließen sich bisher nicht verunsichern, sagte Warburg-Chefvolkswirt Carsten Klude dem Abendblatt: „Die Jahresendrallye läuft weiter. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass wir den DAX-Rekord knacken.“ Je nach Ausgang der Wahl in Großbritannien und des Handelsstreits zwischen den USA und China könne das noch im Dezember passieren. Das Abendblatt hat sich die Kursentwicklung 2019 von zehn wichtigen Firmen in der Hansestadt angesehen und trägt zusammen, was Analysten auf Zwölf-Monats-Sicht von den Werten erwarten.




Airbus
: Die Aktien des Flugzeugbauers gehören zu den Höhenfliegern. Sie legten 2019 gut 60 Prozent zu und notieren bei 134,20 Euro nahe ihres Rekords. Die meisten Analysten sind zuversichtlich für den Wert. Die Bank Credit Suisse hob in dieser Woche das Kursziel von 140 auf 144 Euro an und beließ die Einstufung auf „Outperform“, also besser als der Markt. Bei Goldman Sachs schaffte es Airbus auf die „Conviction Buy List“ – heißt: die Investmentbank ist überzeugt davon, dass man die Anteilsscheine kaufen muss. Den fairen Wert sieht das US-Geldhaus bei 158 Euro. Die NordLB stuft das Papier hingegen auf „Halten“ ein, weil das Kursziel 135 Euro erreicht ist. Die operative Profitabilität sei gut und der Branchentrend intakt. Aber es gebe mit Brexit, Handelskonflikten und Korruptionsverdacht Risiken.




Aurubis: Europas größte Kupferhütte begeistert Anlageexperten kaum. In diesem Jahr stieg der Kurs der Aktie um knapp sieben Prozent auf etwa 46 Euro. Die Privatbank Hauck & Aufhäuser senkte am Donnerstag das Kursziel von 56 auf 51 Euro und stufte das Papier von „Kaufen“ auf „Halten“ herab. Das Niveau der Schmelz- und Raffinierlöhne würde wohl sinken, so die Begründung. Das Analysehaus Kepler Cheuvreux sieht den operativen Ausblick bestenfalls als durchwachsen an und empfiehlt „Halten“ mit fairem Wert 36 Euro. „Verkaufen“ lautet sogar die Empfehlung von Goldman Sachs, 37 Euro seien angemessen.




Beiersdorf: Hamburgs einziger DAX-Konzern hielt mit dem Wachstum des Leitindex nicht mit. Der Aktienkurs ging seit Ende 2018 um 14,2 Prozent nach oben auf 104,30 Euro. Die Einschätzungen klaffen auseinander. „Verkaufen“ rät die Schweizer UBS und sieht das Kursziel bei 96 Euro. Die Klebstoffsparte um die Tochter Tesa lieferte schwache Zahlen, so die Begründung. Das Analysehaus Jefferies senkte seine Umsatz- und Gewinnprognosen bis 2021. Das Kursziel wurde von 96,50 auf 94 Euro reduziert, das Urteil lautet „Underperform“. „Übergewichten“ meint hingegen die Investmentbank Barclays und hält 111 Euro für angemessen. Die Zahlen hätten den Erwartungen entsprochen. In den ersten neun Monaten meldete Beiersdorf ein Umsatzplus von sechs Prozent auf 5,7 Milliarden Euro. Die Zunahme sieht die Investmentbank HSBC als Beleg, dass neue Wachstumsquellen erschlossen und Risiken reduziert werden. Die Aktie sei attraktiv bewertet, ein „Kauf“ mit Kursziel 123 (vorher 122) Euro.




Evotec: Das Biotechnologieunternehmen schaffte seit Jahresbeginn nur ein Plus von knapp acht Prozent auf 18,73 Euro. Die Deutsche Bank ist dennoch optimistisch für den Wert und stuft ihn auf „Kaufen“ ein. Die Ergebnisse im dritten Quartal seien stark gewesen, 25 Euro wären ein angemessener Wert. Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt die Privatbank Berenberg. Die soliden Ergebnisse sollten sich 2020 fortsetzen. Empfehlung: „Kaufen“ mit Ziel 28 Euro.




Fielmann: Die Optikerkette blickt auf ein Kursplus seit Ende 2018 von knapp einem Drittel zurück. Bei 71,25 Euro notiert das Papier derzeit. Für die DZ Bank geht das MDAX-Unternehmen den richtigen Weg mit dem Ausbau des Online- und des stationären Geschäfts in Italien, Polen und Slowenien. Der Umsatz stieg im dritten Quartal um neun Prozent auf gut 400 Millionen Euro. Das habe positiv überrascht, der faire Wert wurde von 78 auf 80 Euro angehoben. Die DZ Bank bleibt ihrer Empfehlung „Kaufen“ treu. Independent Research bewertet die Zahlen hingegen gemischt – Fielmann verdiente unterm Strich mit 52,7 Millionen Euro etwas weniger. Das Kursziel wurde zwar von 72 auf 76 Euro angehoben, die Einstufung blieb aber auf „Halten“.




Hapag-Lloyd: Die Reederei war der Star unter den Hamburger Werten. Der Kurs hat sich seit Ende 2018 mehr als verdreifacht auf 75,40 Euro. Befeuert wurde dies von den Großaktionären Klaus-Michael Kühne und CSAV, die beide kräftig Aktien erwarben und den Kurs anschoben. Die Investmentbank HSBC nannte das dritte Quartal bezüglich der Gewinne das beste seit 2012. Sie hob das Kursziel von 25,20 auf 27,50 Euro an, ihre Einschätzung lautet aber weiterhin „Reduzieren“. Besser könne es kaum noch werden, hieß es. Warburg Research bemisst die Papiere mit einem Aufschlag von 90 Prozent zum Buchwert – vereinfacht gesagt: Sie sind mittlerweile viel zu teuer. Das Kursziel sieht das Analysehaus bei 36 Euro und empfiehlt „Verkaufen“. Berenberg bleibt bei „Halten“ und sieht weiterhin 37 Euro als fairen Wert an. Im Branchenvergleich seien die Anteilsscheine zu hoch bewertet, urteilt die Privatbank zwar. Es gebe jedoch kaum Gründe für ein Abschmelzen des Bewertungsaufschlags – auch weil der Streubesitzanteil immer geringer wird, die Großaktionäre wohl kaum verkaufen dürften und das den Kurs stabilisieren dürfte.




HHLA: Der Hafenlogistikkonzern freut sich seit Ende 2018 über ein Kursplus von 43 Prozent auf 24,84 Euro. Der Umsatz in den ersten neun Monaten stieg um 8,3 Prozent auf gut eine Milliarde, das operative Ergebnis um 12,4 Prozent auf 175,4 Millionen Euro. Die Erwartungen seien übertroffen worden, so Independent Research. Das Analysehaus hob den angemessenen Wert von 23 auf 26,50 Euro an. Die Einstufung bleibt auf „Halten“. Die NordLB hält 26 Euro für passend. Weil dieser Wert fast erreicht ist, wurde die Bewertung von „Kaufen“ auf „Halten“ gesenkt. Zudem nähme die konjunkturelle Unsicherheit zu. Die Ergebnisse hätten die Erwartungen übertroffen, meint Kepler Cheuvreux. „Kaufen“ lautet der Rat mit Kursziel 25 Euro.



Jungheinrich
: Der Gabelstaplerhersteller notierte am Donnerstag bei 23,22 Euro und damit nur 1,8 Prozent höher als Ende 2018. Im April lag das Papier noch bei 32 Euro. Doch dann gingen wegen der Konjunkturschwäche die Aufträge zurück, die Aktie verlor an Wert. Die Privatbank Hauck & Aufhäuser hob vor Kurzem das Kursziel zwar von 21 auf 24 Euro an, beließ die Einschätzung aber auf „Halten“. Die Wachstums- und Gewinnaussichten seien eher trüb, hieß es. „Kaufen“ mit Kursziel 34 Euro rät hingegen Warburg Research – das obere Ende der Unternehmensziele sei in Reichweite.




Nordex: Das Windkraftunternehmen darf sich seit Ende 2018 über ein Kursplus von 59 Prozent auf 12,07 Euro freuen. Independent Research hob nun die Gewinnprognose ab 2020 an. Auch das Kursziel wurde von 11 auf 13,20 Euro erhöht. Die Einstufung bleibt auf „Halten“ – wie auch bei Kepler Cheuvreux. Die Quartalsergebnisse seien besser als erwartet gewesen, daher hob das Analysehaus das Kursziel von 11,70 auf 13 Euro an. Von 13 auf 16 Euro hob die NordLB den Richtwert an. Die Auftragsentwicklung sei anhaltend gut, im dritten Quartal habe das Geschäft Fahrt aufgenommen. Daher lautet das Urteil „Kaufen“.




TAG Immobilien: Der Konzern ist vor zwei Wochen in den polnischen Markt eingestiegen. Für die Wohnungssparte des Immobilienentwicklers Vantage Development wurden 85 Millionen Euro gezahlt. Das Land biete günstige wirtschaftliche und demografische Perspektiven, schreibt die NordLB. Allerdings sei der Eintritt in neue Märkte immer auch mit Risiken behaftet, die sich erst im Laufe der Zeit zeigen würden. Die Landesbank beließ daraufhin ihre Einschätzung auf „Halten“ mit Kursziel 21,60 Euro. Am Donnerstag notierte das Papier bei 21,96 Euro – in diesem Jahr ergibt sich ein Plus von 10,3 Prozent. Berenberg sieht 24 Euro als fairen Wert an und stuft die Papiere als „Kaufen“ ein.