Hamburg. Ohne frische Steuermittel drohen drastische Maßnahmen bei der Instandhaltung. Bürgerschaft muss den Haushalt nun überarbeiten.

Der Haushaltsplan der Hansestadt Hamburg hat feste Regeln. So müssen die darin vorgesehenen finanziellen Ausgaben eingehalten werden. Es sei denn, das Geld reicht letztlich nicht aus. Und genau das passiert nun im Hamburger Hafen. Bei der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) sind unvorhergesehene Finanzlöcher aufgetaucht – gerade einmal sechs Monate nachdem die Bürgerschaft den Doppelhaushalt 2021/2022 beschlossen hat.

40,8 Millionen Euro fehlen in diesem Jahr. Im kommenden sind es sogar 46 Millionen Euro. Der Senat bittet nun die Bürgerschaft darum, entsprechende Änderungen im Haushaltsplan zu beschließen, damit die Löcher gestopft werden. Herhalten müssen dafür die Töpfe der Wirtschafts-, der Finanz- und der Stadtentwicklungsbehörde. Letztere muss in diesem Jahr zehn und im kommenden Jahr 15 Millionen Euro bereitstellen, die eigentlich für das Wohnen eingeplant waren, konkret für Zinsen, die für den geförderten Mietwohnungsbau an die Hamburgische Investitions- und Förderbank zu leisten sind.

Wenn der Hamburger Hafen das Geld nicht bekommt?

Der Senat macht den Bürgerschaftsabgeordneten auch deutlich, was passiert, wenn die HPA die fehlenden Mittel nicht ersetzt bekommt: „Die Anpassung des Zuschusses ist notwendig, um drastische Leistungsreduktionen im Bereich der Straßen- und Wassertiefeninstandhaltung zu vermeiden, die Zugänglichkeit des Hafens, die Marktstellung des Hafenstandorts Hamburg und letztlich den Erhalt von Arbeitsplätzen und Wirtschaftskraft weiterhin sicherzustellen“, heißt es in der Senatsdrucksache.

Aber was ist geschehen, dass es so weit kommen konnte? Es habe sich gezeigt, dass die veranschlagten Mittel für betriebliche und hafenfremde Aufgaben der HPA nicht ausreichten, die Kosten zu decken, heißt es dazu im Schreiben. Außerdem ergebe sich ein zusätzlicher Bedarf zum Erhalt der Venloer Brücken.

HPA kämpft mit strukturellem Problem

Die Venloer Brücken sind vier eingleisige Eisenbahnüberführungen, westlich des Müggenburger Hafens auf der Veddel. Eigentlich sind diese Brücken im Eigentum der Deutschen Bahn. Nach einem Vertrag aus dem Jahr 1904 muss Hamburg aber die Kosten für die Unterhaltung und Instandsetzung der Brückenbauwerke übernehmen. Nur leider hat sich die Bahn verrechnet. Anstatt der geplanten neun Millionen Euro werden in diesem Jahr 17,2 Millionen Euro dafür fällig. Im kommenden Jahr sind es sogar 18,7 Millionen Euro.

Falsch geplant, zu knapp gerechnet? Das kann passieren. Doch es ist nicht das erste Mal, dass der Hafen auf weitere Mittel seitens der öffentlichen Hand angewiesen ist. Vielmehr handelt es sich um ein strukturelles Problem, mit dem die HPA seit Jahren kämpft. Immer wieder muss die Hafenbehörde weiteres Geld beantragen, um einer Pleite zu entgehen. Der Grund ist, dass die HPA viele Aufgaben erfüllt, die eigentlich dem Staat zufallen. Sie kümmert sich eben nicht nur um Kaianlagen und die Aufrechterhaltung des Schiffsverkehrs, sondern auch um alle Straßen, Brücken und Bahngleise im Hafengebiet. Eine Zeit lang ging das gut.

Hafen Hamburg: Defizit von 140,43 Millionen

Denn der HPA waren 2007 eine Milliarde Euro an Erlösen aus dem Teilbörsengang des städtischen Hafenkonzerns HHLA zugesprochen worden. Damit konnte sie ihr Defizit bereinigen. Doch als die sogenannte HHLA-Milliarde aufgezehrt war, gingen die Finanzprobleme der HPA wieder los. 2019 veranlasste die Wirtschaftsbehörde eine große Strukturreform: Die Hafenbehörde wurde in zwei Bereiche aufgegliedert: den kommerziellen Sektor, in dem sie über Dienstleistungen sowie Mieten und Pachten Einnahmen generiert, und den öffentlichen Bereich, in dem sie die ihr übertragenen hoheitlichen Aufgaben erfüllt. Der Gedanke dahinter: Die Erlöse aus dem kommerziellen Teil sollen die Kosten des öffentlichen Teils mitfinanzieren.

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Das Problem: Das Geld reicht nicht. Nach Hochrechnung der HPA ergibt sich für das Jahr 2021 ein betriebliches Defizit von 140,43 Millionen Euro. 99,5 Millionen hat der Senat im Haushalt als Hafenzuschuss eingestellt. Es fehlen folglich 40,93 Millionen Euro – und das, obwohl die HPA bereits Gelder aus dem Hochwasserschutz und anderen Bereichen zusammengestrichen hat. Kurz gesagt: Der Hafen ist unterfinanziert.

Hafen-Drama: Senator in der Kritik

Der hafenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Götz Wiese, reagiert auf die Nachforderung mit Kritik: „Als Parlamentarier fühle ich mich betuppt. Denn die zusätzlichen Millionen werden laut Senat gebraucht, um die ‚Marktstellung des Hafenstandortes Hamburg‘ zu sichern. Bestehen tatsächlich ‚drastische Leistungsreduktionen‘, wie es in der Senatsdrucksache heißt? Das wäre dramatisch, und die Bürgerschaft hätte längst informiert werden müssen. Wenn nicht, wären die von Wirtschaftssenator Westhagemann der Bürgerschaft im Sommer vorgelegten Zahlen von Anfang an grob falsch gewesen. Was soll man da noch glauben?“

Wiese fordert: Die Hafenverwaltung benötige endlich wieder eine „straffe politische Führung“, strategische Ziele und volle Aufmerksamkeit. „Das Modell eines Wirtschaftssenators im Vorruhestand ist gescheitert.“

Hamburger Hafen: Fehlt noch mehr Geld?

Es handele sich um keinen ungewöhnlichen Vorgang, sagen dagegen Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Der Senat stelle die Finanzierung sicher, sodass die Leistungskraft der HPA gewährleistet sei.

Doch schon droht ein weiteres finanzielles Problem. „Auch für die Jahre 2023 und folgende werden Finanzierungsbedarfe auf einem vergleichbaren Niveau erwartet“, sagt eine Sprecherin der HPA. Den Haushaltsplanern habe man dieses schon übermittelt. Es bleibt abzuwarten, ob das Geld dann reicht.