Hamburg. Das Versprechen des Start-ups Gorillas: In 10 Minuten stehen die bestellten Lebensmittel vor der Tür. Doch wie kann das funktionieren?

Viel sieht man nicht durch das Schaufenster. Das Ladenlokal am Ende der Gertigstraße, in dem bis vor Kurzem ein schicker Friseursalon war, soll aber auch gar keine Kunden anziehen. Auf den Scheiben ist großflächig der Namenszug „Gorillas“ verklebt. Drinnen lagern Lebensmittel auf Regalen in Kühltheken.

Auffällig sind die vielen Elektroräder vor der Tür. Ab und zu kommt ein Fahrer heraus, mit Helm, Winterjacke und großem Rucksack auf dem Rücken, schnappt sich eines der Räder und strampelt los. Im Affenzahn. Gorillas ist ein neuer Express-Lieferdienst. Das Versprechen: In zehn Minuten stehen die bestellten Lebensmittel vor der Tür.

Berliner Start-up Gorillas weitet Liefergebiete in Hamburg aus

Das Berliner Start-up, das erst im Mai 2020 gestartet war, legt gerade ein rasantes Wachstum hin. In Hamburg ist Gorillas inzwischen an zwei Standorten in den Bereichen Schanze/St. Pauli und Winterhude/Uhlenhorst unterwegs. Als Nächstes steht Hoheluft auf der Liste. „Es werden in den nächsten Wochen noch mehr Liefergebiete dazukommen“, sagt Citymanager Anton Kornowski.

Im Prinzip funktioniert Gorillas wie ein Online-Supermarkt. Über eine (in Teilen englischsprachige) App auf dem Smartphone kann man gängige Lebensmittel von frischem Obst und Gemüse bis zu Kosmetikartikeln per Mausklick ordern – zu Preisen wie im Supermarkt aber schneller, als wenn man selbst einkauft. Um das Zehn-Minuten-Limit einzuhalten, liefern die Fahrer direkt aus dem jeweiligen Standortlager.

Keine Mindestbestellmenge, dafür Liefergebühr von 1,80 Euro

Eine Mindestbestellmenge gibt es nicht. Die Liefergebühr beträgt 1,80 Euro. Darüber, wie das genau funktioniert, schweigt Gorillas. Aber das Konzept trifft offenbar einen Nerv. Inzwischen gibt es den Expressdienst in vier Städten in Deutschland sowie in Amsterdam. Weitere sind geplant. Das ist durchaus realistisch.

Im Dezember haben die Gründer eine internationale Finanzierungsrunde in Höhe von 36 Millionen Euro abgeschlossen. Schon im Sommer waren das Venture-Capital-Unternehmen Atlantik Food Labs mit einem Millionenbetrag sowie einige Business Angel eingestiegen. Inzwischen arbeiten 800 Beschäftigte bei Gorillas, hatte Gründer Kagan Sümer vor Kurzem im OMR-Podcast gesagt.

„Wir haben die Mission, den Convenience-Einzelhandel neu zu definieren“

Es ist erst ein paar Monate her, dass der 33-Jährige, der seine Karriere bei Rocket Internet (Zalando) begonnen hatte, die Lebensmittel noch aus dem Lager im Wohnzimmer selbst ausgefahren hat. Inzwischen managt er die europaweite Expansion – nach dem überraschenden Ausscheiden von Co-Gründer Jörg Kattner gemeinsam mit Felix Chrobog. „Wir haben die Mission, den Convenience-Einzelhandel neu zu definieren“, heißt es auf der Internetseite. Das ehrgeizige Ziel: Man wolle weltführend im Bestell-Einzelhandel werden.

Mehrere Dutzend Mitarbeiter werden aktuell gesucht. Laut der Ausschreibung beträgt der Stundenlohn für die angestellten Fahrer 10,80 Euro und wird auch in Wartezeiten gezahlt. Weitere Angaben machte das Unternehmen auf Abendblatt-Anfrage nicht.

Aufschwung von Lieferdiensten während Corona-Krise

Lieferdienste erfahren seit Beginn der Corona-Krise in Deutschland einen Aufschwung. Edeka baut gerade mit Macht seinen Bringdienst Picnic aus, auch Rewe investiert in weitere Fahrzeuge. In Hamburg war im November Bringoo gestartet. Anders als Gorillas arbeitet das Unternehmen mit Einkäufern in ausgewählten Supermärkten und kann daher ein größeres Sortiment anbieten.

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Die Lieferzeit ist mit 45 Minuten allerdings deutlich länger. Ganz neu auf dem Markt ist der Gorillas-Klon Flink. Das Start-up aus Berlin, das gerade zehn Millionen Euro Investorengelder eingesammelt hat, hat sich Hamburger Pionier Pickery einverleibt und liefert in der Hansestadt bislang in Eimsbüttel, St. Pauli, Schanze und in Altona.