Hamburg. Umsatz und Gewinn der Unternehmensgruppe steigen deutlich. Was der Konzern beim Thema Nachhaltigkeit plant.

 Eigentlich fährt Alexander Birken nur noch selten in sein Büro in Bramfeld. „Einmal, vielleicht zweimal in der Woche bin ich dort“, sagt der Chef der Otto Group. Aber es komme auch schon vor, dass er zwei Wochen am Stück im Homeoffice sei. An diesem Mittwoch ist er dann doch in die Zentrale gefahren, um mit seiner Vorstandskollegin Petra Scharner-Wolff die Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres vorzustellen – selbstverständlich in Zeiten der Pandemie auf digitalem Wege.

Rund 20 Journalisten sind zugeschaltet, stellen Fragen. Und Birken schickt gleich zu Beginn der virtuellen Pressekonferenz einen Wunsch vorweg: „Ich hoffe, dass wir uns bald wieder vor Ort sehen können.“ Denn obwohl der Chef der Otto Group, bei der aktuell rund 20.000 von etwa 50.000 Beschäftigten im Homeoffice sind, der neuen Arbeitswelt durchaus Positives abgewinnen kann.

Otto Group konnte Umsatz um 17,2 Prozent steigern

Nur auf Distanz zu kommunizieren, das möchte er auf Dauer nicht. Im Konzern arbeiten Führungskräfte und Arbeitnehmervertreter aktuell an Betriebsvereinbarungen, in denen Regeln für das Homeoffice der Zukunft stehen sollen. Birkens klares Credo: „Hier darf die Kostenreduktion nicht im Vordergrund stehen, sondern die Produktivität jedes einzelnen Beschäftigten.“

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Äußerst produktiv waren die Mitarbeiter bereits im Corona-Geschäftsjahr 2020/21 (zum 28. Februar). Die Unternehmensgruppe, zu der unter anderem die Otto Einzelgesellschaft (früher: Otto-Versand), der Paketdienstleister Hermes und der Textilanbieter Bonprix gehören, konnte ihren Umsatz auf vergleichbarer Basis um 17,2 Prozent auf rund 15,6 Milliarden Euro steigern.

E-Commerce-Erlöse legten zu

Dabei legten die E-Commerce-Erlöse weltweit um 25,6 Prozent auf 9,9 Milliarden Euro zu. In Deutschland betrug das Plus der Online-Umsätze 24,1 Prozent auf sieben Milliarden Euro. Dabei profitierte die Gruppe davon, dass während der Pandemie immer mehr Menschen von zu Hause aus Waren bestellten, weil der stationäre Einzelhandel geschlossen oder nur schwierig zu erreichen war.

Auch beim Gewinn schnitt das Hamburger Traditionsunternehmen, das 1949 von Werner Otto gegründet wurde, im Jahr 2020/21 deutlich besser als im Vorjahr ab. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 59 Prozent auf 688 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss legte sogar um mehr als 350 Prozent auf 971 Millionen Euro zu, was auch an Anteilsverkäufen lag.

Otto Group macht Tempo beim Thema Nachhaltigkeit

So gab das Unternehmen 25 Prozent von Hermes Deutschland und 75 Prozent von Hermes Großbritannien an den Finanzinvestor Advent ab. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Konzern nun einen „ordentlichen Umsatzzuwachs“ sowie ein operatives Ergebnis auf Vorjahresniveau – und er soll grüner werden.

Beim Thema Nachhaltigkeit macht die Otto Group Tempo. So will man in den kommenden zwei Jahren dafür sorgen, dass „ausschließlich nachhaltige Verpackungen“ verwendet werden. Birken meint damit alle Kartons und Tüten (also Umverpackungen), in denen sich die versendeten Waren befinden. Schließlich hat der Hamburger Händler nur wenig Einfluss darauf, wie und ob das später ausgelieferte T-Shirt eines nicht zum Konzern gehörenden Produzenten, eingepackt ist. Aber nicht nur bei den Umverpackungen treibt Otto grüne Lösungen voran.

Pakete und Päckchen emissionsfrei ausliefern

Bereits im kommenden Jahr will das Unternehmen alle nachhaltigen Produkte für den Kunden erkennbar kennzeichnen. Denn Birken weiß: „Die Kunden und Kundinnen legen darauf immer mehr Wert.“ Bereits heute seien rund 200.000 Produkte, die über Otto verkauft werden, nachhaltig hergestellt. Bei einer Gesamtzahl von gut sieben Millionen Artikeln, erscheint das noch eher wenig.

Aber auch hier kann der Konzern nur auf seine Eigenmarken direkten Einfluss nehmen. Beim Transport der gehandelten Textilien, Waschmaschinen, Möbel und anderen Güter will die Otto Group ebenfalls etwas für den Klimaschutz tun. So ist es das Ziel des Konzerns, Pakete und Päckchen bis 2025 in den 80 größten deutschen Städten emissionsfrei auszuliefern. Auch Hamburg zählt dazu. Und im Gespräch mit dem Abendblatt untermauert Birken dieses Vorhaben: „Das bleibt unser Ziel – und wir meinen das gesamte Hamburger Stadtgebiet.“

Otto-Chef will mehr Frauen in Führungspositionen

Übrigens nicht nur beim Thema Nachhaltigkeit hat sich die Otto Group einiges vorgenommen. Auch bei der Gleichberechtigung möchte Birken noch mehr bewegen. Schließlich ist Petra Scharner-Wolff bisher die einzige Frau im sechsköpfigen Vorstand des Konzerns. „Auch wenn wir schon viel gemacht haben, unser Ziel ist ganz klar, in Vorstand und Geschäftsführung den Anteil an Frauen nachhaltig zu erhöhen“, sagt Birken. Eine Einschränkung schickt er aber gleich hinterher: „Wir werden auf keinen Fall sehr gute Männer feuern, um einer Frau diese Position zu geben.“