Hamburg. Ende Januar gab es zwei Schiffsunfälle, bei denen Alkohol im Spiel war. Die Polizei nimmt dies zum Anlass für verstärkte Kontrollen.

Seitdem Ende Januar kurz nacheinander zwei Schiffsführer im Hamburger Hafen ihre Schiffe betrunken gegen Brücken gelenkt haben, fragt sich so mancher: „What shall we do with the drunken sailor?“ Das alte Klischee vom trinkenden Seemann scheint bestätigt. Bei der Hamburger Wasserschutzpolizei sieht man das jedoch anders.

5000 Kontrollen wurden in den vergangenen beiden Jahren durchgeführt – „vom großen Containerschiff bis zum kleinen Hafenfahrzeug“, sagt Hauptkommissar Jens Schwertfeger vom WSP7, dem Fortbildungs- und Einsatzzug der Wasserschutzpolizei. Ganze fünf Mal seien dabei Trunkenheiten festgestellt und zur Anzeige gebracht worden. „Von daher waren die aktuellen Fälle schon sehr außergewöhnlich.“

Schiffe im Hafen Hamburg rammen Brücke – Kapitäne betrunken

Was war passiert? Am 29. Januar fährt ein Baggerschiff bei Hochwasser gegen die Freihafenelbbrücke, einen Tag später touchiert ein Binnenschiff gleich zwei Brücken. In beiden Fällen hatten die Schiffsführer laut Polizei rund 1,4 Promille Alkohol im Blut. Während die „Heavy Metal“ an der Brücke des 17. Juni und der Alten Harburger Süderelbbrücke nur geringe Schäden verursacht, wird die Freihafenelbbrücke durch das Baggerschiff so schwer beschädigt, dass sie noch bis mindestens Mai für Autos gesperrt bleiben muss.

Dabei sei Trunkenheit im Schiffsverkehr entgegen allen Klischees eher selten, sagt Schwertfeger. Deshalb habe man die beiden Fälle zum Anlass genommen, „in den vergangenen Wochen zielgerichtete Kontrollen durchzuführen und bei den Binnenschiffern noch ein bisschen genauer hinzuschauen als wir das eh schon machen.“ Das Ergebnis: „In dieser Zeit gab es überhaupt keine Feststellungen in Richtung Trunkenheit.“

Hafen Hamburg: Trunkenheit erkennt man auch an der Fahrweise

Doch wie stellt man überhaupt fest, dass Alkohol am Ruder im Spiel sein könnte? „Im Hafen läuft ja ganz viel über Funkverkehr. Wenn man also jemanden anspricht und der reagiert auf Funk nicht, wäre das ein Hinweis, dass man mal guckt, was da los ist“, erklärt Schwertfeger. „Man kann Trunkenheit aber auch bei Schiffsführern an der Fahrweise erkennen: Schiffe fahren bestimmte Strecken im Hafen, die haben sich an bestimmte Fahrwasser zu halten. Und wenn man auf dem Radar sieht, dass da einer seltsam fährt und da etwas nicht stimmt, dann gehen wir direkt an Bord.“

So auch an diesem Morgen: Schwertfeger und seine Kollegen Roman Godknecht und Daniel Marohn sind bei eisigen Temperaturen und schönstem Sonnenschein mit einem 300 PS-Schlauchboot elbaufwärts unterwegs, als ihnen kurz vorm Zollenspieker Fährhaus die „Hecht“ entgegenkommt. Das Binnenschiff mit Heimathafen Jesteburg liegt hoch im Wasser. Es ist leer und auf dem Weg in den Hamburger Hafen, um Kohle für Salzgitter zu laden. Ein erster Funkkontakt schlägt fehl. Per Handzeichen gibt Schiffsführer Christian Kirchhoff aber zu verstehen, dass die Polizei an Bord kommen kann.

Schiffsführer wird etwa alle sechs Monate kontrolliert

In laufender Fahrt steuert Schwertfeger das Schlauchboot längsseits der „Hecht“, drückt den aufragenden Bug des Schnellboots gegen die Bordwand des Binnenschiffs. Godknecht und Marohn klettern an Bord. Im Führerhaus der „Hecht“ lassen sie sich Berechtigungszeugnisse des Schiffsführers und die Bordpapiere zeigen, um sie auf Plausibilität zu prüfen. Auch die Feuerlöscher werden inspiziert. Kirchhoff stimmt einem Alkoholtest zu. 0,0 Promille zeigt das elektronische Atem-Alkohol-Messgerät an.

Ungefähr alle halbe Jahr werde er kontrolliert, sagt der 38-Jährige Schiffsführer. Für ihn sei das in Ordnung. Alkohol habe früher wohl eine größere Rolle auch in der Binnenschifffahrt gespielt. „Ich habe die Vermutung, dass das weniger geworden ist“, sagt Kirchhoff.

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Kontrollen in laufender Fahrt sind die Ausnahme

Ein Gefühl, dass auch Hauptkommissar Godknecht bestätigt. „Ich glaube, dass hat sich mit der Zeit geändert. Früher stand allgemein mehr Alkohol auf dem Tisch – das ist ja in vielen Berufen so gewesen.“ Bei einem Binnenschiffer gehe es schließlich auch um die Existenz. „Wenn sein Befähigungszeugnis weg ist, kann er kein Geld verdienen.“

Kontrollen in laufender Fahrt wie bei der „Hecht“ sind eher die Ausnahme. „Größere Kontrollen machen wir nach Möglichkeit erst dann, wenn das Schiff angelegt hat“, sagt Godknecht. „Es ist schon ein sensibler Moment, mit dem Boot an ein fahrendes Schiff heranzufahren und an Bord zu gehen. Natürlich können wir das alle. Wenn aber kein konkreter Verdacht vorliegt, ist es für alle entspannter, nicht in laufender Fahrt die Kontrolle vorzunehmen, sondern erst an Bord zu gehen, wenn das Schiff am Liegeplatz angekommen ist.“

Alkoholkontrollen im Hafen Hamburg – keine weiteren „Treffer“

Nachdem es in den vergangenen Wochen bei den verstärkten Alkoholkontrollen keinen weiteren „Treffer“ gegeben habe, sei die Kontrolldichte wieder auf das „Normalmaß“ zurückgefahren worden, sagt Schwertfeger. Schließlich müssten die Binnenschiffer auch ihren Job machen.

Zuständig ist die Hamburger Wasserschutzpolizei für die Elbe ab der Schleuse in Geesthacht bis ins Mündungsgebiet in der Deutschen Bucht. Entsprechende Vereinbarungen wurden mit dem Bund und den Anliegerländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen getroffen.

Für Polizeimeister Marohn, der nach Abschluss der Polizeiakademie jetzt beim WSP7 den letzten Schliff für die „Wasserschutz“ bekommt, ist es ein Traum. Wie seine beiden älteren Kollegen hat er eine Vergangenheit bei der Marine. „Der Job hier bei der Wasserschutz ist für mich schon etwas ganz besonderes“, sagt er. „Ich wollte immer mit Wasser und Schiffen zu tun haben.“