Hamburg. Bei einem Spezialhändler laufen die Geschäfte mit teuren Autos besser denn je. Was in Hamburg besonders gewünscht ist.

„Man gönnt sich ja sonst nichts“ – in Zeiten von Corona wird aus diesen Worten Wahrheit. Keine Reisen, keine teuren Restaurantbesuche. Doch bei Benjamin David brummt das Geschäft. Der 32-Jährige ist Gründer des Autohauses David Finest Sports Cars und erlebt in Zeiten von Corona, dass die Menschen gerne ihr Geld ausgeben für etwas, das Spaß macht.

„Die Leute haben ihren teuren Urlaub auf die Seychellen oder in die USA absagen müssen“, berichtet Benjamin David über seine Kunden. „Nun legen sie noch etwas Geld drauf und kaufen sich einen Sportwagen“, sagt der Unternehmer. Schließlich gehöre das Autofahren zu den wenigen noch verbliebenen Freiheiten. „Und oft sind die Straßen leer, weil alle im Homeoffice sind“, sagt David, der sich nach Karriereschritten bei Dello, Wichert und Porsche selbstständig gemacht hat.

Der Autohändler steht in blauem Jackett und Maske in seinem Showroom am Friedrich-Ebert-Damm, in bester Nachbarschaft von Mercedes. Bei David wird es noch ein wenig exklusiver. Neben mehreren Ferraris glänzt der Metallic-Lack eines silbernen McLaren für 240.000 Euro, daneben steht ein Mercedes SLS mit seinen spektakulären Flügeltüren, der auch gebraucht noch auf einen Wert von 189.000 Euro kommt. Die meisten der Schmuckstücke stammen allerdings aus dem Hause Porsche.

Hamburger Händler verkauft 160 Sportwagen im Corona-Jahr

Inhaber David hat seit dem Umzug aus einem kleineren Standort in Hoheluft ins ehemalige Gebäude von Willy Tiedtke das größte markenunabhängige Sportwagenhaus Norddeutschlands aufgebaut. Auf einer Fläche von insgesamt 3700 Quadratmetern agiert die Firma mit Werkstatt und Ausstellungsräumen. Der Händler, der keine Neuwagen vom Hersteller verkauft, setzt vornehmlich auf Stilikonen aus den vergangenen Jahrzehnten. Auf Wagen wie die 911er. Oder den BMW Z8, der für James Bond in „Die Welt ist nicht genug“ mit einem Raketenwerfer ausgestattet wurde.

„Die schönsten Autos sind schon gebaut worden“, sagt David zu seiner Philosophie, die offenbar den Nerv der Zeit trifft: Im Eröffnungsjahr 2017 verkaufte er 31 Autos. Im Corona-Jahr 2020 waren es bereits mehr als 160, und während des derzeitigen Lockdowns laufen die Geschäfte sogar noch einmal besser als in den Monaten zuvor. Auch die Werte der Fahrzeuge sind gestiegen: Im Jahr 2017 lag der durchschnittliche Verkaufspreis bei 85.000 Euro, mittlerweile erreicht er mehr als 120.000 Euro.

Oldtimer als Geldanlage zum Anfassen

Neben dem Vergnügen, sich ein schönes, möglichst originalgetreu erhaltenes Automobil in die Garage zu stellen, lieben viele Kunden den Kick, mit dem Kauf den richtigen Riecher gehabt zu haben. „Beim Oldtimer geht es meist auch um eine Geldanlage, die man anfassen kann“, bestätigt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Centers Automotive Research in Duisburg. Bei den betagten Wagen gebe es aber auch deutliche Zyklen, man könne dabei viel Geld verlieren. Oder eben gewinnen, wie bei dem dunkelblauen Klassiker aus den 90er-Jahren mit Faltdach, den David im Zentrum seiner Ausstellung platziert hat: Der Porsche 911 vom Typ 964, der vor zehn Jahren 35.000 Euro gekostet hat, kommt heute auf 85.000 Euro.

Zwar müssen Käufer mit Werkstattkosten von bis zu 2000 Euro im Jahr rechnen. „Doch wir haben eine Zeit der Negativzinsen“, sagt David über das finanzielle Umfeld, das Sparen unattraktiv mache. Und auch während der Corona-Krise verdienten viele Menschen gut, etwa Unternehmer aus der Internetbranche. Seine Stammkundschaft aus Ärzten und Anwälten hat eben auch selten Einbußen aus der Krise. Die meisten Kunden kauften, ohne Kredite in Anspruch zu nehmen. „Unser Angebot einer Finanzierung wird momentan selten angenommen“, beschreibt der Kaufmann die Gewohnheiten seiner Kunden, die sich bei David schon für 30.000 Euro einen Mercedes SL aussuchen können – oder für 900.000 Euro einen Carrera GT.

Oldtimer sind bei Steuer und Versicherung begünstigt

Schon in den vergangenen Jahren sei der Markt für „hochwertige und sehr exklusive Sportwagen, Limousinen und Edel-SUV deutlich gewachsen“, bestätigt Ferdinand Dudenhöffer den Trend. Neben den Klassikern wie Ferrari, Porsche, Lamborghini oder Bentley seien es immer stärker die Hochleistungsvarianten der deutschen Premiumanbieter wie AMG-Mercedes, die bei vielen Leuten Lust auf mehr Auto und Technik machten. Dudenhöffer vergleicht den Markt mit anderen Liebhabereien betuchter Kunden. So wie bei Villen und exklusiven Apartments, edlen Uhren, Motoryachten und Segelschiffen, bestehe ein Trend fort: „Luxus macht Spaß – und davon profitieren deutsche Premiummarken“, sagt Dudenhöffer.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Oldtimer werden zudem, selbst wenn sie wahre PS-Protze sind, von den bestehenden Gesetzen in Deutschland begünstigt. Ein H-Kennzeichen für 30 Jahre alte Fahrzeuge bringt mit sich, dass die Steuer und die Versicherung nur kleines Geld kosten. Die Klimadiskussion führt David nur selten, allerdings besäßen einige Kunden auch noch einen Tesla. Das Elektroauto diene als Vorzeigefahrzeug zum Parken in der Firma, der Sportwagen als Hobby, etwa für Rallyes oder Touren zu Rennstrecken: „Die meisten Halter fahren unsere Autos weniger als 2000 Kilometer im Jahr“, sagt David, da wirke sich der Verbrauch ohnehin kaum aus.

Meist gehe es um Emotionen. „Ich leiste mir das Poster-Car aus meiner Kindheit oder das Modell, das der Freund meines Vaters früher gefahren ist, da spielen Erinnerungen eine große Rolle“, sagt der Autofan, der selber oft mit dem Golf von seiner Wohnung auf der Schanze zur Arbeit fährt, um nicht allzu sehr aufzufallen.

In Hamburg sind eher unauffällige Wagen gewünscht

Viele Fahrzeuge werden quasi auf Bestellung vermittelt: Die Kunden haben konkrete Wünsche, und David Finest Sports Cars besorgt das Traumauto. Bei 75 bis 80 Prozent der Verkäufe handelt es sich um ein Maklergeschäft, bei dem das Autohaus die Ware nicht kauft, sondern nur vermittelt. Dafür kassiert der Betrieb eine Provision von fünf bis zehn Prozent.

Die Suche nach den oft raren Schätzen funktioniert über ein großes, über Jahre gewachsenes Netzwerk. Schließlich arbeiten erfahrene Profis in dem Autohaus: Oliver Forsthövel, einer der Top-3-Porsche-Verkäufer Deutschlands, und Olaf Bornhöft, der ehemalige Leiter der Klassik-Abteilung im Porsche Zen­trum Nord-West. Und in der Werkstatt etwa Dirk Freischmidt, der nebenbei noch Chief of Cars im Rennstall von Hollywoodstar Patrick Dempsey ist und für seinen zweiten Dienstherrn durch die Welt jettet.

Die internationale Verflechtung schlägt sich in den Verkäufen nieder: Geliefert wird zwar auch viel in Hamburg, wo eher unauffällige Wagen in dunklen Farben gewünscht sind, aber auch zu Liebhabern in ganz Europa – oder sogar bis nach Japan, wo ein Käufer seinen Ferrari per Luftfracht einfliegen ließ. Wie gesagt – man gönnt sich in Corona-Zeiten ja sonst nichts.