Hamburg. Nach der Wohnungswirtschaft lehnt nun auch die Diakonie die Ideen des Hamburger Klimabeirats ab. Diese sendeten ein falsches Signal.
Das Diakonische Werk hat die Forderung des neuen Hamburger Klimabeirates kritisiert, die Wohnungsbauziele des Senats zu überprüfen und nach unten zu korrigieren. In ihrer ersten öffentlichen Empfehlung hatten die 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf hingewiesen, dass jüngere Berechnungen einen Bedarf von 74.000 Wohnungen bis 2035 prognostizierten, wofür rund 5000 neue Wohnungen pro Jahr ausreichten.
Nach der bisherigen Senatspolitik sollen 10.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen, um den Mietenanstieg einzudämmen. Der Klimabeirat hatte darauf hingewiesen, dass der Wohnungsbau dem Klima schade.
Immobilien Hamburg: Es brauche Neubau für Wohnungslose
Laut Diakonie beruht die Empfehlung auf „hochproblematischen Bedarfsschätzungen“ und „sendet auch ein falsches sozialpolitisches Signal“. Von 100.000 Hamburgern seien 1000 wohnungslos, sagte Dirk Hauer, zuständiger Fachbereichsleiter im Diakonischen Werk.
„Gleichzeitig steigt seit Jahren die Zahl der unversorgten anerkannten Wohnungsnotfälle. Ende 2020 waren es bereits über 13.000 Haushalte.“ Zusammen mit anderen fordert die Diakonie „seit Langem eine Halbierung der Wohnungslosigkeit innerhalb von fünf Jahren“, so Hauer. „Allein dafür braucht es nach unseren Berechnungen mindestens 2000 zusätzliche Wohnungen pro Jahr für wohnungslose Haushalte.“
Die Empfehlung des Klimabeirats beruhe ausschließlich auf Schätzungen zur prognostizierten Bevölkerungsentwicklung in Hamburg. Der tatsächliche und statistisch ausgewiesene Bedarf an Wohnungen gerade für arme und benachteiligte Haushalte bleibe hingegen unberücksichtigt, so Hauer. „Wer in der jetzigen Situation den Wohnungsneubau beschneiden will, sollte zumindest sagen, wie die Wohnungsnot auf anderem Wege beseitigt werden soll.“
Klimabeirat hatte auch schneller Sanierungen gefordert
Der Klimabeirat hatte in der vergangenen Woche in seiner ersten Empfehlung an den Senat auch weitere weitreichende Vorschläge gemacht. So plädierte er für eine stadtweite Regelgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde und eine deutlich intensivere Nutzung der Solarenergie. „Erneuerbarer Strom aus Photovoltaik (PV) ist in der Perspektive neben Windkraft der entscheidende Pfeiler der Energiewende und zeigt bereits heute günstige Stromgestehungskosten im Vergleich zur fossilen Erzeugung“, heißt es in den Empfehlungen. „Die solare Nutzung aller Dachflächen, wie im Koalitionsvertrag ebenfalls angekündigt, muss auch in Hamburg deutlich entschiedener in Angriff genommen werden." Hamburg liege hier noch hinter dem kleineren Bremen zurück.
Zentral für das Erreichen der Klimaschutzziele sei zudem die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes. „Der aktuelle Klimaplan geht von einem Einsparvolumen von 567.000 Tonnen CO2 bis 2030 aus. Mit der Verschärfung der Klimaschutzziele müsste dieser Teilsektor weitere Einsparung realisieren.“ Dafür müsse Hamburg „gewährleisten, dass die Sanierungsquote tatsächlich kurzfristig auf mindestens zwei Prozent pro Jahr angehoben wird“. Bisher war diese Quote weit verfehlt worden.