Hamburg. Videos von „Catch_Cash_Hamburg“ erreichen bei Instagram mitunter Millionen Menschen. Wer dahintersteckt und woher das Geld kommt.
Mit 20 Euro und einem rot-silbernen Aufkleber mit Hamburg-Wappen fing alles an: Inzwischen folgen dem Account „Catch_Cash_Hamburg“ mehr als 82.000 Menschen auf der Bewegtbild-Plattform Instagram. Die Videos zeigen eine Hand, die an bekannten Orten Hamburgs Geldscheine unter Stickern verklebt. Doch wer verbirgt sich hinter dem Account?
„Catch_Cash_Hamburg“: Warum ein Mann Bargeld in der Stadt versteckt
„Drei, zwei, eins“, sagt der Mann, zu dem die Hand aus den Instagram-Videos gehört. In der linken Hand hält er einen runden rosafarbenen Sticker, auf den er zuvor einen viereckig gefalteten 20-Euro-Schein geklebt hat. Er hockt vor einem Poller an der Binnenalster, im Hintergrund versprüht die bekannte Alsterfontäne das Wasser des Flusses. Es ist ein Freitagmittag im April. Der Himmel ist bedeckt, der Wind weht, es nieselt leicht.
In der rechten Hand hält der Mann sein iPhone: Der Kameramodus ist aktiviert, mit dem rechten Daumen startet er die Videoaufnahme. Er hat nur eine Aufnahme. In einem gekonnten Schwenk aus dem Unterarm filmt er erst, wie er den Sticker am Poller festklebt – dann die Umgebung, in der dieser steht. „Ist gut geworden, das Video“, sagt er und lächelt.
Bargeld an Laternen, Stromkästen, Hauswänden: Dieser Mann betreibt „Catch_Cash_Hamburg“
Seit Wochen macht der Mann mit Kurzvideos auf Instagram auf sich aufmerksam, in denen er Geldscheine in ganz Hamburg unter Stickern an Laternen, Stromkästen oder Hauswände klebt. Dem Abendblatt zeigt er sich nun: Der bärtige Mann in brauner Teddy-Jacke, blauer Jeans und weißen Sneakern heißt Umut B. und ist 29 Jahre alt.
„Ich wollte eigentlich nur Kindern und Jugendlichen eine kleine Freude machen“, sagt der Harburger. Zu seinem Instagram-Kanal inspiriert hat Umut B. der Account „Catch Cash“ aus den Niederlanden, dem mehr als 300.000 Menschen folgen. Am 18. Februar sicherte er sich deshalb den Namen „Catch_Cash_Hamburg“ bei Instagram.
Wenig später veröffentlichte Umut B. seine ersten Videos. Und die treffen einen Nerv: Inzwischen folgen dem 29-Jährigen mehr als 82.000 Menschen. Sein bislang reichweitenstärkstes Video wurde 24 Millionen Mal geklickt.
Fünf- bis sechsmal pro Woche lädt Umut B. ein neues Video hoch, in dem er mal zehn, mal 20, seltener auch 50, 100 oder sogar 200 Euro versteckt – jedes Mal in einem anderen Stadtteil. „Bis zum Sommer will ich alle 104 Stadtteile Hamburgs einmal mit Geld beklebt haben“, sagt Umut B. Deshalb führt er genau darüber Buch, wie viele Scheine bereits in welchem Stadtteil gelandet sind.
Umut B. versteckt Bargeld in Hamburg: „Manche Leute denken, dass ich das alles fake“
Diesmal ist die Alster dran. Ein einfacher Ort, sagt der 29-Jährige: „Ich gebe dem Video maximal eine Minute.“ Umut B. unterlegt seine Videoaufnahme mit Musik. In die Beschreibung des Instagram-Beitrags tippt er Datum und Uhrzeit. „Kennst du den Ort?“, steht darunter, gefolgt von Hashtags wie #hamburgmeineperle, #alster, #catchmeifyoucan und #schnitzeljagd. Fertig. Dann lädt er das Video hoch.
„Jetzt müssen wir schnell live gehen“, sagt Umut B. und startet die Aufnahme. Wer ihm bei Instagram folgt, bekommt nun eine Benachrichtigung aufs Handy. Im Video ist zu erkennen, dass sich der 29-Jährige an der Alster mit Blick auf die Fontäne und den Anleger der Alsterbarkassen befindet.
Einen Livebeitrag macht er immer. „Manche Leute denken, dass ich das alles fake“, sagt Umut B. Das Echtzeitvideo soll der Beweis sein: dass er das Geld wirklich versteckt hat, dass der Sticker dort kleben bleibt, dass er ihn nicht abnimmt und sich den Schein wieder einsteckt.
„Catch_Cash_Hamburg“: Zwillinge finden das Geld in weniger als einer Minute
Und tatsächlich dauert es keine 30 Sekunden, da ist der Aufkleber auch schon gefunden. Carolin und Ann-Christin Langer sind die Glücklichen: Die 37-jährigen Zwillinge laufen zu dem Poller und knibbeln Sticker und Geldschein ab: „20 Euro, megagut“, sagt Carolin Langer.
Für einen Tagesausflug sind die Schwestern aus Dithmarschen in Hamburg. Bei Instagram hatten sie die Ankündigung von Umut B. gelesen, dass er in der Mittagszeit Geld an der Alster verstecken will. „Aber die Alster ist ja groß“, sagt Carolin Langer. „Es war Zufall, dass wir am richtigen Ort waren.“ Von den 20 Euro wollen die beiden Burger essen gehen – in einem Laden, den sie von Instagram kennen. Na klar.
750 Euro hat Umut B. in seinen Instagram-Kanal gesteckt
Umut B. steht etwas abseits von den Zwillingen, er gratuliert ihnen. Mehr als 35 Menschen hat der 29-Jährige mit seinem Geld schon den Tag versüßt. Denn das meiste Geld stammt tatsächlich von Umut B. selbst: „Ich habe in den ersten zwei Monaten des Kanals 750 Euro reingesteckt.“ Gezahlt aus eigener Tasche.
„Mein Ziel war es nicht, damit Geld zu verdienen“, sagt der 29-Jährige. Doch das ändert sich aktuell. Denn nicht nur Nutzerinnen und Nutzer in sozialen Netzwerken verfolgen den Account des Hamburgers, sondern auch Unternehmen. Vor Ostern kam der Manager des Instagrammers Julienco – Ex-Partner von Bianca Heinicke (ehemals „Bibis Beauty Palace“) – auf Umut B. zu: Dieser sollte zwei Osterkörbchen in Hamburg verstecken.
Instagram-Kanal „Catch_Cash_Hamburg“: Erste Kooperationen mit Unternehmen
Statt Ostereiern enthielten die Körbe einen 200-Euro-Schein sowie mehrere Flaschen des neuen Trinksirups, das Influencer Julienco herausgebracht hat. Wie viel ihm die Zusammenarbeit mit Julienco eingebracht hat, will Umut B. lieber nicht verraten. Auch ein bekanntes Hamburger Unternehmen hat sich per E-Mail beim Bargeld-Verstecker gemeldet: Derzeit sei man noch in Gesprächen für eine Kooperation in den kommenden Wochen.
Der 29-Jährige hat inzwischen ein Gewerbe angemeldet. Umut B. ist in Hamburg-Wilhelmsburg aufgewachsen. Er hat eine Ausbildung zum Bürokaufmann abgebrochen. Seit fünf Jahren arbeitet er Vollzeit in der Produktion eines Hamburger Unternehmens, das er dem Abendblatt nicht nennen will. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in Harburg. Der Instagram-Kanal ist ein netter Nebenverdienst, für den er viele Ideen hat.
Trotz einiger negativer Kommentare macht ihm der Kanal viel Spaß. „Ich bin dadurch viel in Hamburg unterwegs und lerne neue Ecken kennen“, sagt der 29-Jährige. Für ein Video plant er inklusive Anfahrt und Dreh jeweils etwa zwei Stunden ein.
Etwas unpraktisch für Umut B.: „Ich kann die Videos nicht vorproduzieren.“ Zu groß ist die Gefahr, dass das Geld zum Zeitpunkt des Video-Uploads schon gefunden wurde. Und auch der Vorwurf, er würde Falschgeld in Umlauf bringen, nervt den 29-Jährigen.
Bargeld-Schnitzeljagd in Hamburg: Mehrere Kanäle ahmen die Idee nach
Mit seiner Idee ist Umut B. in Hamburg nicht allein: Der Kanal Hansecash versteckt ebenfalls Bargeld in Hamburg. Unternehmen wie das Bäderland, ein Café in Barmbek sowie ein indisches Restaurant haben mit dem Kanal bereits kooperiert. Ein Vorbild für Umut B.? „Das sind alles Seiten, die mich meiner Meinung nach kopieren.“