Ein Ballon-Unternehmer aus Buchholz kämpft wochenlang mit Bing um falsche Telefonnummer. Beschwerden laufen ins Leere – bis heute.

  • Panne im Suchportal Bing führt zu Ärger für norddeutsche Ballonfahrer
  • Wer den ADAC sucht, bekommt die Nummer der Ballonfahrer angezeigt
  • Alle Versuche, das Problem zu lösen, laufen ins Leere

Wenn man mit Axel Ockelmann und den Beschäftigten seiner Firma spricht, fällt nach kurzer Zeit zuverlässig der Satz: „Es nervt einfach.“ Was da so nervt in dem Unternehmen mit Sitz in Buchholz/Nordheide, das norddeutschlandweit Fahrten in Heißluftballons anbietet, das sind die Anrufer, die eigentlich mit dem ADAC Hamburg sprechen wollen. Weil sie eine neue Mitgliedskarte benötigen oder irgendein anderes Anliegen an den Automobilclub haben.

„Zeitweise waren es 20 Anrufe am Tag, im Moment im Schnitt fünf bis zehn“, sagt Ockelmann. Seit Anfang August geht das schon so – und der Ballonfahrer hat es trotz vieler Versuche lange nicht geschafft, das Problem abzustellen. Er lief regelmäßig ins Leere. Dabei war die Ursache der Fehlanrufe relativ schnell geklärt.

Microsoft nervt Ballonfahrer mit falscher Nummer – Suchmaschine Bing spinnt

Menschen, die im Internet-Suchportal Bing nach dem ADAC Hamburg suchen, wird eine Telefonnummer bestehend aus der Buchholzer Vorwahl 04181 sowie den fünf Ziffern des Anschlusses der Firma A.O. Ballonreisen angezeigt. Eine solche Festnetz-Nummer ist zwar untypisch für eine Institution mit Sitz in Hamburg, doch mit einfachem Fingertipp aufs Smartphone lässt sich der Anruf starten. „Die meisten sind erschrocken, dass sie bei uns gelandet sind und nicht beim ADAC“, sagt eine Mitarbeiterin des Unternehmens, die mehrmals am Tag mit fehlgeleiteten Anrufern spricht. „Die meisten entschuldigen sich.“ Trotzdem: Es nervt eben.

Bing gehört zum Softwarekonzern Microsoft. Dort versucht der Firmenchef fast zwei Monaten lang, die Nummer von A.O. Ballonreisen, die ganz offensichtlich falsch dem ADAC zugeordnet ist, löschen zu lassen. Das Protokoll seiner Bemühungen ist ein Protokoll des Scheiterns.

Das Protokoll des Scheiterns:

  • Erste Versuche, die Angelegenheit telefonisch zu regeln, laufen ins Leere: „Man bekommt bei Microsoft keinen Menschen ans Telefon, dem man sein Anliegen schildern kann.“
  • Eine Mitte August an Microsoft geschriebene E-Mail bleibt ohne Reaktion.
  • Ein Ende August an das Microsoft-Büro Hamburg geschicktes Einschreiben bleibt ohne Reaktion.
  • Am Donnerstag vergangener Woche endet der Versuch, eine Kopie des Einschreibens persönlich im Hamburger Microsoft-Büro abzugeben, an der verschlossenen Glastür. Sie wird auch auf Klopfen nicht geöffnet. Ockelmann klebt Einschreiben und Einlieferungsbeleg von außen an die Tür.
  • Immerhin gibt es eine Reaktion. „Am Nachmittag rief ein Angestellter an und versprach, das Anliegen seinem Chef vorzutragen.“
  • Am Montag – vier Tage später – nennt das Suchportal Bing als Telefonnummer des ADAC Hamburg weiterhin die Telefonnummer von. A.O. Ballonreisen in Buchholz/Nordheide.

Axel Ockelmann schildert all das ohne Wut und Verzweiflung. „Wenn man seit mehr als 30 Jahren gewerblich Ballonreisen anbietet und dabei zwangsläufig sehr viel mit Behörden zu tun hat, entwickelt sich ein gewisses Phlegma. Anders hält man das nicht aus“, sagt er. Allerdings fürchtet der Unternehmenschef, dass ihm Aufträge entgehen könnten, während seine Beschäftigten die Anrufer abwehren, die eigentlich mit dem ADAC sprechen wollen.

Weil niemand öffnete, klebte Axel Ockelmann sein Beschwerde-Einschreiben von außen an die Eingangstür des Microsoft-Büros in Hamburg.
Weil niemand öffnete, klebte Axel Ockelmann sein Beschwerde-Einschreiben von außen an die Eingangstür des Microsoft-Büros in Hamburg. © Axel Ockelmann | Axel Ockelmann

Seit Dienstagvormittag muss er diese Furcht nicht mehr haben. Nachdem das Abendblatt Microsoft tags zuvor um Stellungnahme gebeten hat, geht plötzlich alles ganz schnell: Der in die Irre führende Telefonnummern-Eintrag beim ADAC ist jetzt verschwunden. Ein Microsoft-Sprecher teilt mit, Ockelmann hätte selber tätig werden können: „Geschäftsinhaber*innen haben die Möglichkeit Korrekturbedarf zu melden, indem sie auf „Bearbeitung vorschlagen“ direkt bei den Suchergebnissen klicken“, so der Unternehmenssprecher. Solche Vorschläge würden dann geprüft – und Änderungen vorgenommen, wenn sie denn berechtigt seien.

Microsoft erklärt, der Unternehmer hätte tätig werden müssen

Ballonfahrer Ockelmann ist nun zwar einerseits erleichtert, dass die Fehlanrufe wohl ein Ende haben, anderseits findet er den Hinweis, er hätte ja selbst tätig werden können, als anmaßend. Dem Microsoftsprecher antwortete er postwendend: „Sie verdienen mit Ihrer Suchmaschine Geld. Dann sind Sie auch für selbst gemachte Fehler verantwortlich.“

Ohnehin gibt es bei Bing und der Heißluftballonfirma weiteren Änderungsbedarf. Wenn man dort nach „A.O. Ballonreisen“ sucht, wurde noch am Dienstagvormittag an prominenter Stelle die Adresse Rothenbaumchaussee 144 und eine Hamburger Festnetz-Telefonnummer ausgeworfen. „Wusste ich gar nicht“, sagt Ockelmann. „Tatsächlich habe ich vor 15 Jahren diese Adresse zeitweise genutzt, sie aber vor zwölf Jahren wieder aufgegeben.“ Sein Testanruf bei der Nummer, die laut Bing zu seinem Unternehmen gehört, ergibt: „Die ist schon längst an jemand anderen vergeben.“

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Die Suchmaschine traut ihren eigenen Angaben ohnehin selbst nicht so recht: Sie weist darauf hin, dass es Hinweise von Nutzern gebe, dass das Büro an der Rothenbaumchaussee womöglich nicht mehr existiere. Selbst klären möchte Microsoft das offensichtlich nicht. Bing bittet Nutzer um Hilfe bei der Überprüfung.