Hamburg. Wer zu viel Garten gefliest und gepflastert hat, soll per Verwaltungsverfahren zu Entsiegelung und Bepflanzung gezwungen werden.

Die Vorgärten der Hamburger sind ins Visier der Umwelt- und Klimaschützer geraten. Seit längerem bereits beklagen insbesondere die Grünen, dass die Gärten zu steinig geworden sind. Jetzt hat die rot-grüne Koalition in Wandsbek beschlossen, den trendigen Schottergärten und großflächigen Pflasterungen in Vorgärten entgegenzuwirken.

Die Bezirksversammlung will zunächst die Eigentümer in Rahlstedt aufklären. Dabei geht es um die negativen Folgen der Versiegelung für die Natur und den Schutz vor Binnenhochwasser, aber auch um die Rechtslage, mögliche „Stichproben“ bei Gartenbesitzern durch das Bezirksamt und die Einleitung von Verfahren zur Umgestaltung der Gärten.

Die Bauordnung verlangt gärtnerische Gestaltung

Die Koalitionäre verweisen auf §9 der Hamburger Bauordnung. „Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind wasserdurchlässig zu belassen oder herzustellen und durch Begrünung und Bepflanzung gärtnerisch zu gestalten“, heißt es da.

Obwohl eine reguläre Überprüfung des Zustands der Gärten durch die Behörden nicht erfolge, müssten die Grundstückseigentümer mit Stichproben rechnen, erklärten die Grünsprecher der beiden Parteien, Katja Rosenbohm (Grüne) und Michael Ludwig (SPD). Im Falle eines Verstoßes werde das Bezirksamt „ein Verfahren zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände (HoZ)" einleiten.

Für die Eigentümer sollen „Anschreiben, Flyern und Pressemeldungen“ aufgelegt werden. Außerdem wird die Umweltbehöre gebeten, Förderprogramme für die Entsiegelung von Vorgärten aufzulegen.

Grüne: Schottergärten sind Klimakiller

„Wir möchten die BesitzerInnen von Grundstücken dazu ermutigen, durch eine naturnähere Gestaltung wieder mehr Leben im Garten zuzulassen und so einen großen Beitrag für den Klimaschutz und die Biodiversität in unserem Bezirk zu leisten“, sagte SPD-Mann Ludwig.

Die Grünen legen mehr Nachdruck auf das Thema. „Für uns stehen der Klimaschutz und die biologische Vielfalt ganz oben auf der Agenda. Versiegelte Gärten sind jedoch ein Negativtrend, der der Natur keinen Raum mehr lässt. Man könnte sie auch als Klimakiller bezeichnen“, sagte Rosenbohm.

Schottergärten können kein Wasser speichern

Sogenannte Schottergärten können das Wasser bei Starkregenereignissen nicht aufnehmen und halten. So kommt es vermehrt zu  Überschwemmungen und vollgelaufenen Kellern, weil die Entwässerungsgräben und Siele überlastet werden.

Aber auch Insekten und Vögel finden in „solchen Steinwüsten“ (Rosenbohm) keine Nahrung und auch keinen Unterschlupf. Für die Grüne ist es Zeit, „etwas für den Klimaschutz direkt vor der Haustür zu tun.“
 

Vegetationsvorgaben in Bebauungspläne schreiben?

Die Koalition regte an, künftig auch in Bebauungsplänen Festsetzungen über Art und Umfang der Versiegelung bzw. den Umfang von Vegetationsflächen zu treffen. Bisher beschränken sich die Vorschriften in der Regel aufs Bauen.

Laut Koalition beruht der Trend zu Schottergärten auf falschen Hoffnungen der Eigentümer: Die Pflege der Gärten minimiere sich nicht. Außerdem seien solche Gärten teuer. Der Kies setze zudem mit den Jahren Moos an und müsse im Herbst aufwendig von Blättern gereinigt werden. Zwischen den Steinen könnten Samen keimen, sodass auch der Schottergarten zuwachsen könne. Auch heizten die Steine den Garten auf, die wenigen Pflanzen vertrockneten und die Wärme werde ans Haus weitergegeben. „Eine Kiesfläche oder gar Pflasterung vor dem Haus bewirkt, dass es heiß, staubig, laut, anstrengend und teuer wird und keine Tiere mehr zu sehen sind“, schreiben die Koalitionäre.

Wieviel Kontrolle kann das Amt leisten?

Die Wandsbeker CDU-Fraktionsvorsitzende Natalie Hochheim erklärte, der Beschluss gehe „an der Realität im Bezirksamt vorbei. Die Leute, die die Gärten kontrollieren müssten, sind die gleichen, die die Bauanträge bearbeiten. Und schon dafür reicht das Personal nicht.“

Die von der Koalition angeregten Verfahren zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände im Vorgarten erfordern Einzelfallprüfungen, die sowohl den Grad der Versiegelung als auch die Gepflogenheiten in der Nachbarschaft ermitteln, begutachten und abwägen müssen, um ein begründetes und gerichtsfestes Urteil abgeben zu können.

Der Versuch des Abendblattes, die „Realität im Bezirksamt“ abzufragen, blieb zunächst erfolglos. Es nahm niemand das Telefon ab.