Sasel . Die Mellingburger Schleuse soll umgebaut werden, so viel ist klar. Doch die Politik ringt noch um ein Konzept, um den Charme zu erhalten.

Wer früher die Mellingburger Schleuse erreichte, hatte Hunger. Er war mit dem Auto durch die schöne Natur gerollt und freute sich auf die gedeckte Tafel oder kam zünftig zu Fuß und wollte seinen Nachmittagsspaziergang mit Kaffee und Kuchen krönen. Rund ein Jahr schon fällt das aus – Hotel und Gastronomie sind geschlossen und stehen leer. Jetzt aber kommen neue Besucher. Sie tragen Aktenkoffer und haben Architektenzeichnungen dabei.

Ausflügler allerdings werden enttäuscht: An die 20 Wohnungen sollen entstehen, ohne dass das grüne Umfeld und die Außenmauern unter Reet angetastet würden. Geplant wird ein Umbau in den alten, zum Teil denkmalgeschützten Mauern von Hotel und Restaurant. Der Rahlstedter CDU-Bür­ger­schaftsabgeordnete und Immobilienmakler Karl-Heinz Warnholz will sich um die Vermarktung der Wohnungen kümmern. Äußern wollte er sich aber wegen einer derzeit „unklaren Gemengelage“ auf Eigentümerseite nicht. Inhaber Peter Lehfeldt sagte, er „sondiere nur Möglichkeiten“.

Eine Gastronomie lohne sich nicht mehr, heißt es. Jahrelang sei vergebens ein Pächter gesucht worden. Um die historischen Gebäude vor dem Verfall zu retten und nicht auch noch „unerwünschtes Publikum“ anzulocken, so Warnholz, müsse jetzt gehandelt werden. Die CDU, sonst eher zurückhaltend bei der Genehmigung von Wohnungsbau in den grünen Außenbezirken, drückt in Gestalt ihres Wandsbeker Fraktionschefs und Warnholz-Freundes Eckard Graage aufs Tempo.

Die politische Konkurrenz sieht es mit Staunen. Der Wohnungsbau passt der SPD zwar ins Programm, aber der sang- und klanglose Verzicht auf das Ausflugslokal schmerzt sie. Zumal die Schleuse jahrzehntelang ein Wallfahrtsort für Spaziergänger war und das Restaurant einst auch am Abend gut lief. „Es muss doch möglich sein, da jetzt wenigstens ein verkleinertes Angebot hinzukriegen“, sagt die Wandsbeker SPD-Fraktionschefin Anja Quast. „Ein Café oder dergleichen.“

Die Grünen wollen eine Art Showroom für Naturschützer

Der grüne Koalitionspartner der SPD dagegen hält „die dargelegte Unwirtschaftlichkeit der Gastronomie an diesem Standort für plausibel“, so Fraktionschef Dennis Paustian-Döscher. Er möchte den Investor dazu verpflichten, einen „Gemeinschaftsraum“ vorzuhalten, in dem am liebsten Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in gegenseitiger Ergänzung dem naturfernen Städter Flora und Fauna erklären. Ohne Würstchen, Biere oder Sahnetorten.

Erzwingen lässt sich weder der naturnahe Gemeinschaftsraum noch die verkleinerte Gastronomie. Aber eine Kröte muss der Eigentümer schlucken. Denn er braucht die Politik: Die Umnutzung des Grundstücks erfordert einen Bebauungsplan, für den Mehrheiten im Planungsausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek zustande kommen müssen.

Die schon aufgrund der Lage exklusiven Wohnungen an der Alsterschleuse wären schlechter vermarktbar und deutlich preiswerter, wenn der nächste Nachbar ein Ausflugslokal wäre. Gastronomie und Wohnen sind nur bedingt verträglich, und der Eigentümer möchte gute Erlöse erzielen. Der autofreie Gemeinschaftsraum grüner Prägung ließe sich da weitaus marktgerechter in eine gehobene Wohnlandschaft einpassen.

Der Planungsausschuss brachte die Interessen unter folgenden Hut: Graage und Warnholz bekommen ihr Tempo, die SPD darf Erfolge beim Wohnungsbau melden und die Grünen verteidigen ein Biotop gegen weite Teile des Ausflugsverkehrs. Der Aufstellungsbeschluss für den einzuleitenden Bebauungsplan sieht einen umfassenden Schutz des Grüns samt der Alsterschleife vor, verlangt den Rückbau der Restaurant-Parkplätze und eine öffentlich zugängliche Fläche samt Gemeinschaftsraum. Den Betrieb dieses Raumes soll ein städtebaulicher Vertrag sichern. Die Beteiligung von Nabu und BUND wurde ausdrücklich festgehalten, um die ökologische Situation auf dem Gelände zu verbessern.

Der Wohnungsbau hat ausschließlich innerhalb des bestehenden Gebäudes zu geschehen, es darf weder abgerissen noch angebaut oder aufgestockt werden – das gilt auch für die schmucklosen Anbauten aus den 70er-Jahren. Für viele CDU-Abgeordnete eine Fehlentscheidung. In der Fraktion grummelt es ohnehin, hinter vorgehaltener Hand wird gegen die „Warnholz-Connection“ gewettert, die Partikular-Interessen über eine konsequente Politik in den Außenbezirken stelle. Aber in der Abstimmung stand die Fraktion dann doch zu Graage.

Die denkmalschützerisch eher störenden Anbauten müssen also stehen bleiben. Wegen ihrer „emotionalen Erhaltenswürdigkeit“, sagt Paustian-Döscher. Viele gestandene Alstertaler haben ihre ­Hoch­zeits­gesellschaften zum Schmaus in die Schleuse eingeladen.

Apropos: Ganz vom Tisch ist die Gastronomie noch nicht. Auch ohne ausdrücklichen Beschluss will die SPD noch mit dem Investor verhandeln. Wenigstens einen Kiosk, in gemessener Entfernung zu den Wohnungen, will sie ihn gern einarbeiten lassen. Auch wenn sie sich dabei unverhofft einer schwarz-grünen Koalition gegenüber sehen sollte. „Der Aufstellungsbeschluss ist nicht das Ende, sondern der Anfang der Diskussion“, sagte Quast. Zwei Jahre wird sie mindestens dauern. So lange braucht ein schneller Bebauungsplan.

Hotel und Restaurant Mellingburger Schleuse sind aus einem 1717 erbauten Gasthaus für Treidelschiffer hervorgegangen. Auch der Boden selbst ist historisch bedeutsam: Schon zwischen 700 und 800 nach Christus war hier auf der Halbinsel an der Alster eine kleine Volksfluchtburg errichtet worden.

An der Oberalster zwischen Wakendorf und Tangstedt gab es im 17. und 18. Jahrhundert viel Holz und Torf. Dieses Material wurde auf sogenannten „Alsterböcken“ nach Hamburg verschifft. Wenn das Wasser einen günstigen Stand hatte,dauerte die Bergfahrt eine Woche.Bei schlechten Wasserstand bis zu vier Wochen. Das Schiff wurde von vier Männern mit Stangen nach Eppendorf geschoben,von wo es mit einer Leine und von drei bis vier Frauen, zum Treudelberg bei Poppenbüttel gezogen wurde. Dazu gingen die Frauen auf dem Uferweg,Treudel-oder Treidelweg genannt, entlang und zogen das Schiff hinter sich her. Treudelweg und Treudelberg gibt es heute noch. Waren die Schiffe beladen, wurden sie mit Pferden getreudelt. Mit zwei bis drei Tagen ging die Talfahrt erheblich schneller. Da die Alster nicht tief war, wurde das Wasser mit Schleusen aufgestaut. Dies war Sache des Schleusenmeisters. Das Schiff fuhr in die Schleuse hinein, die darauf geschlossen wurde. Das Wasser staute sich auf, bis der Schleusenmeister es als hoch genug ansah. Darauf wurde die Schleuse geöffnet und das Schiff trieb auf der Flutwelle talwärts, bis zur nächsten Schleuse. Dort wurde dann wieder gewartet, bis das Wasser hoch genug stand um weiter zu fahren. Es kam auch vor das ein Schiff auf Grund lief. Dann bekam der Schleusenmeister Bescheid das Wasser nochmal aufzustauen um eine neue Welle hinterzuschicken.