Im Streit um die Anflugkorridore werfen die Grünen den Behörden vor, die 10-Meilen-Marke bei neun Meilen gesetzt zu haben. Die angebliche Belastung für Bargteheide gebe es nicht. Also auch keinen Grund für kürzere Anflüge.

Hamburg Hat der Senat mit gezinkten Karten gespielt? Im Fluglärmstreit um die Länge der Anflugkorridore hat er die Diskussionen im Umweltausschuss und mit den Randgemeinden Ahrensburg und Bargteheide anhand einer falschen Landkarte geführt, sagt der Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Anjes Tjarks. Dort, wo die Behörden den Beginn des 10 Nautische Meilen (NM) langen Korridors einzeichneten, war die neun-Meilen-Marke, sagt Tjarks, der nach Hinweisen und Reklamationen von Zuhörern in der Ausschusssitzung nachgemessen hat.

„Der Senat hat gelogen. Durch das vorverlegte Ende der Zehn-Meilen-Marke entsteht der Eindruck, als würden die Flieger direkt über Bargteheide auf die lange Gerade zum Anflug auf Fuhlsbüttel einschwenken“, sagt Tjarks. „Tatsächlich würde die Kurve aber nicht über, sondern hinter Bargteheide geflogen.“ Der Senat hatte sein Nein zur Verlängerung des Anflugkorridors anhand der jetzt monierten Karte in der Senatsdrucksache 20/13531 mit „neuen Lärmbetroffenheiten“ in Bargteheide begründet. Diese seien den Nachbarn in Schleswig-Holstein nicht zuzumuten. Auch die Umland-Bürgermeister waren anhand des Senats-Schaubildes informiert worden und hatten eine Verlängerung der Anflugkorridors von jetzt sieben auf die international üblichen 10 NM abgelehnt.

Jetzt soll die Flugsicherung in Berlin den auf 7 NM verkürzten Landeanflug über Hamburgs Nordwesten und Ahrensburg als Regelanflug festschreiben (wir berichteten). Die Bürgerschaft hatte im Frühjahr einstimmig einen Zehn-Punkte-Plan beschlossen, der Senat und Flugsicherung auf den verlängerten 10-NM-Anflug einschwören wollte. Tjarks forderte den Senat jetzt auf, das Versteckspiel einzustellen, korrektes Kartenmaterial vorzulegen und seine Entscheidung zu revidieren.

Die Grünen wollen das Thema am 11. Dezember im Umweltausschuss der Bürgerschaft erneut auf die Tagesordnung bringen. „Die Grundlage für die Begründung der Senatsentscheidung gegen die 10 NM ist ja entfallen“, sagte Tjarks.

Der Landeanflug hat als Sinkflug ohne Richtungsänderungen zu erfolgen, weil das Flugzeug so am leisesten ist. Dieser praktisch ohne Schub geflogene Geradeaus-Kurs markiert den sogenannten Anflugkorridor, auf den die Piloten in einer mit Schub geflogenen und deshalb Lärm streuenden Kurve einschwenken müssen. Je länger aber der Korridor, desto größer wird die Flughöhe, in der die laute Kurve geflogen wird. Die Belastung am Boden sinkt.

Während die Stadt den Kreis der „Lärmbetroffenen“ klein halten will, möchten die Bürgerinitiativen die Lasten des Lärms auf mehr Schultern verteilt sehen. Da die gesamte Region vom Flughafen profitiere, müssten auch die daraus resultierenden Nachteile gemeinsam getragen werden, argumentieren sie. Die verlängerten Anflüge würden den Schall zwar weiter ins Land hineintragen, am Boden hinter Bargteheide aber würden davon nur noch verhältnismäßig niedrige Spitzenlasten in dünn besiedeltem Gebiet ankommen. Auch der Senat hatte eingeräumt, dass der auf 10 NM verlängerte Anflug zumindest Ahrensburg helfen würde.