Vorschulkinder und Schüler lernen in einem Ferienkurs Tricks – und dabei Selbstvertrauen. Regel Nummer eins: nie ein Kunststück verraten.

Hamburg. Die Vorschulkinder und Schüler sitzen im Kreis und lauschen gebannt einem Mann im schwarzen Anzug. Während die meisten von ihnen sonst um diese Zeit Mathematik und Deutsch büffeln müssen, geht es an diesem sonnigen Montagmorgen mal nicht darum. Schließlich sind Ferien – und damit endlich Zeit zum Spielen und Träumen. Und zum Zaubern.

Denn der Mann mit dem schwarzen Anzug erklärt den Mädchen und Jungen in der GBS Grundschule Bergstedt gerade, wie man einen Zauberstab bastelt. Diese Übung bildet für rund 60 Kinder im Alter von fünf bis 14 Jahren den Auftakt für einen viertägigen Ferienkurs. In diesen Tagen werden die Schüler zu Zauberlehrlingen. Doch nicht nur das: Sie lernen dabei spielend Selbstvertrauen.

Veranstaltet wird das kurzweilige Ferienprogramm vom Verein Tigerente, dem Kooperationspartner für die Grundschule. Der frühere Hort ist zuständig für die Betreuung und Förderung der Kinder, wenn der Unterricht vorbei ist. „Der Zauberkurs ist eine Ergänzung für die Lernentwicklung“, sagt Susann Wenzel, die Leiterin der Einrichtung. Mit allen Sinnen sollen die Lütten Neues lernen. Und am Ende darüber schweigen.

Die beiden Zauberkünstler Sedat Ersakmak und Frank Kim führen nämlich die jungen Zuhörer gleich zu Beginn in die Regeln ihres Berufsstands ein. Erstens: nie ein Kunststück verraten. Zweitens: viel üben. Drittens: nie ein Kunststück wiederholen. Dann erzählen die Meister ihres Fachs etwas von Dedi, dem weltweit ersten Zauberer aus dem vierten vorchristlichen Jahrtausend in Ägypten. Zum ersten Lehrlingstag gehört auch das Basteln des Zauberstabs. Glenn und Erik, zehn Jahre alt, sind begeistert. Einer von den beiden hat ihn „Manfred“ genannt, während Glenn davon träumt, einen schicken Lamborghini herbeizaubern zu können. In den nächsten Tagen werden sie insgesamt zwölf Zauberkunststücke lernen und immer wieder üben. Dem siebenjährigen Tassilo gefällt das so sehr, dass er prompt sagt: „Später möchte ich auch einmal Zauberer werden.“

Auch den beiden Künstlern, die in Stellingen die Agentur A-Magic betreiben, macht der Kurs für die Jüngsten Freude. Sedat Ersakmak, 41, sagt, er sei früher sehr schüchtern gewesen. Wie einige seiner neuen Zauberschüler auch. Aber das Zaubern habe dazu geführt, dass er mehr Selbstvertrauen gewinnen konnte. „Ich musste meine Kunststücke vorführen und auf das Publikum zugehen.“ Erst waren es Familienmitglieder, danach die Freunde. Inzwischen tritt das Duo bei Festen, in Firmen und sogar im Fernsehen bei Stephan Raab und Jürgen von der Lippe auf. Stets haben sie ihren Zauberkoffer dabei, über dessen Inhalt beide Künstler schweigen. Berufsgeheimnis. Zu ihrem Repertoire gehört auch das traditionelle Becherspiel, das mentale Erraten von Zahlen und das körpernahe Hantieren mit kleinen Gummibändern. „Sind die zauberfähig?“, fragt Sedat seine Zauberlehrlinge. „Ja“, rufen sie. Dann kann das Zaubern beginnen.

Die Kinder genießen das freie Spiel mit einer jahrtausendalten Kunst. Wenn sie am Donnerstag als Zeichen ihres erfolgreichen Abschlusses eine kleine Zauberurkunde erhalten haben, richten sich die Blicke von Eltern und Schülern wieder auf den Schulunterricht. „Der Schulalltag ist streng getaktet“, sagt Tigerenten-Erzieherin Sandra Braemer. Nach dem Unterricht werden von den 360 Schülern der GBS Grundschule Bergstedt immerhin 225 vom Verein Tigerente betreut – bis maximal 18 Uhr. Auf dem Programm stehen Lernzeiten genauso wie Kurse für Sport und Musikerziehung.

Bis der Ernst des Lebens wieder losgeht, werden die Bergstedter Zauberlehrlinge spielend das Einmaleins dieser Kunst näher kennenlernen. „Das macht einen Riesenspaß“, sagt beispielsweise Erik. „Wenn ich könnte, würde ich jetzt die ganze Welt hierherzaubern.“