Die Sozialbehörde hat erklärt, dass die Bezirke in Zukunft alle Mehrkosten für Gehälter in der Jugendhilfe aus ihren Budgets ausgleichen müssen. Jetzt gehen die sieben Bezirke zusammen gegen die Kürzungen vor.

Wandsbek Die Sozialpolitiker der sieben Hamburger Bezirke wehren sich jetzt gemeinsam gegen die Kürzungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit. In einem Brief an Sozialsenator Detlef Scheele, SPD, prophezeien die sieben Vorsitzenden der bezirklichen Jugendhilfeausschüsse „in absehbarer Zeit“ den Zusammenbruch der offenen Kinder- und Jugendarbeit und bitten um einen Gesprächstermin mit dem Chef der Sozialbehörde.

Zankapfel sind die sogenannten Tarifverstärkungsmittel. Sie bewirken, dass Gehaltserhöhungen für feste Mitarbeiter nach Tarifverhandlungen durch Nachtragshaushalte ausgeglichen werden. Mit dem Doppelhaushalt 2013/14 sind diese Verstärkungsmittel ersatzlos gestrichen worden. Die Jugendhelfer sind verpflichtet worden, alle Tarifsteigerungen bei den Beschäftigten durch Kürzungen bei Sachkosten oder bei Honoraren für freie Mitarbeiter auszugleichen. Da die Kosten für Mieten, Nebenkosten und feste Mitarbeiter kurzfristig nicht zu senken sind, bleiben nur Streichungen bei Honoraren übrig. Wenn diese Politik auch im Etat 2015 fortgesetzt wird, sei absehbar, wann der Honoraretat auf Null zusammengestrichen sei, argumentieren die Bezirke. Dann bliebe nur noch die Schließung ganzer Einrichtungen.

Im vergangenen Jahr hatte die offene Kinder- und Jugendarbeit schon eine zehnprozentige Kürzung hinnehmen müssen. Rechnet man die Streichung der Tarifverstärkungsmittel hinzu, ergeben sich noch einmal Reduzierungen von zusätzlich rund 5,5 Prozent. „Die offene Kinder- und Jugendarbeit blutet langsam aus, wenn die Verstärkermittel auch weiterhin wegfallen“, sagte die jugendpolitische Sprecherin der Wandsbeker CDU-Fraktion, Franziska Hoppermann. Marc Buttler, jugendpolitischer Sprecher der Wandsbeker SPD: „Wenn die Stadt Tarife aushandelt, muss sie auch die Kosten dafür tragen.“ Er wies darauf hin, dass die Kinder- und Jugendarbeit eine per Gesetz vorgeschriebene Pflichtaufgabe ist.

Welchen Einrichtungen die Schließung drohen könnte, darüber wollten die Politiker nicht spekulieren. Gemeinhin erfolgen Kürzungen zuerst in den Bereichen, die am besten ausgestattet sind. Im Bezirk Wandsbek etwa sind dies die Stadtteile Steilshoop und Jenfeld. Beide sind „soziale Brennpunkte“.

Im Hintergrund der Kürzungsdebatte steht die strategische Neuorientierung der Sozialarbeit. Die Mittel werden von der „offenen“ Jugendarbeit zu verbindlichen Maßnahmen umgeschichtet. Ursprünglich sollten sich beide Konzepte ergänzen: die niedrigschwellige offene Arbeit sollte es den Erziehern ermöglichen, Kontakt in den Stadtteil zu knüpfen, zu halten und Vertrauen aufzubauen. Das sollte den Boden bereiten, um gezielt auf Menschen zugehen zu können und sie in verbindliche Fördermaßnahmen zu vermitteln. Soweit die Theorie.

In der Praxis meinen die Politiker, nicht beide Stränge der Sozialarbeit finanzieren zu können. Scheele wird vorgeworfen, die offene Kinder- und Jugendarbeit für entbehrlich zu halten. Die offene Jugendarbeit bietet sich als Sparopfer an, weil die Bürger auf verbindliche Maßnahmen wie die sogenannten „Hilfen zur Erziehung“ einen bundesrechtlich verbrieften Anspruch haben. Die Kommunen müssen dafür zahlen, können aber das Angebot nicht reduzieren.