Franziska Himmler hat eine schwere Multiple Sklerose. Eine Stammzelltherapie kann die Krankheit stoppen. Doch die kostet 50.000 Euro.

Das erste Mal, als Franziska Himmler auffiel, dass etwas mit ihr nicht in Ordnung ist, war, als sie am Hamburger Hauptbahnhof stand und die große Anzeigentafel für die Zugabfahrten nicht mehr lesen konnte. Alles war verschwommen. Vier Wochen später kamen stichartige Schmerzen im Arm dazu. „Mein Orthopäde meinte, das könnte ein Bandscheibenvorfall sein. Er fand mich aber eigentlich zu jung dafür“, sagt Franziska Himmler. Eine aufmerksame Kollegin deutete MS an – Multiple Sklerose. Das ist eine chronische, unheilbare Erkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem das zentrale Nervensystem (Gehirn- und Rückenmark) des Körpers angreift.

„Die Vermutung meiner Bekannten war richtig. Damals war ich 24 Jahre alt, gerade aus dem Emsland nach Hamburg gezogen und wollte eigentlich durchstarten mit meinem Leben sowie im Beruf“, sagt die heute 33-Jährige. MS haben rund 230.000 Menschen in Deutschland, 70 Prozent davon sind Frauen, die meisten erkranken zwischen 20 und 40 Jahren. Die Ursache dafür ist unbekannt, der Verlauf oft schleichend oder in Schüben.

Schübe kamen anfangs alle sechs Monate, sie wird immer schwächer

Franziska Himmler ist eine zarte Frau. Sie lächelt gern, hat eine sehr sympathische und positive Ausstrahlung. „Ich war immer ein optimistischer Mensch, das half mir lange über vieles hinweg“, sagt sie. Am Anfang sei sie noch entspannt mit der Diagnose umgegangen. „Mein Umfeld schien schockierter als ich.“ Sie konnte noch eine Zeit lang Sport machen, war Assistentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, wechselte 2019 den Arbeitgeber, um voranzukommen. Doch nach nur einem halben Jahr war Schluss. „Ich konnte mich nicht mehr gut konzentrieren, habe viel vergessen.“ Seit einem Jahr ist sie frühverrentet.

Die Schübe kamen anfangs alle sechs Monate. Damit einher gingen immer mehr Einschränkungen, inzwischen hat Franziska Himmler eine konstante rapide Verschlechterung. Die Füße sind schon seit sieben Jahren so taub, dass sie kein Auto mehr fahren kann. „Früher habe ich so gern getanzt, das geht schon lange nicht mehr.“ Sie schafft nicht mehr als 200 Meter zu Fuß, das ist die Entfernung von ihrer Jenfelder Wohnung zur nächsten Bushaltestelle. „Ich kann mich noch nicht überwinden, einen Rollator zu benutzen, deswegen stütze ich mich an Hecken und Bänken ab, manche Menschen glauben dann, ich sei betrunken.“

Sie will so nicht weitermachen, aber nicht aufgeben

Ihr Tag ist in viele kleine Ruhepausen unterteilt. Sie ist sehr schwach, leidet unter Fatigue, einer sogenannten abnormalen Müdigkeit, Lesen ist anstrengend und nur sehr eingeschränkt möglich, ein Treffen mit einer Freundin muss sie sorgfältig planen. „Danach bin ich den ganzen restlichen Tag und den nächsten auch noch schlapp, aber so ganz ohne soziale Kontakte geht es einfach nicht“, sagt Franziska Himmler und muss sichtbar schlucken. Und dann sagt sie: „Mein Leben ist nicht mehr lebenswert, ich will so nicht weitermachen.“

Doch aufgeben passt nicht zu ihr: Denn sie hat eine sehr realistische Chance, dass ihr Krankheitsverlauf gestoppt wird oder ihr Zustand sich sogar wieder verbessert. Durch eine autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation (AHSZT). Sie ist mit einer Art „Neustart“ des Immunsystems gleichzusetzen und löscht sämtliche gegen sich selbst gerichtete Fehlprogrammierungen. Im ersten Schritt werden der Patientin eigene Stammzellen entnommen, dann erfolgt eine Chemotherapie, die das Knochenmark und damit auch die falsch programmierten Immunzellen (fast komplett) zerstört. Danach erhält die Patientin die zuvor entnommenen eigenen Blutstammzellen zurück, die dann ein neues Immunsystem aufbauen.

Prof. Christoph Heesen ist Leiter der MS-Ambulanz  am UKE
Prof. Christoph Heesen ist Leiter der MS-Ambulanz am UKE © UKE/AXEL KIRCHHOF | UKE/AXEL KIRCHHOF

In der Schweiz waren bisherige Behandlungen dieser Art so erfolgreich, dass die Stammzelltherapie bei MS in den Leistungskatalog der Schweizer Krankenkassen aufgenommen wurde. So auch in Schweden, Italien und Großbritannien.

Franziska Himmler will sich in Moskau behandeln lassen

„Die Stammzelltherapie ist im Vergleich mit dem, was die zugelassenen MS-Medikamente kosten – mindestens 14.000 Euro im Jahr – sehr günstig. Denn diese Medikamente muss man ein Leben lang nehmen“, sagt Prof. Christoph Heesen, Neurologe und Leiter der MS-Ambulanz am Universitätsklinikum Eppendorf. In Deutschland hat die Stammzelltherapie bei MS jedoch noch keine Zulassung, die Krankenkassen übernehmen die Kosten generell nicht.

Deswegen will Himmler nach Moskau ins A.A Maximov Hospital fliegen, um sich dort von Dr. Denis Fedorenko behandeln zu lassen. Der anerkannte Hämatologe behandelt seit mehr als 20 Jahren MS-Patienten mit der Stammzelltherapie erfolgreich. 50.000 Euro kostet die Therapie in Russland, „in der Schweiz wären es 160.000 Euro“, sagt Himmler, die über ein Netzwerk mit vielen ehemaligen AHSZT-Patientinnen Kontakt hat.

UKE-Professor ist Befürworter der Stammzelltherapie

„Bei 90 Prozent konnte der Verlauf gestoppt oder sogar verbessert werden. Ich habe mit Frauen gesprochen, die wieder ohne Probleme Treppen gehen und lange Spaziergänge machen können“, sagt sie euphorisch. Doch das Geld für die Behandlung kann Franziska Himmler nicht aufbringen, deswegen hat sie eine Crowd­funding-Kampagne online gestartet. Bisher hat sie rund 12.000 Euro zusammen – das reicht jedoch noch lange nicht.

Prof. Heesen vom UKE ist ein eindeutiger Befürworter der AHSZT. Auch wenn die Stammzelltherapie nicht für jeden geeignet und MS eine Krankheit mit sehr unterschiedlicher Ausprägung ist, ist sie für ihn bei schweren Verläufen wie bei Franziska Himmler zum Mittel der Wahl geworden: „Sie ist für rund 20 Prozent der Patientinnen geeignet. Vor allem für solche, deren Krankheit sich nicht mit normalen Medikamenten kontrollieren lässt. Wenn ich oder ein Mitglied meiner Familie selbst eine hochaktive MS hätte, würde ich eine Stammzelltransplantation eher als eine der zugelassenen Therapien anstreben. Das sehen meine Kollegen in der MS-Ambulanz genauso.“ Der Neurologe kennt die russische Klinik von Fedorenko und findet eine Therapie dort vertretbar. Und er möchte gerne die Nachbehandlung Himmlers nach ihrer Zeit in Moskau übernehmen.

Ihr läuft die Zeit davon, sie muss die Krankheit aufhalten

Bei Franziska Himmler ist schnelles Handeln angesagt, sie würde am liebsten schon im April nach Moskau fliegen. „Mir läuft die Zeit davon, ich muss so schnell wie möglich die Krankheit aufhalten, sonst sitze ich bald im Rollstuhl und das ist dann auch trotz Therapie unumkehrbar“, sagt sie. Sie hat länger mit sich gehadert, ob sie als eigentlich scheuer Mensch eine so öffentliche Spendenkampagne durchführen soll. Aber sie hat keine Wahl. Sie will leben. Was wünscht sie sich für einen Alltag nach der Behandlung? „Ich möchte so gern wieder arbeiten, normal Freunde treffen können und ganz lange an der Alster spazieren gehen.“

Wer für Franzika Himmler spenden möchte, hat zwei Möglichkeiten. Direkt über ihr Spendenkonto: IBAN: DE65 5001 0517 5550 4304 96 BIC: INGDDEFFXXX oder über GoFundMe: https://gofund.me/9b1fba80

Weitere Infos: franzis-weg.de