Die 18-jährige Clara Conrad berät am Telefon Jungen und Mädchen in Not. Gesucht werden empathische, humorvolle Menschen, die gern zuhören
Clara Conrad hat in diesem Jahr Abitur gemacht und möchte bald für längere Zeit nach Asien reisen. Die 18-Jährige ist eigentlich tätig als ehrenamtliche Telefonberaterin für Jugendliche. „Das mit der Reise ist aber kein Problem“, sagt Monika Steininger, die Koordinatorin des Kinder- und Jugendtelefons, „wir setzen die jungen Berater flexibel ein.“ Einige dieser 15 Hamburger Jugendlichen sind immer sonnabends für andere Kinder und Jugendliche unter der „Nummer gegen Kummer: 116 111“ von 14 bis 20 Uhr erreichbar – bundesweit gibt es 16 dieser Projekte.
Die AG Kinder- und Jugendschutz Hamburg e. V./ajs sucht für die Tätigkeit immer engagierte junge Leute zwischen 16 und 20 Jahren. In einer sechsmonatigen Ausbildung erfahren sie, wie sie mit den Anrufern umgehen sollten. „Wir haben viel Gesprächstechnik gelernt, kennen die entsprechenden Beratungsstellen und wissen, wie man sich abgrenzt“, sagt Clara Conrad, „man muss allerdings offen sein für alle Themen und alle Menschen und gut zuhören können.“ Es geht in den Telefonaten häufig um Mobbing in der Schule, Liebeskummer und sexualisierte Gewalt, um Sucht, selbstverletzendes Verhalten oder Suizid. Gerade Jugendlichen hilft es oft, mit Gleichaltrigen zu reden.
Jugendliche erzählen das erste Mal von ihren Nöten
Für viele Anrufer ist es das erste Mal, dass sie von ihren Problemen erzählen. „Viele trauen sich nur anzurufen, weil sie aus dem Telefonat jederzeit aussteigen können“, sagt Monika Steininger, „dann geben wir ihnen den Rat mit: Ruf einfach wieder an.“ Bei der Übergabe an den nächsten Diensthabenden werden solche Fälle angesprochen und darauf hingewiesen, dass sich der Anrufer eventuell noch einmal melden wird.
Für die jungen Telefonberater gibt es während der Telefonzeit jeweils einen erwachsenen Mitarbeiter, der bereitsteht, um einzugreifen oder zu übernehmen. Doch das ist bei Clara Conrad nach anderthalb Jahren Erfahrung inzwischen mehr eine Sicherheitsleine als wirklich nötig. „Es ist gut zu wissen, dass ich den Anrufer weiterverweisen dürfte. Meistens kann ich aber helfen. Wir haben bestimmte Schritte, an die wir uns halten können. Ich bin vorsichtig bei dem, was ich sage, versuche einfühlsam und authentisch zu sein und gebe dem anderen Sicherheit, damit er offen kommunizieren mag.“ Ein Gespräch insbesondere über Gewalterfahrungen ist aber auch ein Balanceakt.
Die Arbeit hat ihren Horizont erweitert
„Ich darf den Anrufer nicht überfordern, muss spüren, wie viel er preisgeben möchte. Jeder hat seinen eigenen Beratungsstil. Meiner ist: Nicht zu viel selbst reden, lieber zuhören.“ Toll findet Clara Conrad, dass die jungen Menschen sich ihr anvertrauen. Diese Arbeit habe ihren Horizont erweitert, „ich habe auch von dem Telefontraining profitiert, früher mochte ich nicht gern telefonieren. Und ich habe gelernt, meiner Intuition zu vertrauen, bin selbstbewusster geworden. Andere Gleichaltrige scheinen mir oft viel unsicherer zu sein als ich“, sagt sie.
Jährlich werden die Hamburger Jugendtelefonberater mehr als 2000-mal angerufen, gut ein Drittel davon sind längere Beratungen. „Seit der Einführung des Abiturs nach zwölf Jahren haben wir weniger Bewerber“, sagt Monika Steininger, „früher machten viele Schüler der elften Klassen mit beim Jugendtelefon. Jetzt fehlt ihnen dafür leider oft die Zeit.“ Clara Conrad sieht das anders: „Die Ausbildung ist zwar für einige Monate kompakt, aber dann kann man sich flexibel für die Dienste einteilen lassen. Ein Hobby ist auf Dauer zeitintensiver.“
Wer Lust hat, sich auszuprobieren und selbst besser kennenzulernen, gerne redet und noch besser zuhören kann, Humor, Stressresistenz und viel Toleranz mitbringt, ist geeignet für die Jugend-Telefonberatung.
Bewerber können sich jederzeit melden unter Tel. 41 09 80 32 oder E-Mail: kjt@ajs-hh.de