Die 82-jährige Jenni Horn hat Mann und Tochter verloren und lebt allein. Ein Besuch bei der alten Dame.

Behutsam öffnet Jenni Horn den Deckel des grünen Pakets, liest den Brief der Abendblatt-Redaktion „Von Mensch zu Mensch“ und betrachtet das gemalte Weihnachtsbild mit Hirsch, Wichtel und Tannenbaum von Luna (6). „Oh, wie schön! Ich finde es so wunderbar, dass auch Kinder an uns denken und sich an dieser Aktion beteiligen“, sagt die 82-Jährige aus Hamburg-Tonndorf.

Sie hält inne und Tränen laufen ihr Gesicht herunter. Dieses Weihnachtsfest wird schwer für die alte Dame. Denn es ist das erste ohne ihren Mann Hans-Joachim, der im Januar in einem Jenfelder Pflegeheim gestorben ist. Er hatte Alzheimer und „war schon lange nicht mehr er. Zum Schluss hat er mich nicht mehr erkannt“, sagt sie. Aber sie war dennoch nicht alleine, mehrmals in der Woche besuchte sie ihn im Pflegeheim und brachte dann auch das Weihnachtspäckchen mit, welches sie seit drei Jahren vom Hamburger Abendblatt erhält. „Ich habe den Schwestern dann die leckere Schokolade und die Marzipankartoffeln geschenkt für ihre schwere Pflegearbeit.“ Das Kinderbild hängte sie im Zimmer ihres Mannes auf, jetzt wird das neue Kunstwerk in ihrem bescheidenen Häuschen einen Ehrenplatz bekommen.

Jenni Horn verlor 2006 ihre Tochter

Jenni Horn hat niemanden, der ihr sonst etwas zu Weihnachten schenkt. Ihre Tochter Sabine starb 2006 mit nur 50 Jahren. Eine Kollegin hatte sich gewundert, dass sie nicht zur Arbeit kam. „Eine Freundin schaute in der Wohnung nach und fand meine Sabine tot im Bett. Eine Obduktion ergab, dass sie mitten in der Nacht einen Gehirnschlag hatte“, sagt Jenni Horn.

Trotz ihres Schicksals hadert sie nicht mit ihrem Leben. Im Gegenteil, sie freut sich über alles, was sie hat: über den wöchentlichen Besuch einer netten Frau, die ehrenamtlich bei der ASB-Nachbarschaftshilfe engagiert ist, und darüber, dass sie „noch so fit im Kopf“ ist. Zu Fuß ist Frau Horn leider nicht mehr gut unterwegs. Und sie habe einen tollen Nachbarn, der ihr jeden Tag sein Hamburger Abendblatt schenkt.

Die Horns lebten immer bescheiden, machten kaum Urlaub

Als ihr Mann im Pflegeheim war, bekam Jenni Horn zu ihrer kleinen Rente – sie war Haushälterin in einem Hotel – noch Grundsicherung. „Das Geld war da sehr knapp“, erinnert sie sich. Jetzt hat sie wieder 400 Euro im Monat zur Verfügung. „Das reicht zum Leben, ich brauche doch nicht viel.“ Die Horns haben immer bescheiden gelebt, kaum einmal Urlaub gemacht. „Aber wir waren alle drei so glücklich miteinander. Hans Joachim war angestellter Maurermeister und ein Mann zum Anlehnen“, sagt Jenni Horn und muss wieder weinen, weil er ihr so fehlt.

Währenddessen schiebt sie das rote Seidenpapier im Päckchen beiseite und packt die Leckereien, wie den Stollen, die Nüsse, Dominosteine und den guten Kaffee, aus. Die 8000 Abendblatt-Weihnachtspäckchen werden von den Mitarbeitern der Elbe-Werkstätten, einer Hamburger Behinderten-Einrichtung, liebevoll gepackt und über Karstadt, das auch die Lebensmittel bereitstellt, an die Empfänger geliefert – neben Einzelpersonen wie Frau Horn auch an Tafeln, Krankenhäuser, Kirchengemeinden und Beratungsstellen. Möglich ist diese Aktion durch die Spenden der Abendblatt-Leser, die zudem viele Bastelarbeiten in die Redaktion schickten.

Vorsichtig nimmt Jenni Horn die verschiedenen gebastelten Sterne in die Hand. Ein winziger blau-silberner Perlenstern hat es der alten Dame besonders angetan. „Das ist ein richtiges Kunstwerk“, sagt sie und umarmt die Päckchen-Überbringerin spontan: „Danke, dass Sie in diesen Tagen an mich denken. Das hilft sehr.“