Hamburg. Willi Bartels prägte den Kiez. Seine Enkel spielen bis heute eine entscheidende Rolle

Die größte Karriere in der Geschichte St. Paulis begann auf den Trümmern des Krieges. Willi Bartels baute in den 1950er-Jahren erste Wohnungen auf dem Kiez – der Sohn eines Schlachters und einer Köchin erweiterte Stück für Stück seinen Immobilienbesitz, prägte auch die Entwicklung St. Paulis zum weltberühmten Amüsierviertel mit. Mit dem Eros-Center an der Reeperbahn eröffnete Bartels 1967 das damals modernste Bordell Europas.

Rund ein Drittel aller Grundstücke rund um die Reeperbahn werden der Familie des „Königs von St. Pauli“ zugerechnet. Bartels galt als extrem bodenständiger Unternehmer; sein Faible fürs Bauen und für Zigarren, sein beliebtes Sauerfleisch-Rezept, das Sammeln von Kaffeekannen, Globen und Galionsfiguren sowie seine Vorliebe für „GabiKo“ – ganz billigen Korn – haben einen festen Platz in der Geschichte des Kiezes. Bis in die 1990er-Jahre prägte Bartels das Immobiliengeschäft auf St. Pauli.

Seit Mitte der 70er war es mit dem aufkommenden Kokain immer häufiger zu blutigen Auseinandersetzungen im Milieu der Reeperbahn gekommen – durch eine Mordserie im Zusammenhang mit dem Aufstieg des Rotlichtpaten „Wiener-Peter“ wurde der Kiez in den 80er-Jahren europaweit berüchtigt. Auch wegbrechende Einnahmen verschärften in der Folge die Spannungen auf St. Pauli: Aus Angst vor einer HIV-Infektion mieden ab Mitte der 80er-Jahre die Freier plötzlich und in großer Zahl den Gang zu Prostituierten auf St. Pauli.

Die Reeperbahn wandelte sich immer mehr auch zu einer Unterhaltungsmeile und zum Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt. Mit dem Hotel Hafen Hamburg hatte die Familie Bar­tels die für lange Zeit herausragende Herberge im Stadtteil. „Ich habe mir einen Traum erfüllt“, sagte Willi Bartels, als das Gebäude 1999 mit der sogenannten „Elbkuppel“ aus Glas gekrönt wurde.

Seine Enkel, Andreas und Patrick Fraatz, reiften im Schatten Bartels’ bereits als Erben seines Imperiums. Gemeinsam realisierten sie das Hotel Empire Riverside, bevor Willi Bartels 2007 im Alter von 92 Jahren starb. Die Rollen in der Verwaltung seines Nachlasses sind seitdem sehr klar aufgeteilt: ­Andreas Fraatz fungiert als Geschäftsführer im Bereich der Gastronomie, ­Patrick Fraatz verwaltet den Immobilienbesitz. Ihr Halbbruder Rene hat das Baugeschäft geerbt.

Im Gegensatz zu Willi Bartels gelten die Brüder Fraatz als öffentlichkeitsscheu. Eine Anfrage des Abendblatts für ein Gespräch blieb unbeantwortet. Zum Besitz der Familie gehört weiterhin unter anderem die legendäre Kneipe Die Ritze. Die Brüder Fraatz stehen in dem Ruf, keine zu großen Veränderungen auf dem Kiez anzustreben.