Einmal pro Woche treffen sich Senioren und lernbehinderte Jugendliche vom Campus Uhlenhorst zum Backen, Basteln und Klönen

Rund um zusammengestellte Tische im Haus Alster des Seniorenheims Pflegen & Wohnen Uhlenhorst sitzen bunt gemischt 14 Menschen im Alter von 16 bis 94 Jahren. Einmal in der Woche treffen sich Altenheimbewohner mit lernbeeinträchtigten Jugendlichen der Bildungseinrichtung Campus Uhlenhorst, um zusammen an Themen zu arbeiten. Heute sollen in einem „Ich-Pass“ biografische Informationen über sich und andere aufgeschrieben werden, um dann darüber miteinander zu sprechen. Oke Hansen (20) interviewt die 82-jährige Ingrid Schröder, indem er die einzelnen Punkte auf dem Blatt Papier abfragt. Dana Havenstein hilft ihm beim Lesen und Aufschreiben. „Wir sind sehr froh und stolz, dass wir dieses Projekt hier durchführen können“, sagt die Leiterin der Sozialen Betreuung bei Pflegen & Wohnen Uhlenhorst, „seit Anfang 2017 gestalten Jugendliche und junge Erwachsene und Senioren ihre Freizeit miteinander, knüpfen Beziehungen und entwickeln so ein Verständnis für die Einschränkungen des anderen.“

Die jungen Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung sollen dadurch herausfinden, ob sie später im sozialen Bereich beruflich Fuß fassen möchten. Die jeweils fünf bis sechs Schüler backen mit den älteren Menschen, basteln, machen mit ihnen Gymnastik, Gedächtnistraining oder Spaziergänge. „Wir wollen als Institution im Stadtteil einen aktiven Beitrag zur Inklusion leisten“, sagt Sabine Kamin, Direktorin von Pflegen & Wohnen Uhlenhorst, „durch dieses Projekt kommen Alt und Jung sowie Menschen mit und ohne Handicap zusammen und profitieren vom gemeinsamen Austausch.“

Nun hat das zweite Halbjahr mit der neuen Gruppe begonnen und alle müssen erst einmal miteinander warm werden. Johanna Köster ist Lerncoach beim Campus Uhlenhorst. Sie moderiert die Runde, stellt Fragen und ermuntert die Teilnehmer, etwas von sich zu erzählen. Es geht um Lebensdaten und Familie. Und ganz wichtig ist der Aspekt Beruf/Berufswunsch. Was will ich, was kann ich, wie finde ich einen Arbeitsplatz? An diesen Fragen arbeitet Campus Uhlenhorst vorrangig mit den Jugendlichen. Um herauszufinden, was sie beruflich möchten und können, machen sie Praktika in der Küche, Hauswirtschaft oder im Frühstücksservice und werden auf helfende Tätigkeiten im sozialen Bereich vorbereitet.

Der Berufswunsch von Paula Abel (19) ist Seniorenalltagshelferin. „Es dauert ein bisschen, bis ich mit den Menschen frei sprechen kann, aber dann geht es gut“, sagt sie. „Ich kann mit dem Computer umgehen und schreibe gern Geschichten.“ Auch Oke Hansen weiß schon, was ihm liegt. „Ich möchte als Kellner im Café am Flughafen arbeiten“, sagt er. „vor allem weil ich die Aussicht auf die Flugzeuge so sehr mag.“ Er hat schon erfolgreich mehrere Praktika in diesem Bereich gemacht.

Auch wenn die Chancen auf Berufe außerhalb des sozialen oder Service-Bereichs für diese Jugendlichen nicht so vielversprechend sind, darf im Projekt doch alles erträumt werden. Paul hat das Down-Syndrom und möchte vielleicht Schauspieler werden, denn „ich kann schauspielern, weil ich gut drauf bin und auch sehr gut aussehe“, sagt er und lacht. Johanna Köster fragt ihn: „Wie kannst du das verwirklichen?“ Vielleicht über ein Praktikum, schlägt der 17-Jährige vor. Thorwalde Reinhold gibt bei der Vorstellung ihres Ich-Passes mit ihrer Vita ein gutes Beispiel ab für die Verwirklichung unterschiedlicher Talente. „Ich bin ein bunter Mensch und habe vieles gemacht. Kinderpflegerin gelernt, war Setzerin in der Werbung und habe als Plakatmalerin und Schaufensterdekorateurin gearbeitet“, sagt die 71-Jährige.

Die Stimmung der Teilnehmer wird im Laufe der Stunde zunehmend lockerer. Zum Abschluss hat Paul sich etwas für die Gruppe ausgedacht: „Das Spiel heißt Wortkette, da muss man sehr gut denken. Man sagt ein Wort und der Nächste denkt sich ein neues aus mit dem letzten Buchstaben des Wortes.“ Alle beteiligen sich aufmerksam daran. Spaß und Anforderungen – auch für die Senioren – sind in der Stunde im Gleichgewicht. „Für die Jugendlichen ist es wichtig zu testen, ob ihnen der Bereich gefällt. Das muss passen, wenn Menschen mit Behinderung im hauswirtschaftlichen und sozialen Bereich eingestellt werden sollen“, sagt Coach Johanna Köster.