Vier Initiativen bekommen HanseMerkur Preise für Kinderschutz. Mit dabei sind die Vereine „Get the Kick“ und „Dunkelziffer

Am Freitag wurden die HanseMerkur Preise für Kinderschutz zum 35. Mal im Atrium der Hamburger Versicherungsgruppe vergeben. Die mit insgesamt 50.000 Euro dotierten Preise gingen an vier Jugendinitiativen, darunter zwei Hamburger Vereine, die sich für Kinder und Jugendliche starkmachen: „Dunkelziffer“ und „Get the Kick“. Einen Anerkennungspreis bekam zudem ein Projekt des Aachener Kinderschutzbundes für Kinder psychisch kranker Eltern. Der Hauptpreis mit 20.000 Euro ging an ein Berliner Flüchtlingsprojekt „CHoG Champions ohne Grenzen e. V.“.

Der Opferverein Dunkelziffer setzt sich seit 1993 mit vielen Hilfsprojekten gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie ein. Nach dem Jahresbericht der Polizeilichen Kriminalstatistik gab es 2014 deutschlandweit 12.134 erfasste Fälle von sexuellem Missbrauch. Experten jedoch gehen davon aus, dass die Dunkelziffer pädophiler Gewalt um den Faktor zehn bis 15 höher liegt. ­Sexuelle Gewalt bedeutet für Kinder und Jugendliche Ohnmacht, Furcht, Schmerz und Isolation – viele schweigen aus Angst und Scham. Die Täter stammen zu 75 Prozent aus dem sozialen Umfeld der Kinder. Dunkelziffer erfährt vom Missbrauch durch Eltern, Lehrer, Erzieher, Nachbarn und Freunde betroffener Kinder. Manche Kinder rufen selber beim Verein an. „Nicht alle Kinder sind aussagebereit“, sagt Geschäftsführerin Vera Falck, „aber wir bieten niedrigschwellige Angebote wie zum Beispiel einen anonymen Chatroom. Bei allen Angeboten geht es uns ausschließlich um die Stabilisierung der Kinder. Dazu müssen Täter und Opfer getrennt werden. Wir erstatten niemals Anzeige.“

Therapiert werden Kinder und Jugendliche bis zum 17. Lebensjahr, für sie gibt es 30 kostenfreie Therapieplätze. Der Verein arbeitet mit Diplom- und Schulpsychologen, Jugendpsychotherapeuten, Sexualwissenschaftlern, Musiktherapeuten und Sozialpädagogen zusammen. Dunkelziffer führt zudem Präventionsprogramme in Kitas, Grund- und weiterführenden Schulen sowie Fortbildungen durch. Der Verein bietet juristische Erstberatung bei Opferanwälten und schult regelmäßig Kriminalbeamte und Juristen zum Thema Kinderpornografie im Internet. Fragt man die Dunkelziffer-Geschäftsführerin, was sie antreibt, so sagt sie: „Ich möchte diejenigen erreichen, die Hilfe brauchen. Ich möchte diese Themen öffentlich machen, um wachzurütteln und um die Schwelle zu senken, darüber zu reden.“ Das ist dem Opferverein seit 1993 exzellent gelungen, und dafür erhielt er 10.000 Euro als Anerkennungspreis.

Die gleiche Summe erhält der Veddeler Verein Get the Kick. Er bietet mit dem „Haus der Projekte – die mügge“ und in Kooperation mit zwei Stadtteilschulen sowie Wirtschaftspartnern Jugendlichen der Klassen acht bis zehn einen außerschulischen Lernort, damit der Übergang von der Schule in die Aus- oder Weiterbildung klappt. So erwerben je rund 20 Schüler beider Schulen im Alter von 14 und 15 Jahren in den Projekten „Bauen und Lernen am Wasser“ berufsqualifizierende Fertigkeiten. Angeleitet werden sie vom Fachpersonal der „Qualifikationswerft“ mügge. Sie lernen zudem, Verantwortung zu übernehmen. Unter der Anleitung eines Bootsbaumeisters haben die Schüler zum Beispiel eine norwegische Fjordjolle gebaut und einen alten Porschetraktor restauriert.

„Unser Ziel ist, auch den Jugendlichen eine Berufs- und Lebensperspektive zu geben, die als Risikogruppe bezeichnet werden, weil sie Handicaps wie Hauptschüler, Migrant oder fehlende Ausbildungsreife mitbringen, da sie oft aus bildungsfernen oder sozial benachteiligten Elternhäusern kommen“, sagt Jürgen Hensen, Vorstand und Initiator von Get the Kick.