Wenn Bani kommt, strahlen kranke Menschen übers ganze Gesicht. Der Besuchshund weckt bei jedem positive Gefühle.
Maria R. leidet an schwerer Demenz. Die 97-Jährige kann sich kaum noch an etwas erinnern. Sie erkennt ihre Angehörigen nicht mehr. Sie hat viele Worte vergessen, wenn sie etwas sagt, ist es meist unverständlich. "Sie lebt fern von uns, wie in einer anderen Welt. Wir haben lange überlegt, wie wir ihr einen Moment der Freude bereiten können. Früher war sie eine große Hundefreundin", sagt ihre Tochter Ines R. Sie wandte sich an die Hundebesitzerin Angela Harms. Und die kommt Maria R. nun regelmäßig mit ihrem Hund Bani besuchen. Denn die Hamburgerin bietet einen ungewöhnlichen Service an: einen ehrenamtlichen Senioren-Besuchsdienst mit Hund.
Mit ihrer Hündin Bani, einem zweijährigen Golden Retriever mit flauschigem goldbraunen Fell besucht sie ältere Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. "Nicht immer, aber häufig passiert dann etwas kaum Vorstellbares", so die 49-Jährige. Vor allem Menschen, die die Symptome einer Demenz zeigen, deren Erinnerungen wie ausgelöscht sind und die ihre sprachlichen, emotionalen und motorischen Fähigkeiten verloren haben, wenden sich dem Hund auf einmal ganz natürlich zu. "Sie strahlen übers ganze Gesicht, sie streicheln sein Fell, sie sprechen sogar mit ihm oder geben ihm Futter", sagt Angela Harms.
Tatsächlich belegen Studien den positiven Effekt von Tieren auf ältere, kranke und oftmals isoliert lebende Menschen. "Auf Tiere reagieren - nicht nur demenzkranke - Menschen sehr emotional. Sie rufen Gefühle und Erinnerungen in ihnen hervor, die sie auch wieder mit dem Leben um sich herum in Kontakt treten lassen", weiß Ines Jonas vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Angela Harms, die vor zwei Jahren mit ihrem Besuchsdienst begann, kann das aus ihrer Erfahrung bestätigen: "Wenn ich Maria R. besuche, erhellt sich ihr Gesicht, "manchmal kann sie sogar klar und deutlich etwas sagen", erzählt Angela Harms.
Aber auch Menschen, die nicht an Alzheimer leiden, profitieren von Banis Besuchen, wie die 83-jährige Anni H. Nach einer schwierigen Rücken-Operation musste sie das Laufen wieder trainieren. "In dieser schweren Zeit war ihr der Hund eine große Hilfe. Er hat sie unheimlich motiviert zu gehen, von den ersten Schritten in der Wohnung bis hin zu Spaziergängen im Park", sagt Angela Harms.
Bevor sie sich dazu entschied, Hamburgs ersten tiergestützten Besuchsdienst für Senioren aufzubauen, hatte sie Menschen aus ihrem eigenen privaten Umfeld beobachtet, die kaum noch aus ihrer Wohnung hinausgingen, weil sie keinen Anreiz mehr dazu hatten. Angela Harms beschäftigte sich mit den Themen "Leben im Alter" und "Demenz" und ließ schließlich ihren eigenen Hund Bani, Zweitname Bijou, zum Besuchshund und zum Therapiehund ausbilden. "Die beiden Ausbildungen unterscheiden sich in ihrem Umfang; der Therapiehund wird als Co-Therapeut eingesetzt und muss daher mehr können als der Besuchshund. Wesentliche Grundvoraussetzung ist aber schon für einen Besuchshund, dass er kein hohes Aggressionsverhalten zeigt und einen guten Grundgehorsam hat", sagt Angela Harms.
Für Angela Harms ist die Wirkung des Senioren-Besuchsdienstes mit Hund so überzeugend, dass sie dieses Angebot nun erweitern möchte. "Ich suche noch Hundebesitzerinnen und Besitzer, die an dieser ehrenamtlichen Arbeit mit ihrem Vierbeiner Freude hätten", sagt Angela Harms. Nach einer Schulung für den angehenden Besuchshund und sein Herrchen oder Frauchen soll das Team Menschen in Heimen oder zu Hause aufsuchen, mit ihnen Einkäufe oder Spaziergänge machen oder einfach den Alltag durch ihre Besuche etwas erhellen. Auch für Pflegepersonal und Angehörige wie Ines R. ist dieses Angebot eine enorme Entlastung. "Es ist so schön zu sehen, wie sich meine Mutter wieder freuen kann", so die Tochter von Maria R.