Am 18. Juli wird über die Einführung der Primarschule abgestimmt. Das Abendblatt erklärt die Unterlagen und das Hamburger Wahlrecht.

Hamburg. Wer die Wahl hat, hat die Qual - so sagt es eine alte Lebensweisheit. Mehr als 1,2 Millionen Hamburgern geht es dieser Tage genauso, denn sie sollen beim anstehenden Volksentscheid für oder gegen die Primarschule stimmen.

Etwas länger als drei Wochen ist es jetzt her, dass die Wahlunterlagen an die Haushalte verschickt wurden. Jeder, der abstimmungsberechtigt ist, hat die Dokumente ohne vorherigen Antrag bereits mit der Post nach Hause geschickt bekommen.

Zur Wahl steht zum einen die Vorlage der Volksinitiative "Wir wollen lernen". Der Text der Vorlage lautet: "Ich fordere die Bürgerschaft und den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf, eine Ausgliederung der Klassen 5 und 6 aus dem Gymnasien und anderen weiterführenden Schulen und deren Anbindung an die Grundschulen als "Primarschulen" zu unterlassen. Denn ich bin dafür, dass die Hamburger Gymnasien und weiterführenden Schulen in der bisherigen Form, d. h. beginnend mit der Unterstufe ab Klasse 5, erhalten bleiben und die Eltern auch in Zukunft das Recht behalten, die Schulform für ihre Kinder nach Klasse 4 zu wählen. Ich fordere deshalb Senat und Bürgerschaft auf, das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes vom 20. Oktober 2009 (HmbGVBI. S. 373) zu diesen beiden Punkten unverzüglich rückgängig zu machen."

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Auf der anderen Seite steht die Vorlage der Hamburger Bürgerschaft. Hier lautet der Text: "Ich bin für eine bessere Schule in Hamburg, die gerechter und leistungsfähiger ist. Ich unterstütze das längere gemeinsame Lernen in der Primarschule und das Elternwahlrecht nach Klasse 6. Ich unterstütze die einstimmige Entscheidung der Bürgerschaft vom 3. März 2010."

Der Volksentscheid findet am 18. Juli statt - an diesem Tag haben die Wahllokale bis 18 Uhr geöffnet. Mehr als 235.000 Menschen haben bereits jetzt per Briefwahl abgestimmt, das entspricht mehr als einem Fünftel der Wahlberechtigten. Für alle, die sich noch nicht entscheiden wollen oder können, beantwortet das Abendblatt alle wichtigen Fragen zu den Unterlagen und dem Hamburger Wahlrecht.

Was mache ich, wenn ich bisher noch keinen Wahlzettel bekommen habe?

Zu allererst stellt sich die Frage, ob Sie überhaupt zu den Wahlberechtigten gehören. Dazu zählt laut Wahlgesetz: "Jeder Deutsche ab 18 Jahren, der seit mindestens drei Monaten in Hamburg lebt", erklärt Asmus Rösler, Leiter der Landeswahlbehörde. Für alle Neu-Hamburger heißt das, dass sie also mindestens seit dem 18. April in der Hansestadt leben müssen. Dabei handelt es sich um rund 1,2 Millionen Menschen. Wer demnach wahlberechtigt ist, aber trotzdem noch keine Post vom Wahlamt bekommen hat, sollte sich an die Abstimmungsdienststelle in seinem zuständigen Bezirksamt wenden. Die Anschriften und Telefonnummern finden Sie im Internet unter:

http://www.hamburg.de/volksabstimmungen/

Und an wen wende ich mich, wenn ich meine Unterlagen verloren habe?

Wenn alle oder nur ein Teil der Wahlunterlagen nicht mehr auffindbar sind, sollten Sie sich ebenfalls an ihr zuständiges Bezirksamt wenden - dort bekommen Sie die Dokumente erneut ausgehändigt. Da jeder Wähler nach seiner Stimmabgabe registriert wird, ist ausgeschlossen, dass jemand doppelt abstimmen kann.

Wie fülle ich den Stimmzettel gültig aus?

Ob die Kreuze mit Kugelschreiber, Füller oder Filzstift gemacht werden, ist egal. "Jedes Schreibgerät ist möglich", sagt Rösler. Was jedoch vor allem für Irritationen sorgen dürfte: Jeder Wähler hat zwei Stimmen und kann bei jeder der Vorlagen mit "Ja" oder "Nein" stimmen. Ist auf einem Stimmzettel zweimal "Ja" oder "Nein" angekreuzt, ist er aber nicht ungültig. Jedoch haben zwei "Neins" den gleichen Effekt wie eine Nichtwahl. Zwei "Ja"-Stimmen heben sich zwar letztendlich auch gegeneinander auf, verhelfen aber beiden Vorlagen zu der benötigten Mindestanzahl der Stimmen, die ganz grundsätzlich zusammenkommen müssen.

Möglich ist es auch, sein Kreuz nur bei einer der Vorlagen zu machen. Auch dann verliert der Wahlzettel nicht seine Gültigkeit.

Wie viele Stimmen braucht eine Vorlage, damit sie erfolgreich ist?

Zunächst muss mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten für jede der Vorlagen abstimmen, damit diese überhaupt ins Rennen gehen. Das sind genau 247 335 Ja-Stimmen pro Variante. Erreicht nur eine der Vorlagen diese Anzahl, hat sie sozusagen automatisch gewonnen. Erreichen beide Vorlagen diese Mindestanforderung, zählt die Mehrheit. Schon eine Stimme Vorsprung reicht in diesem Fall für den Erfolg aus. Erreicht keine der beiden Vorlagen die Mindestanforderung, gilt nach wie vor die Entscheidung der Bürgerschaft vom 3. März 2010, die auch der Vorlage auf dem Wahlzettel entspricht. Das heißt, die Schulreform findet wie geplant statt.

Per Brief oder doch lieber der Gang ins Wahllokal?

Das ist jedem selbst überlassen. Jeder Briefwähler kann, wie bereits vielfach geschehen, seinen Stimmzettel schon sofort losschicken. Dabei wird der Stimmzettel in den blauen Umschlag und dieser dann wiederum gemeinsam mit dem Wahlschein in den roten Umschlag gesteckt. Der Versand zum zuständigen Bezirksamt ist kostenlos, die Adresse steht schon auf dem Umschlag drauf. Der Brief muss dort spätestens am Sonntag, 18. Juli, um 18 Uhr eingegangen sein.

Wer lieber in ein Wahllokal geht, kann das am Abstimmungstag an insgesamt 201 Orten in der Hansestadt tun, die in den Wahlunterlagen aufgelistet sind. "Anders als bei der Bundestagswahl ist man bei dem Volksentscheid nicht auf einen Ort festgelegt" , sagt Asmus Rösler. "Niemand ist gezwungen, zu seinem nächstgelegenen Wahllokal zu gehen." Erfahrungsgemäß würden jedoch die meisten die Briefwahl bevorzugen. "Wir rechnen mit einem Rücklauf von rund 600 000 Briefen und dann noch einmal mit 100 000 Menschen, die in ein Wahllokal gehen werden", so Asmus Rösler.

Was ist, wenn ich am Wahltag krank bin, aber noch nicht abgestimmt habe?

"Die Wahl ist ein höchstpersönliches Recht und nicht übertragbar", so Rösler. Das heißt im Klartext: Wer krank wird, kann keine andere Person mit der Wahl beauftragen. Die einzige Option ist in diesem Fall, die Briefwahlunterlagen im Krankenbett auszufüllen und dann verschlossen im roten Umschlag von einer Person des Vertrauens zum zuständigen Bezirksamt bringen zu lassen - und nur dorthin. Denn die Wahllokale nehmen die Briefwahlunterlagen nicht an. Eine nachträgliche Wahl ist ebenfalls nicht mehr möglich.

Wann werden alle Wahlzettel ausgezählt sein?

"Wir hoffen, dass das vorläufige Ergebnis noch am Wahltag bis 23 Uhr vorliegt", sagt Asmus Rösler. Das bedeutet, dass alle Wahlhelfer in den Bezirksämtern rund fünf Stunden für die Auszählung brauchen. Erst um punkt 18 Uhr wird am Wahltag damit begonnen - auch die Briefwahlumschläge werden erst dann geöffnet. Mehrere Tausend Wahlhelfer werden dafür im Einsatz sein - die meisten allerdings keine Ehrenämtler, sondern Beschäftigte aus der Verwaltung. Mit dem amtlichen Endergebnis rechnet Rösler dann am übernächsten Dienstag nach der Wahl.